Mein Background: als Kind und Jugendlicher hatte ich 9 Jahre lang klassischen Klavierunterricht, danach spielte 30 Jahre Keyboards in Bands - und ruinierte mir dabei den Anschlag derart, dass ich kaum noch leise und und differenziert spielen konnte. Teilweise taugten die Keys nicht dafür (frühe Digitalpianos, Workstations), teilweise die Bands.
Vor einigen Monaten entdeckte ich die Software PIANOTEQ und kaufte mir ein gebrauchtes DOEPFER PK88 - und war völlig überrascht, welche dynamische Bandbreite in einem (Software) Klavier steckt. Leider taugte das PK88 nicht für ein differenziertes Spiel - die Tasten sandten bei vergleichbarer Anschlagstärke derart unterschiedliche Midi-Velocity-Werte, dass an ein kontrolliertes Musizieren nicht zu denken war. Außerdem brachen innerhalb von wenigen Wochen zwei Hämmerchen. Vielleicht lag es am gebrauchten Zustand...
Dann bestellte ich das VPC1 - und bin begeistert! Die Kontrolle über meinen Anschlag ist mit keinem anderen digitalen Instrument zu vergleichen, das ich in den letzten 30 Jahren unter den Fingern hatte. Die Velocity-Werte sind verlässlich reproduzierbar (das kann man im PIanoteq-Fenster sehr schön in Echtzeit überprüfen). Die haptische Rückmeldung beim Spielen erinnert verblüffend an eine echte Flügeltastatur. Alles fühlt sich sehr hochwertig und zuverlässig an. Zusammen mit Pianoteq und meinem beyerdynamic DT-990 erzeugt die Tastatur die Illusion, an einem echten Flügel zu sitzen.
Das Spielen macht derart Spaß, dass ich kaum aufhören kann. Ich habe wieder begonnen, klassische Stücke zu spielen und erinnere mich auf einmal an vieles, was mir meine Klavierlehrerin vor über 30 Jahren beibrachte. Meine Spieltechnik kehrt zurück und ich bin völlig überwältigt, wie viel Spaß pures Klavierspielen machen kann.
Das VPC1 ist eigentlich nur auf eine Sache ausgelegt: zusammen mit der richtigen Software einen Flügel zu simulieren - aber diese eine Sache macht es unglaublich gut. Ich kenne kein Digitalpiano, das eine vergleichbare haptische und klangliche Erfahrung bietet - wobei ich High-End-Modelle wie die Yamaha Avant-Grand- oder die Kawai Novus-Serie noch nicht gespielt habe (die würden aber auch ein mehrfaches kosten).
Neben PIANOTEQ spiele ich auf dem VPC1 auch andere Software-Instrumente (Lounge Lizzard, Komplete Ultimate 12, und die Instrumente der Ableton 10 Suite), wobei ich zum "Knöpfchendrehen" ein kleine Komplete-Kontrol M32 Keyboard von Native Instruments verwende.
Man liest in verschiedenen Rezensionen, dass die gewölbte und durch einen Falz unterbrochene Oberfläche des VPC1 sich nicht dafür eignet, ein zweites Keyboard darauf zu stellen. Mein M32 steht allerdings ohne jedes weitere Hilfsmittel perfekt. Ich denke, es kommt darauf an, wo sich die Gummifüsschen befinden. Beim M32 kann ich sie so platzieren, dass das Keyboard vollkommen plan aufliegt. Auch mein Computer-Keyboard (drahtloses Microsoft Keyboard mit Trackpad) liegt fest und stabil, solange es sich oberhalb des Falzes befindet.
Ich bin derart begeistert vom VPC1, dass ich beschlossen habe, es auch auf meine Gigs mitzunehmen. Es ist zwar mit 29 kg nicht gerade leicht. Allerdings war mein Motif XS8, den ich jahrelang überall gespielt habe, auch nicht leichter. Mit dem Stagebag Soundwear 88 XL lässt sich das VPC1 zu zweit recht gut tragen - besser als der XS8 im Case.
FAZIT: In Verbindung mit einem guten Software Piano und einem guten Kopfhörer bzw. guten Monitorboxen ist das VPC1 eine hervorragende Lösung, um digital Klavier zu spielen. Ergänzt durch einen kleinen Controller mit Fadern und Knöpfchen macht es im Studio eine sehr gute Figur, und es ist gerade noch transportabel genug für die Bühne. Ich bin begeistert!