Ganz ehrlich: Fast hätte ich den Seqtrak noch am ersten Abend wieder eingepackt. Nach drei Wochen intensiver Beschäftigung mit vielen Frust- und Aha-Erlebnissen bin ich froh, das nicht gemacht zu haben.
Die Verarbeitung ist nicht wirklich schlecht, es ist halt Kunststoff in Leichtbauweise. Kann man doof finden, muss man aber nicht. Wirklich gruselig ist eigentlich nur die Haptik der quadratischen Buttons. Bei meinem Exemplar haben genau diese Taster ständig geklemmt. Zwar hat sich das Klemmen nach 2-3 längeren Sessions von selbst erledigt, dennoch muss man die Tasten möglichst genau in der Mitte treffen. Alles in allem sind und bleiben die Buttons die größte haptische Schwachstelle des Seqtrak. Man fasst sie einfach nicht gerne an. Ein weiteres Manko ist der klobige MIDI-Adapter mit seinem exotischen TRRRS-Stecker. Ich hab genau nichts gegen MIDI in Miniklinke, aber das ist selbst mir zu krass. An die seitlichen Tasten kann man sich schnell gewöhnen, mich stören sie jedenfalls nicht (mehr).
Die Soundqualität der Klangerzeuger und Effekte finde ich in dieser Preisklasse hervorragend. Punkt. Auch die Auswahl und Abstimmung der Sounds passt. Bei den AWM2-Sounds wünsche ich mir etwas mehr Tiefe beim Editieren in der App, ungefähr so wie es beim DX-Synth jetzt schon der Fall ist. Der Arpeggiator hat leider nur die üblichen Rauf/Runter-Standardmuster. Ich hoffe, dass Yamaha wenigstens einige der anerkannt guten Arpeggio-Pattern aus dem MODX im Rahmen eines Updates auch dem Seqtrak spendiert.
Der Sampler ist für einfache Anwendungen durchaus brauchbar, schreit aber ebenfalls nach mehr Optionen zur Nachbearbeitung. Vor allem das Sampling selbst ist noch verbesserungswürdig, etwa durch Vorgabe der Samplingdauer in Steps (Stichwort beatsynchrones Sampling) und durch einen signalgesteuerten Samplingstart (Stichwort Threshold). Von den Tonerzeugern des Seqtrak ist der Sampler aus meiner Sicht noch die größte Baustelle. Nichtsdestotrotz würde ich aber nicht auf ihn verzichten wollen. Dank Resampling kann man schnell und einfach zusätzliche Synth-Tracks "freischaufeln".
Die begleitende App ist ziemlich okay, verhält sich manchmal noch etwas komisch. Sehr nervig ist z. B., dass man jedesmal die Bluetooth-Verbindung manuell aufbauen muss. Ebenfalls blöd ist, dass man keine Projekte außerhalb der Seqtrak-Biosphäre sichern kann. Ach ja, und um eigene Samples zu importieren, muss man zwingend die Desktop-Version der App bemühen. Warum das auf dem iPad (oder anderen mobilen Devices) nicht möglich ist, wissen nur die japanischen Götter.
Der Sequenzer ist der Hammer. Ich finde ihn genial einfach zu bedienen und super inspirierend. Vor allem aber führt er zu schnellen Ergebnissen. Hier und da kann der Workflow noch optimiert werden, aber Yamaha ist hier auf einem richtig guten Weg. Ein paar Wünsche habe ich trotzdem, z. B. dass Probability und Microtiming zukünftig auch den Synth-Tracks zur Verfügung stehen. Parameter Locking macht Spaß, sorgt für viele "Happy Accidents" und funktioniert so wie bei den Elektron-Maschinen, d. h. die Parameteränderung betrifft immer nur exakt einen Schritt. Klasse! Was man jedoch schmerzlich vermisst, ist ein Parameter Locking des Sounds (Stichwort Sound Locks). Das muss Yamaha unbedingt noch nachreichen. Oder alternativ dazu: Jedes Pattern ein und desselben Tracks darf seinen eigenen Sound haben.
Zum Schluss noch ein Manko des Seqtrak, das gleichzeitig mein größter persönlicher Hasspunkt ist: Jede Änderung wird SOFORT im Projekt gespeichert. Dank dieses Features habe ich mir schon ein paar gute Songideen zerschossen (im Sinne von: durch Herumdaddeln und Ausprobieren irrtümlich überschrieben). Ganz nach dem Motto "Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht" wünsche ich mir die Kontrolle zurück: Ich selbst will entscheiden, wann etwas gespeichert wird und wann nicht. Die einzige Umgehungslösung ist ein Backup des aktuellen Projekts per App, ein Vorgang, der ziemlich umständlich ist und für ein schnelles Zwischenspeichern viel zu lange dauert.
Ich hoffe wirklich sehr, dass Yamaha den einen oder anderen Kritikpunkt per Update aus der Welt schaffen wird. Und vielleicht fließt das geniale Konzept hinter dem Seqtrak ja auch mal in eine professionellere Version. Es bleibt jedenfalls spannend.