Ein Marshall DSL Amp für den berühmten Fender Bassman Sound?
Ja, genau das!
Ich spiele in einem Bluesrock Power Trio und suchte einen Amp mit einem cleanen Kanal, der klanglich einem 59er Bassman nahe kommt, jedoch ohne dessen Lautstärke bzw. Gewicht und dazu noch zu einem erschwinglichen Preis.
Also eigentlich unmöglich!?
Warum dann nicht doch einen 4x10'' Bassman kaufen (oder bauen 😉)?
Ganz einfach: ich wollte gerne, dass die Endstufensättigung am Sound beteiligt ist, ohne dass der Kneipenwirt oder der Tontechniker sich beschweren (das kennt wahrscheinlich jeder, der schon mit einem größeren Amp aufgetreten ist).
Von Gewicht und Preis mal ganz abgesehen.
Es wird vielfach behauptet man bekommt einen Bassman-Sound hin, indem man sich einfach einen kleineren Tweed Amp, wie z. B. Deluxe, Blues Junior o. ä., zulegt. FALSCH. Das kann deswegen nicht klappen, weil diese im Gegensatz zu den größeren Tweed Amps (Super, Pro, Twin, Bassman und auch JTM45 ff. oder AC30) keine Kathodenfolger-Schaltung in der Vorstufe besitzen, durch die dieser besondere Ton-Charakter erreicht wird.
(kleine Info für SRV-Fans ganz nebenbei: Dumble hat die Kathodenfolger sogar in der Phasenumkehr eingesetzt und zwar beim "Steel String Singer". Das Ergebnis ist ein sehr weicher und druckvoller Clean-Sound.)
Durch Zufall stieß ich bei Youtube auf den DSL20CR und habe mir diesen Combo-Amp, nach dem Ansehen einiger Videos, bestellt (es gibt ihn auch als Topteil).
Ich besitze verschiedene DIY Fender-Clone-Amps, einen Dumble Clone sowie einen JCM800 Clone mit Master Volume und ich glaube schon, dass ich die Sounds dieser Amps gut unterscheiden kann. Dieser "kleine" Marshall hat mich echt überzeugt.
Der Classic Gain Channel des DSL20 kommt seehr nahe an den von mir gesuchten Sound heran.
Er produziert auf Wunsch genau diese fetten schmatzenden Bässe und seidigen Höhen, wie ein Bassman.
Erreicht wird das mit einem besonderen Tone-Filter-Netzwerk, das meines Wissens (in etwas anderer Form), nur noch bei der 60W-Version des Fender Super-Sonic zu finden ist (NICHT bei der 22W-Version).
Clean und Crunch klingen beim DSL20 sehr überzeugend.
Da klingen die neueren Fender Amps in dieser Leistungsklasse einfach anders.
Der Seventy80-Speaker hat mich dabei übrigens echt positiv überrascht.
Von wegen blechern oder scheppernd.
Knackig und doch warm mit runden Bässen ist er.
Dazu kommt noch, für mich sozusagen als "Extra", der Ultra Gain Channel, der seinem Namen echt gerecht wird und der tatsächlich bis an den berühmten Brown Sound oder 70s-90s Hardrock-Sounds heranreicht, für die ich üblicherweise ein Pedal benutze.
Mit der Tone Shift Taste (Mid-Scoop) kann man außerdem noch sehr gute Metal-Sounds hinbekommen, aber das ist für mich nicht relevant.
Außerdem lässt sich in diesem Kanal mit niedrigem Gain, viel Bass sowie viel Höhen und Presence der Sound eines ordentlich aufgedrehten JTM45 ziemlich authentisch einstellen.
Die Tone-Shaping Regler sind unglaublich effektiv und man kann m. E. einen guten Kompromiss für beide Kanäle finden.
Außerdem reagiert der Amp in beiden Kanälen super auf Bodeneffekte.
Der Hall ist nicht der Beste, aber noch brauchbar. Leider kommt er erst (schaltungstechnisch bedingt) bei höherer Lautstärke richtig zur Geltung.
Bei Wohnzimmer-Lautstärke muss man ihn schon recht weit aufdrehen und dann rauscht es nicht unerheblich.
Ansonsten ist der Amp, was die Nebengeräusche betrifft, sehr leise. Da brummt nix. Sehr ordentlich!
Alles in Allem ist der Amp außerordentlich vielseitig (von echtem Fender-Clean bis Soldano-Brutal) und näher an den zuvor angesprochenen Sounds als die verschiedenen Modelling-Amps oder -Preamps, die ich bislang ausprobiert habe.
Mit dem schaltbaren Einschleifweg und dem "emulated out" (für Recording oder lautloses Spielen zur Nachtzeit) bleiben bei mir keine Wünsche mehr offen.
Man sollte aber wissen, dass der "emulated out" insgesamt etwas gedämpfter daherkommt. Das lässt sich aber mit dem Höhen- bzw. Volume-Regler kompensieren.
Das Alles in einem kompakten Gehäuse bei einem, für einen Vollröhren-Amp, rückenfreundlichen Gewicht.
Der DSL20 ist für meinen Drummer und Bassmann (beide sehr laut) in unserem Trio völlig ausreichend, was Headroom und Durchsetzung betrifft.
Er reicht in Clubs oder Kneipen locker ohne Abnahme. Selbst in der 10W Einstellung (Triode) kann man ihn in den meisten Clubs kaum richtig aufdrehen. Insbesondere, weil ja mittlerweile bei den meisten Events sowieso ein Mikro davor kommt.
Tolles vielseitiges Teil.
P.S. wem der DSL20 tatsächlich nicht laut genug sein sollte, der könnte sich mal mit dem DSL40 beschäftigen.
Was die Qualität betrifft, habe ich nichts zu meckern. Amp und Fußschalter funktionieren einwandfrei. Tolex und Grille Cloth ohne Beanstandungen.
Die Potis könnten etwas schwergängiger sein. Sie verstellen sich leicht, wenn man versehentlich dagegen kommt. Aber das war's auch schon.
Ich würde den Amp jederzeit wieder kaufen.