Ein Mustang Hardtail – in Verbindung mit einer floating bridge...
Leo Fender dreht sich im Grab um, würde er registrieren, welche sinnentleerten Kuriositäten heutzutage unter seinem Namen fabriziert werden.
Um’s nicht gar so peinlich wirken zu lassen, gibt’s eine der billigeren Mustangs ja auch mit einem Strat-style hardtail. Das kann genau das Gleiche und sogar noch besser, weil da „floatet“ nix.
Der Zweck der Herstellung dieses Mustang Hardtails liegt klar auf der Hand: Das exzellent funktionierende, historische Mustang Vibrato hatte ein update erfahren, erstmals eingebaut in die aktuelle „Performer“ Mustang, made in USA. Klar ist das gleich mal das teuerste Mustang Modell und soll natürlich vorerst nur als Komplettmodell verkauft werden, und nicht dessen Einzelteile (Anm.: in den 1960ern galt die Mustang als günstiges Einsteigermodell für „students“ – heute kostet’s mit abschreckenden 1500.- ca 5x so viel und Zielgruppe sind offenbar die letzten zwei „reichen Studenten“ aus Corona, California:-).
Das neue Mustang-Vibrato ist kürzer übersetzt, weil’s nunmehr eine tiefer gesetzte Schneidkante gibt, die über die gesamte Breite des Vibratos reicht und für die eine erweiterte Aussparung im Body nötig ist, und statt 2 Ankerbolzen für die Federn gibt’s jetzt vermutlich einen zusätzlich.
Leider gibt es noch keine wirklich aussagekräftigen Bewertungen bzgl der Performer, die bestätigen könnten, ob das jetzt anders oder besser wäre als vorher oder nicht.
(Statements wie: „...bin ichnoch nichtdazu gekommen und konntsnoch nicht probiere aber ich werds beiGelegen heit nachhohlen und werdedann berichten Versand war schnell gigback war keins dabei und verbackt wars superdankeThomannTeam...“ helfen hier halt leider ganz genau nix).
Fest steht, dass der Hebelweg des neuen Vibratos nun (noch) etwas effizienter sein dürfte, die Bewegungsfreiheit der floating bridge jedoch immer noch die selbe zu sein scheint wie zuvor.
Fest steht weiters, dass man die Basisplatte des alten Mustang Vibratos nicht weiterhin verwenden konnte und man nun irgendwas mit den alten Platten anfangen musste, um sie loszukriegen (dort wo früher „Dynamic Fender Vibrato“ stand, sind jetzt drei zusätzliche Schrauben). Also machte man halt einfach ein hardtail draus, solang der Vorrat reicht, und fertig (Investition: 2 Schrauben & 2 Distanzscheiben). Beim neuen Mustang-Vibrato sitzt der Hebel in einer Kunststoff-Manschette, und die seitliche Hebel-Arretierschraube liegt nun nicht mehr direkt am Hebel an, was gut ist.
Ich habe auf dieses Mustang Hardtail zugeschlagen weil ich...
1) ...nicht bereit bin, ein Japanisches Mustang Vibrato aus den USA zu importieren und das dann auch noch teuer zu verzollen.
2) Hunderte Euro für ein hoffnungslos verrostetes original-Teil über fleabay, plus Hebel extra?? Nein Danke, und der „PAT.PEND.“- Stempel ist mir herzlich e g a l.
3) Chinesische Nachbau-Vibratos für die Mustang kriegt man heute um ein paar harmlose Zehner. Da steht dann zwar nicht Fender drauf und zwei der fünf Montagebohrungen passen sowieso nicht, doch bin ich’s langsam leid, ständig Chinesische Arbeitsplätze zu sichern, nur weil man das im Fender Ursprungsland nicht mehr für nötig hält und um sich dann genau aus diesem Grund den Titel „Marktführer“ umhängen zu können.
Ich mochte die Mustang immer schon total gern. Zu Zeiten, als man beim Strat-Tremolo immer noch mit sechs Holzschrauben herum-murkste, in der Hoffnung, es würde schon irgendwie stimmstabil sein, da hatte die Mustang schon längst ein 2-Punkt-System mit „Messerkanten“ (25 Jahre vor Floyd Rose...).
Dieses Mustang-Vibrato war definitiv das Stimmstabilste seiner Art, und seiner Zeit sowas von v o r a u s.
Das Hardtail hier wurde aus übriggebliebenen Vibratoteilen in Südkorea gefertigt und ist ein Konglomerat an metrischen und zölligen Normen:
1) Es passt von den Montagebohrungen her exakt in eine US-Mustang (Die Chinesischen billig Nachbau-Vibratos tun das nämlich nicht ganz).
2) Die Fixierung der Saitenhalter-„Rolle“ erfolgt hier von der Unterseite mit zwei zölligen Inbusschrauben ¼“-20. (=das kleine „Fotogewinde“). Der dafür benötigte 3/16“-Inbusschlüssel liegt bei und sollte gleich mal verwendet werden um die Schrauben eventuell nachzuziehen – sie sind nur hastig manuell eingeschraubt.
3) Das Bohrloch für den Steckhebel ist immer noch vorhanden, und auch die Inbus-Feststellschraube für den Hebel. Die ist metrisch M5, doch es passt nur der zöllige 3/16“ Hebel, den jeder sucht wie einen Bissen Brot. Es gibt ihn in einer Edelstahl-Ausführung unter Allparts BP-0274-005, falls man auf ein Vibrato rückbauen wollte.
4) Die Befestigungslaschen für die Federn sind vorhanden - falls man auf ein Vibrato rückbauen wollte.
Im Übrigen: Ein allfälliger „PAT. PEND.“- Stempel bedeutet nicht zwingend, dass es sich dann um ein zölliges US-Fabrikat handelt – den gab’s auch auf vielen metrischen Mustang-Vibratos aus Japanischer Fertigung.
Also werf’ ich jetzt die Drehbank an, dreh’ mir die Anker für die Federn und die Messerkanten selber und mach’ aus diesem Hardtail wieder ein Vibrato. Warum? Weil die Mustang Vibrato-Federn, die ich 2012 bei Thomann erwerben konnte, immer noch drauf warten, ihrer Bestimmung zugeführt zu werden, weil ansonsten alles Nötige bei dem Hardtail dran ist bis auf die besagten Feder-Ankerbolzen, weil das Mustang-Vibrato ein bestens funktionierendes Fender Vibrato war, und nicht zuletzt – weil’s irre Spaß macht.