DSM & Humboldt Simplifier DLX Amp/Cab Sim

Ich habe mir das Strymon Iridium, den Humbold Simplifier DLX und den UA Dream für einen Test geholt, um ein kleines, flexibles Pedalboard zu bauen. Ein paar kleine Zerrer davor, minimale Effekte danach, und entweder ohne Cabsim in einen Poweramp oder mit Cabsim direkt in die Anlage. Ideal wäre beides über zwei verschiedene Signale. Sauber klingen müssen sie natürlich; und wenn sie verschiedene Kanäle aufweisen ist es noch besser.

An Features ist der Simplifier kaum zu überbieten. Zwei separate Kanäle, jeder davon seeehr flexibel, zwei separate Ausgänge mit Cabsim nach Wahl (oder auch ganz ohne). Der Klang ist insgesamt auch sehr gut. Die drei Amp-Varianten und die drei Gain-Stufen lassen sehr viel Toneshaping zu - auch mit ordentlich Gain, wenn ich möchte. Der DI-Sound ist auch sehr ordentlich. Aber: Das Pedal rauscht einen Tick zu viel, wie ich finde. Und man muss sich erstmal durch die vielen Regler kämpfen. Trotzdem sehr empfehlenswert.

Der UA Dream ist deutlich simpler. Einstellmöglichkeiten gibt es genug, aber nicht annähernd so viele Features. Der Sound ist aber so was von genial, dass es mich fast aus den Schuhen gehauen hat. Ich bin ein Fractal FM3 gewohnt, also Oberklasse im Modelling. Aber was die UA-Leute auf die Beine gestellt haben: Hut ab. Sowohl in den Poweramp und die Gitarrenbox als auch mit den Cabsims in einen Powered Speaker klingt der Dream wirklich traumhaft: Brilliant, fein aufgelöst, ausgewogen mit ausreichend Bass und Höhen. Zerre geht aber auch, entweder mit Volume hochdrehen und/oder mit den zwei Boost-Optionen. Pedale nimmt er auch sehr gut, nur mein MXR Fuzz klingt sehr anders als vor anderen (analogen) Amps. Das einzige, was ich wirklich vermisse, ist die Option, zwei separate Signal mit und ohne Cabsim auszugeben. Da ich gerne live mit Poweramp und kleiner Box monitore wäre das optimal.

Der Iridium ist im direkten Vergleich enttäuschend. Die Sounds sind okay, hauen mich aber nicht vom Hocker. Im Vergleich zum Dream oder zum FM3 sind sie zu flach, zu leblos und zu undifferenziert. Es ist kein Reverb eingebaut, UND ich kann die Cabsim nicht abschalten. Damit hat das Pedal weniger Features als die zwei anderen und es klingt schlechter. Kein guter Deal, noch dazu beim abgerufenen Kostenpunkt. Lediglich bei Bedienung und Verarbeitung ist es top.

Der Simplifier DLX ist ganz schön klein, klingt jedoch sehr gross. Ich nutze ihn, um einen zweikanaligen Amp (Tech21 TM 60) zu ersetzen, brauche also einen mid-/hiGain Channel, den man mit vorgeschaltetem Verzehrer noch singen lassen können muss, und einen crunchigen Clean-channel. Anders gesagt einen Marshall JCM800 und einen Fender Combo.

Und das bekommt der Simplifier hin, authentisch in den Grundsounds, die auch untereinander harmonieren und wo man leicht Sounds in between generieren kann. Man kann wunderbar mit dem Poti spielen; am besten gefallen mir Crunch-Sounds mit der Strat, aber auch rockige bis hin zu Sodano/Mesa Boogie Sounds bekommt der Simplifier besser hin, als ich bisher gehört habe.
Rauschen ist gering, ohne den anderswo erwähnten Einfluss des Kopfhöreranschlusses. Die Channel EQs sind okay, MID allerdings für meinen Geschmack etwas zu hoch abgestimmt und BASS etwas zu tief, aber naja. Haptisch das einzige, was fehlt, sind der Druck und die Vibrationen eines echten Amps. Die REVERB section ist gut, allerdings leuchtet dort wie auch im Fußschalter eine blaue LED, und die blendet ziemlich. Reamping funktioniert auch gut, so dass nur der FOH mein Signal bekommt und ich weiter meinen Amp nutzen kann. Aufpassen muss man mit dem Ausgangslevel, live an Reglern drehen kann zu Übersteuern am Mixer führen.

Das Gehäuse ist robust, allerdings oben vollgestopft mit Reglern, es wird eng für dicke Finger, und ich zweifle noch, ob der Platz am Boden neben den Tretminen der Richtige ist; zumal man sicher gern zwischendurch am GAIN-Regler drehen möchte.

