Das Konzept der Jazzmaster ist aktuell 65 Jahre alt. Zu erwarten, dass man dieses Konzept einfach 1:1 mit geringen Mitteln auf moderne Ansprüche umlegen könnte, wäre e t w a s verwegen. Vor 65 Jahren waren die musikalischen Anforderungen an eine Gitarre halt noch etwas anders als heute.
Gleich vorweg: Die Höhenjustierung dieser bridge mittels der beiden seitlich gelegenen dünnen 4-40er Schräubleins war schon immer ein äusserst kritisches Unterfangen, denn der hierfür benötigte, dünne 1,27mm Inbusschlüssel ist mechanisch viel zu schwach, um dem Saitendruck entgegen zu wirken. Wendet man zu viel Kraft beim Drehen an, kann’s passieren, dass sich der Innensechskant der Schrauben schneller ausnudelt als nötig. Und 4-40er Schrauben mit Innensechskant in der erforderlichen Länge und auch noch mit Kegelspitze muss man erst mal haben. Man sollte die bridge bei der Einstellung der Höhe unbedingt mit einem geeigneten Hebelwerkzeug unterstützen/Druck-entlasten.
Was also tun mit einer („vintage“-) Jazzmaster, damit man sie auch heute noch sorglos verwenden kann? Ich sag’s kurz: Nix. Sondern die Jazzmaster einfach neu bauen. Genau das hat Fender ja auch mit zahlreichen Neu-Auflagen getan – Mit stop tailpieces und t-o-m bridges, einfacheren Schaltungen, anderen pickups mit variablem pole-spread, etc etc. (Bei den Modellen mit Tremolo verlaufen die Saiten aber trotzdem immer noch zu flach über den Steg, also werden Verbesserungsversuche kaum mehr als ein Kompromiss bleiben).
Bereits in den 1960ern bestand ein oftmals angewandter Trick darin, die Jazzmaster Bridge einfach durch eine Mustang Bridge (mit Einzelrillen pro Saite) zu tauschen. Wenn der Halsradius 7,25“ war, kam man gut damit zurecht. Auch wenn das string-spacing bei Mustangs etwas weiter ist (etwa 54-55mm), saßen/sitzen die Saiten dann sicherer „im Sattel“ (ausser freilich, man verwendete seine Jazzmaster missbräuchlich als Waschbrett). Auch musste man damit glücklich sein, die Höhe der Saiten dann nicht mehr individuell einstellen zu können. Doch kurios, wie heute aus solch einem „downgrade“ plötzlich ein Fender-eigenes upgrade wird.
Buzz Stoppers sind ein netter und teurer Versuch, buzz zu verhindern ja, tragen aber kaum etwas zur Stimmstabilität bei Jags und JMs bei.
Warum? Die Jag/Jaz-bridge ist im Gegensatz zu einer t-o-m bridge zwar „floating“, aber sie „floatet“ halt nur für alle sechs Saiten gemeinsam. Bedeutet: Die Saite mit dem stärksten Druck "gewinnt" und kehrt nach Betätigung des Tremolos in die Ausgangslage zurück, die anderen fünf hinken hinterher. Und wer möchte denn heute schon gezwungen sein, 13er Saiten verwenden zu MÜSSEN, nur damit das Instrument die Stimmung von 1958 behält (?).
Rollerbridges(?)
Kurzfassung: Es gibt KEINE Passende für Bolzenabstand 73mm und stringspacing 53mm. Die meisten Rollerbridges sind für 52mm stringspacing ausgelegt, und der Bolzenabstand variiert von min. 73,5mm (US ABR-1 spacing) über 74mm "metrisiertes Euro-spacing" bis hin zum Schaller spacing von "schrägen" 74mm bis 74,5mm. Ausserdem: Schon gar nicht gibt es Adapterbushings für die metallenen Steh-Hülsen der Jazzmaster/Jaguar, zumal die ja bei US- und Import-Modellen auch von den Abmessungen her unterschiedlich sind. Ausserdem sind die meisten Rollerbridges ca 14mm hoch, die JM-bridge ist bloß 11,5mm hoch. Man müsste also ohnehin erst mal den Halswinkel steiler stellen um bei Verwendung einer rollerbridge eine erträgliche Saitenlage zu erzielen, und dann obendrein noch hoffen, mit den pickups hoch genug rauszukommen.
Fender hat sich jedoch was überlegt, und diese aktuelle „Am Pro Jag/Jaz bridge“, Art.Nr.: 7709942049, hat im Vergleich zum Vorgängermodell ein paar nette Neuerungen erfahren:
Die Barrelreiter wurden also durch die fixen „Mustang“-Reiter ersetzt. Es gibt nun zwar keine individuelle Höheneinstellung der einzelnen Saiten mehr, aber: Schrauben, die nicht vorhanden sind, können auch nicht „buzzen“(!). Der Radius der bridge ist mit 9,5zoll dem Halsradius eines aktuellen Jazzmaster Halses angepasst. Das string-spacing ist auf fixe 53mm verengt (statt 55mm bei der Vintage-Rillenbridge) – was essentiell ist, denn die Saiten verlaufen nunmehr schnurstracks und linear vom Saitenhalter (55mm) in Richtung Sattel (35mm). Ausserdem sind die Einzelrillen der Saitenreiter nunmehr noch etwas „V-förmiger“ ausgeführt, damit die Saiten auch dort bleiben, wo sie hingehören. Die Intonationsmöglichkeit wurde spektakulär erweitert, weil die Federn der Reiterschrauben nunmehr in den versenkten Ausnehmungen der Mustang- Reiter ruhen. Einziges Manko: Die gewohnten Reiterschrauben (4-40 x 5/8 = 16mm) sind dafür nun etwas zu kurz und lösen sich aus den Gewinden, noch bevor die max. Einstellmöglichkeit erreicht ist. Schrauben mit 11/16“ (17,5mm) Länge würden das Problem beseitigen aber es soll halt nicht sein. Die beiden seitlichen Schräubleins für die Höhenjustierung sind mit Längs-Schneiden ausgeführt. Sie sitzen dadurch im Gegensatz zu früher etwas strenger in den Gewinden („Buzz-verhindernd“), was jedoch auch wieder seine Tücken hat: Die obere Öffnung für den 1,27mm Schlüssel ist so klein, dass man gezwungen ist, den kleinen abgewinkelten Einstell-Schlüssel verwenden zu MÜSSEN – und der ist beim nunmehr strengeren Drehmoment bereits im „Leerlauf“, - also ohne Saitendruck - am Ende seiner Kräfte (Ein kräftigerer 1,27mm Inbus-Schraubendreher mit Handgriff und verstärktem Schaft geht nicht rein). Also Achtung: Ohne die Schrauben vorher mit Öl einzusprühen, geht gar nix.
Fazit: Diese Jag/Jaz bridge ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber ich mag’s, wenn sich jemand etwas kreativ überlegt. Das hat Fender sicherlich getan und allein dafür gibt’s fünf Sterne.