Das Eurorack-Modul Behringer Abacus ist äußerst vielseitig und kann für sehr unterschiedliche Anwendungen eingesetzt werden. Dabei verfügt das Modul über relativ einfache Grundfunktionen, die auf Ideen von Don Buchla basieren und seinerzeit bei den Vintage-Modulen 256 Control Voltage Processor und 281 Function Generator umgesetzt wurden. Mit Abacus wurde daraus eine clevere Kombination von zwei Mini-Hüllkurven und mehreren Logikfunktionen, die den Einsatz des Moduls als flexible Modulationsquelle, als speziellen Oszillator und sogar zur Bearbeitung von Audiosignalen ermöglicht. Die beiden Hüllkurven mit Loop-Funktion lassen sich getrennt nutzen, aber über die gemeinsamen Ausgänge können die Signale zusätzlich mit zwei weiteren Eingängen gemischt und in unterschiedlichen Abhängigkeiten und gemeinsam als komplexere Signale abgegriffen werden.
Das Behringer Abacus verfügt über zwei Rise/Fall-Generatoren, die im einfachsten Fall als AD-Hüllkurven eingesetzt werden können. Ihre Kennlinien lassen sich von logarithmisch über linear bis exponentiell einstellen und können im Cycle-Mode auch als LFOs oder sogar als Audiooszillatoren verwendet werden. An den Ausgängen End-of-Rise und End-of-Cycle werden Trigger ausgegeben, die sich wiederum zum Ansteuern des jeweils anderen Generators oder eines externen Moduls eignen. Außerdem besitzt das Modul vier Eingänge, die sowohl für CV- als auch für Audiosignale genutzt werden können. Mit Attenuvertern lassen sich die vier Kanäle mischen und werden parallel an vier Einzelausgängen separat sowie an drei Ausgängen summiert, invertiert oder nach OR-Logik ausgegeben. Bei CV-Signalen lassen sich hiermit lebendige Modulationen erzeugen, bei phasenstarren Audiosignalen entstehen neue Wellenformvarianten.
Aufgrund der logischen Funktionen und der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten wird das Behringer Abacus Modul auch als "Analog Music Computer" bezeichnet. Vieles davon spielt sich jedoch im Inneren ab, sodass niemand mit ausufernden Möglichkeiten überfordert wird. Dennoch ist das Behringer Abacus eher erfahrenen Modularspezialisten zu empfehlen, da die effektive Nutzung aller Facetten des Moduls gute Vorkenntnisse voraussetzt. Trotz seiner Breite von 20 TE spart das Modul Platz im System, da es die Funktionen mehrerer Einzelmodule übernehmen kann, sofern diese nicht gleichzeitig in einem Patch verwendet werden sollen. Abacus wandelt sich von der flexiblen Hüllkurve zum modulierbaren LFO oder zur kleinen FM-Einheit – und damit sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. In Kombination mit weiteren Modulen steigt das Potenzial sogar noch.
Das in Deutschland von Uli Behringer gegründete und heute in China ansässige Unternehmen steht seit dem ersten Produkt, dem Studio Exciter F, für preiswertes Equipment. Mischpulte, wie das Eurodesk MX8000, sowie unzählige Signalprozessoren und später auch Beschallungsequipment ermöglichten es unzähligen Musikern auch bei begrenztem Budget ihre Heimstudios, Übungsräume und mobilen PAs mit Equipment auszurüsten, das sonst nicht erschwinglich war. Die Produktpalette von Behringer wuchs über die Jahre ständig weiter. Durch die Übernahme weiterer Firmen, u.a. Midas, Klark Teknik und TC Electronic, kamen nicht nur neue Produktgruppen hinzu, sondern es floss auch deren technisches Know How in die Produktentwicklung mit ein.
Mit Rise und Fall erscheinen die Hüllkurven vom Behringer Abacus zunächst etwas primitiv, doch die zusätzlichen Funktionen machen sie zu einem flexiblen Generator für Steuersignale. Zunächst kann die Kennlinie frei eingestellt werden, wodurch der Verlauf sich merklich verändert. Für perkussive Signale lässt sich ein knackiges Decay (= Fall) einstellen, ohne den eigentlichen Fall-Wert zu verändern. Zusätzlich können Rise und Fall, oder beide zusammen, mit einem CV-Signal, z.B. von einem externen Sequenzer, dynamisch moduliert werden. Wird anstelle des Trigger-Eingangs der zugehörige CV-Eingang verwendet, so wird die Hüllkurve um eine Sustain-Phase erweitert. Das Verändern der Kennlinie wirkt sich auch im Cycle-Modus (LFO) drastisch aus, wobei sich die Geschwindigkeit von maximal zehn Sekunden im exponentiellen Bereich auf bis zu über 20 Minuten (!) im logarithmischen Bereich ausdehnen lässt.