Das Wichtigste zuerst: Der Simplifier DLX klingt hervorragend! Die drei klassischen Sounds Fender, VOX und Marshall überzeugen auf ganzer Linie. Am besten gefällt mir der angezerrte Sound aller drei Varianten. Man kann natürlich auch das volle Brett haben. Die Gain-Reserven sind beachtlich, wobei ich bezweifle, dass es für die Heavy Metal Fraktion reicht.
Nach wochenlangem Spielen des Simplifier DLX, bin ich wieder zurück zum HX-Stomp und merkte den Unterschied. Der Simplifier klingt natürlicher und hat mehr Präsenz in den Höhen. Nicht, dass ich jetzt den Stomp loswerden möchte aber man merkt schon den Unterschied zwischen Analog und Digital. Ich habe mir daraufhin ein rein analoges Board gebaut. Hat was!
Der große Vorteil beim Simplifier DLX ist auch der direkte Zugriff an alle Regler und Schalter, ohne vorher durch ein Menü scrollen zu müssen.
Der einzige Makel (aber das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau): Wenn ich den Simplifier DLX Mono spiele, d.h. mit einem XLR-Kabel in eine Fullrange-Box, dann habe die Cabinett-Einstellungen von eben jenem DI-Out. Bedeutet, dass wenn diese Einstellung auf den Marshall Sound mit Stack und EL34 Röhren eingestellt ist, der cleane Fender Sound auch darüber läuft. Spiele ich dagegen in Stereo , mit zwei XLR-Kabeln, dann läuft der Fender auf der linken Seite mit Stack und EL34 und auf der rechten mit Combo und 6L6GC. Beim Marshall Kanal genauso. Mit einfachen Worten: Der Simplifier DLX schaltet intern nicht auf die passenden Cabinet Einstellungen um. Man hat die vorher festgelegten Einstellungen für links und rechts. Dabei bleibt's.
Trotzdem: Der Simplifier DLX ist eine kleine Wunderbox, für die Hendrix damals einen Mord begangen hätte. Der Fußschalter ist das Sahnehäubchen oben drauf.

Ich habe lange nach einem Ersatz für meinen Palmer Pocket Amp MK2 gesucht, mir dazu unendliche viel YouTube-Material und Testberichte angesehen, und verschiedene andere Produkte im Laden ausprobiert. SansAmp klang mir irgendwie zu garstig und rau, der Strymon Iridium klang mit zu overprocessed und kalt. Also hab ich mal den Simplifier DLX ausprobiert, der schon in allen Videos klanglich immer mein Favorit gewesen ist.

Was soll ich sagen: Das Teil klingt wirklich sooooo gut! Ich bin eher in Blues & Jazz zuhause, also hab ich die beiden Kanäle bei mir jetzt auf einen ganz cleanen Vox, und einen leicht angecrunchten Fender eingestellt. Was für eine Lebendigkeit und Ansprache! Wie der Simplifier auf jede dynamische Nuance eingeht! Ich bin im Himmel. Der Hall klingt auch super (hätte mir noch die simulation eines Federhalls gewünscht, aber das tut der Freude überhaupt keinen Abbruch)!

Mängel in der Verarbeitung konnte ich nicht feststellen. Alle Schalter schalten knackig und präzise, alle Potis lassen sich sanft drehen und wackeln nicht. Je ne regrete rien!

Ich hab wohl noch nie so viele Schalter und Potis und Buchsen auf so engem Raum gesehen. Dennoch ist die Devise "lieber Knöpfe statt Menüs" ganz in meinem Sinne. Direktzugriff ohne in Menüs eintauchen zu müssen hebt auch die in die Jahre gekommenen Kemper-Teile immer noch wohltuend von den modernen Mitbewerbern ab, für die man am Fußboden die Screens touchen muss.

Die Sounds sind ausgesprochen "amtlich" -- Vox, Fender, Marshall, auch wenn nicht explizit so genannt. Allerdings gefallen mir eigentlich nur die MS-Brit-Sound so richtig, selbst als clean. Bei den Cab-Sims ist es wiederum der 4x12-Stack und bei den Röhren gefallen alle drei Varianten.

Aber. Irgendwo ist das Konzept auch etwas seltsam. Es gibt zwar neben den zwei Pre-Amp-Kanälen zwei separat einstellbare Cab-Sim-Strecken, aber die sind auf ihre jeweiligen beiden Ausgangsbuchsen (links und rechts out) festgenagelt. Die DSM-Idee dahinter: Du hast zwei Amps und zwei Boxen und bist immer stereo oder quasi stereo unterwegs.

Kann man machen. Aber wer die volle Vielfalt nutzen will, also Kanal 1 und 2 in mono wahlweise auf Cab-Sim-Strecke links oder rechts, der muss sich einen separaten Y-Switch dahinter hängen. Diese Kanaltrennung ist auch am Kopfhörer präsent, und da Reverb-Intensität, Röhren- und Cab-Wahl links und rechts sehr unterschiedlich sein können, ist das nicht gerade toll am Kopfhörer. Stellt man dann also lieber links und rechts gleich ein.

Was ich auch noch seltsam finde: Der einkanalige Simplifyer kostet genauso viel wie der zweikanalige DLX.

Resümee: Irre Idee -- eine komplette Anlage aus Zwei-Kanal-Amp zwei Endstufen mit zwei Boxen plus Reverb und Röhrenauswahl. Sowas von simpel ;-). Aber für Analog-Puristen schon sehr cool. Bootet auch gar nicht, ist richtig ungewohnt. Tolles Teil, aber nicht für jeden. Man muss es mögen und wollen.

Da es „absolut perfekt“ nirgends gibt, bewerte ich den Amp mit „fast perfekt“ und meine damit, dass ich noch nichts besseres in einem solch handlichen Format gefunden habe. Der Amp ist ein Zweikanal-Analogverstärker und hat bei mir den Combo komplett ersetzt, weil ich ohnehin meistens über PA und In-Ear spiele, und wenn ich mich mal direkt hören möchte, nehme ich eine Aktivbox mit.
Wer weiss, wie ein Gitarrenamp funktioniert, für den ist die Bedienung sofort einleuchtend, und wem die Soundvielfalt nicht ausreicht, hilft mit Pedalen nach. Ich persönlich hatte aber noch nie das Bedürnis danach und spiele den Amp pur. Es ist alles vorhanden, was man für klassische Rocksounds braucht.