Eingangsüberlegungen
Ich hatte eine Alternative zu meinen Preamps plus Mooer Endstufe in meinem heimeligen Dreikanal Setup gesucht. Dafür brauchte ich einen Amp mit Einschleifweg. Die Version mit 22 Watt hatte ich schon gelegentlich beäugt, der war zum Bestellenzeitpunkt aber nicht verfügbar. Als ich die Möglichkeit zur Umschaltung auf Triode und damit Reduzierung des Outputs feststellte (meine beiden anderen Amps für den Heimeinsatz liegen in der 20-30 Watt Liga), habe ich den 55er kurzer Hand bestellt.
Design
Ich weiß nicht genau, was ich von der Gestaltung des Amps halten soll. Einerseits begrüße ich den Versuch vom Einerlei des schwarzen Tolex wegzukommen, obwohl davon auch immer noch viel vorhanden ist. Andererseits bleibt mir die Gestaltung ein wenig fremd, hat mMn eine chinesische Anmutung. Interkultureller Austausch? Verstärker mit hängenden Röhren betrachte ich als schlechtes Design. Dass Herr Behringer das so umgesetzt hat, soll wohl ein gewisses Vintageflair verbreiten und ist natürlich so auch eins zu eins in Combos einsetzbar. Was sehr unpraktisch ist, liegt in der Tatsache begründet, dass, obwohl die Rückseite völlig offen ist, man zum Röhrentausch das gesamte Chassis ausbauen muss. Anschließend wäre nach meiner Beurteilung nach noch einen Käfig um die Röhren zu entfernen, der wahrscheinlich Einstreuungen verhindern soll (Farradaysches Prinzip). Alles nicht besonders Modding-förderlich.
Praxis
Als erstes fiel mir beim Auspacken auf, dass der Amp Schlagseite beim Tragen hat. Die Trafos sitzen mehr oder weniger auf einer Seite. Müsste ich ihn häufig schleppen, wäre das schon ein Manko. Das erste Model gab seinen Geist nach drei Tagen spielen auf. Das neue Modell läuft jetzt schon ein wenig über diese Quote hinaus. Toi, toi, toi! Die Bedienung ist größtenteils selbsterklärend. Allerdings las ich erst in der Kurzanleitung, dass zur Umschaltung auf Triode vorher der Standby aktiviert werden muss. Die Potis laufen relativ leicht, ich mag es etwas sahniger. Die Powerschalter fühlen sich etwas billig an. Der Preis des Gerätes erklärt das natürlich. Das Einschleifen meiner Preamps mit 4-Kabel Methode funktioniert problemlos.
Sound
Der erste Verstärker brummte gar nicht, dieser hier schon vernehmlich, aber noch im nutzbaren Rahmen. Einen klanglichen Unterschied zwischen Bright- und Normalkanal kann ich nicht ausmachen. Für diese beiden Aspekte jeweils Abzug bei Sound und Features. Dann liefert er aber einen Clean Sound der gehobenen Klasse ab. Z.Zt. läuft der Amp bei mir ausschließlich im Trioden Modus. Der Grundsound ist einfach stimmig ohne großartiges Geschraube am Equalizer. Klasse! Da kann man wirklich nicht meckern. Der Verstärker lässt sich schön dynamisch spielen. Im Vergleich zu fünfmal so teuren Boutique Verstärkern hat er nicht ganz diese Transparenz und feine Auflösung. Allerdings liefert er im Begleit/Rhythmus Modus eine angenehme Basis, auf der das Solieren mit den Boutiquern dann brillieren wird. Im Overdrive wurde, wie auch bei anderen Herstellern üblich, eine dunklere Tonabstimmung gewählt. Auf Grund der einzelnen Tonregelung ist man da doch eingeschränkt. Beim ersten Modell klang die Verzerrung ausgesprochen fisselig (kann jemand meine Lautmalerei verstehen?), wurde aber mit zunehmender Röhrennutzung runder, wärmer. Das aktuelle Gerät hat eine ähnliche Tendenz, aber die Abrundung erfolgte bisher nicht so ausgeprägt. Nochmal Abzügliches in Richtung Sound. Ich denke, dass man die Erschaffer die Verzerrung in Richtung cremig gestalten wollten. Etwas rauer bekomme ich die Verzerrung hin, wenn ich die beiden Kanaleinstellungen im unteren Bereich einstelle (ca. auf 3) und den Master dafür auf ca. 8 hochfahre. Entspricht gehobener Zimmerlautstärke. Zuerst liefen am Amp ziemlich lineare und hochbelastbare Lautsprecher. Mit Speakern in Richtung Vintage (nicht 30 denken) Charakter wird der Sound noch etwas luftiger, was mir noch besser gut gefällt.
Fazit
Ich bin schon ziemlich happy mit dem Verstärker, garantiert auch wegen des Preisleistungsverhältnisses, aber nicht nur. Wenn er dann zuverlässig läuft, werde ich mal über alternative Röhren nachdenken um zu versuchen am Overdrive nachzubessern. Eine Frage habe ich noch: Wie ich jetzt erst festgestellt habe, spricht die Bugera Seite spricht von Class A Schaltung. Das fände ich toll, denn die Phase-Splitter der AB Schaltung waren mir schon immer suspekt. Allerdings steht bei dem Modell Bugera 1960 auch, dass er Class A sei, aber dann hat er ein Post Phase-Splitter Volume Poti auf der Rückseite?!? Gut, ich habe keine Ahnung von Elektronik, aber würde mich mal interessieren was Sache ist und sollte mMn dann ggf. auch bei den Specs beim Händler Erwähnung finden. Für mich wäre Class A auf alle Fälle ein weiteres Kaufargument gewesen.