Vorgeschichte
Eigentlich bin ich ja mit meinen Akustikgitarren-Saiten schon jahrelang sehr zufrieden. Ich schätze vorallem deren Klang und bin überzeugt, dass ein Teil des guten Klanges in der speziellen Konstruktion begründet liegt.
Bei den Rotosound ist der untere Bereich der umwickelten Saiten bis über die Steg-Auflage hinaus nicht umwickelt und es liegt nur der Saitenkern auf. Das ist das sogenannte "Contact Core Design" das man auch von Klaviersaiten kennt.
Genau auf dieses Design habe ich vor vielen Jahren meine Lowden S22 angepasst und habe die Stegdurchführungen mit Metallhülsen verstärkt, damit sich die Saiten nicht mehr im Holz verklemmen können.
Leider gibt es nur sehr wenige Saiten mit diesem Design und die meisten komplett umwickelten Saiten sind im Verdrallungsbereich der Kugel zu dick für diese Metallhülsen.
Nachdem ich auf der E-Gitarre nun aber so gute Erfahrungen mit beschichteten Saiten gemacht hatte (siehe Review) wollte ich auch bei der Akustikgitarre nochmal nach alternativen Saiten schauen.
Die Elixir-Saiten werden ja nach der Umwicklung beschichtet und können im unteren Bereich nur durch feilen/schleifen verjüngt werden. Außerdem ist mir der Klang etwas zu hart und zu wenig voluminös für diese Gitarre.
Auf meiner Suche nach einer geeigneten beschichteten Saite stieß ich auf die Harley Benton Coated Phosphor 012 Anti Rust. Sie sind aus den richtigen Materialien, haben die richtigen Saitenstärken, einen 6-Kant-Stahl-Kern und es sah so aus, als ob sie eventuell "modifizierbar" wären.
Also bestellte ich mir einen Satz und testete erst einmal, ob sie ohne Modifikation passen würden -> leider war die Umwicklung der Verdrallung zu dick, also kam Plan B ins Spiel:
"Pimp my Guitar String" - Umbau zum "Contact Core Design".
Ich schaute mir die Umwicklung genau an: Sie startete genau zwischen den beiden Drähten an der Kugel. Also nahm ich eine kleine Zange und schnappte die Umwicklung und fädelte sie dort aus um sie anschließend so weit abzuwickeln, bis der Saitenkern sauber auf der Stegeinlage aufliegt und die Umwicklung erst danach startet. Ich knipste die Umwicklung mit einem Seitenschneider schön bündig ab
Anschließend verlötete ich diese Schnittstelle um sie zu entschärfen und verlötete auch die Verdrallung der Kugel, da diese ohne die Stabilisierung der Umwicklung nicht mehr genügend Halt bieten würde.
So bearbeitete ich alle vier umwickelten Saiten und zog sie auf meine Lowden auf.
Und wie klingen die Saiten?
Soweit so gut! Sie sahen nun so ähnlich wie meine Lieblingssaiten aus, aber wie klingen sie denn?
Die Saiten greifen sich sehr ähnlich, spielen sich ähnlich und klingen auch sehr ähnlich, zumindest im Vergleich mit ganz frisch aufgezogenen Rotosound.
Schöne, brilliante Obertöne, knackige Bässe und schönes Volumen. Vorallem leicht abgestoppt, bzw. mit dem Handballen angedämpft, sind sie seeehr ähnlich zu den Rotosound.
Sie gefallen mir wirklich gut und könnten tatsächlich meine Lieblingssaiten ablösen!
Beschichtung und Haltbarkeit
Die Beschichtung scheint nur ein dünner Film um den Umwicklungsdraht zu sein. Insofern kann natürlich Dreck in die Wicklung eindringen und den Klang über die Zeit anders ändern wie das z.B. bei den Elixir mit ihrer nachträglichen und abdichtenden Beschichtung der Fall ist.
Sie kosten aber auch nur einen Bruchteil der Elixir-Saiten.
Die beiden blanken Saiten sind wohl ebenfalls dünn beschichtet.
Verpackung
Die Karton-Verpackung ist sehr aufwendig gemacht und man kann einen Innenteil wie eine art "Schublade" herausziehen.
Darin liegen die Saiten einzeln in Klarsichttütchen eingeschweißt und mit der Saitennummer beschriftet.
Haltbarkeit
Die Saiten klingen nun schon 2 Monate richtig gut, und sehen immer noch gut aus, obwohl ich sie schon sehr lange gespielt habe. Ich gehe also von einer längeren Haltbarkeit in Vergleich zu meinen unbeschichteten Rotosound aus. Zumindest sieht es für mich aus aktueller Sicht danach aus. Aber selbst dann, wenn sie nur genauso lange halten sollten, lohnt sich für mich die Arbeit und die Umstellung, da die Saiten statt aktuell 9,90¤ nur 4,90¤ kosten! Das lohnt sich!
Lustigerweise kosten übrigens ähnliche Rotosound-Saiten ohne Contact Core Design auch nur 6,20¤. Vielleicht sind da Lizenzkosten fällig? Oder sie lassen sich dieses (fast) Alleinstellungsmerkmal eben entsprechend zahlen (GHS ist bei seinen Contact Core ja auch nicht viel günstiger).
Fazit
Echt gute Saiten zu gutem Preis!
Mit etwas Arbeit (die in meinem Spezialfall ja auch notwendig ist) bekomme ich die Saiten, die ich benötige zum halben bisherigen Preis!
Meine Lowden S22 klingt mit ihnen so wie ich das von den Rotosound bisher mag und gewohnt bin, allerdings bleibt der Klang etwas länger brilliant und auch die beiden blanken Saiten oxidieren nicht so schnell.
Die Verschmutzung unter der Saite und auch in der Saitenumwicklung kann sich bei dieser Art der Beschichtung natürlich ganz "normal" ansammeln und ändert auch den Klang Richtung "dumpfer". Wie schnell das passiert ist natürlich von der Spieldauer abhängig und die Rotosound hielten bei mir zwischen zwei und sechs Monaten, je nach Einsatzhäufigkeit der Gitarre.
Insgesamt bin ich sehr positiv überrascht und werde sie wieder aufziehen.