Das Mikrofon kommt in einem kleinen Koffer, dessen Qualitätsanmutung weit von der des Inhalts entfernt ist. Das ist nicht nur eine Geschmacksfrage im Rahmen von Vergleichen, sondern auch eine ganz praktische Angelegenheit: die Schiebeverschlüsse sind schwergängig und bestens geeignet sich die Finger zu quetschen oder Nägel zu brechen. Wer das wöchentlich bewegen muss ist gestraft, mir ist es egal, weil das Mikro ständig aufgebaut ist. Würde insgesamt besser zu einem 50,-€ Mikrofon passen.
Das restliche Material macht einen sehr hochwertigen, massiven und stabilen Eindruck. Der Betrieb erfolgt über Phantomspeisung am PA Mischer. Das Kabel ist etwas kurz, reicht aber gerade so. Der Einsatz besteht in der Abnahme akustischer Gitarren mit Stahl- und Nylonsaiten im Nahbereich, etwa 40 cm Abstand. Es soll weniger der Raum, sondern der Gitarrenkörper erfasst werden; dies als Alternative und Ergänzung zu den Steg-pickups- und Micros in den Instrumenten.
Die Beurteilung eines Mikrofons allein ist eigentlich nur schwer möglich. Darauf verweist auch der "Beipackzettel" von Rode. Wie bei einem HiFi Teil müsste man Neutralität fordern - aber eben von allen Teilen, also dem Mixer, dem Verstärker, dem Recorder, den Boxen, Kopfhörern. Nach meinem Eindruck ist die Klangreproduktion über den Tascam Recorder sehr klar, transparent, analytisch ohne dabei dünn zu wirken. Bässe kommen druckvoll konturiert, ohne fett oder dröhnig zu klingen. Aber all das ist immer auch eine Frage der Positionierung, die etwa in der unteren Korpushälfte liegt und nach oben gerichtet verläuft. Nach einigen Versuchen fand ich das Ganze recht unproblematisch - auf die kurze Entfernung ergaben sich keine drastischen Positionierungseffekte. Insgesamt erscheint mir der Gesamteindruck "typisch japanisch" so wie ich es z.B. von audio technica kenne. Der Klang ist unspektakulär und natürlich anders als das, was man hört, wenn man hinter der Gitarre sitzt. Genau das ist aber für mich ein Qualitätsmerkmal: nicht ganz so tolle Instrumente klingen dann halt nicht so toll.
Mein erster Test mit einer klassischen Gitarre hat mich sehr überrascht. Das Instrument hat eine etwas dunklere Tonfärbung und wurde vor Jahren mit einem L.R.Baggs EAS-C Element Aktive System Piezo Steg Pickup nachgerüstet. Zum Vergleich zwischen Rode NT-4 und pick up, lief letzterer über den Kemper Profiler mit völlig neutraler Einstellung ohne irgendwelche EQ u.a. Das Ergebnis war, dass es mir nahezu unmöglich ist einen Unterschied festzustellen. Ich weiss nicht, ob ich jetzt über den L.R. Baggs pick up oder das Rode micro begeistert sein soll oder beide.
Eigentlich eine kleine Enttäuschung, denn das Mikro sollte doch irgendwie anders klingen. Die Versuche und Aufnahmen mit 4 weiteren Westerngitarren unterschiedlicher Bauarten erfüllten dann die Erwartungen. Dies insbesondere den piezo typischen Quäksound im unteren Höhenbereich betreffend - den gibt es bei dem Micro nicht. Luftig klar und mit hoher Empfindlichkeit werden die Aufnahmen reproduziert. D.h. auch: man hört deutlich das Tipptastengeräusch beim betätigen der Aufnahmetaste. Je nach Saiten und Instrument kann es zu Überzeichnungen im Höhenbereich kommen, die man hinter der Gitarre so krass nicht bemerkt. Hier hilft eine leichte Höhenreduzierung, ggf. eine andere Positionsausrichtung. Allerdings hängt auch das von der Spielweise ab.
Weitere Beschreibungen würden nur die Unterschiede zwischen Mikrofon- und Körper-pick ups betreffen, aber die sind doch allg. bekannt, jedenfalls bei Gitarristen, die sich mit der Anschaffung eines Mikrofons befassen. So bleibt mir nur die Feststellung, dass ich im Rahmen meiner Anwendung völlig zufrieden bin mit der ausgewogenen, transparenten Aufzeichnung. Ob das NT-4 mit der Abnahme eines kleinen Gitarrenorchesters auf einer Bühne zu genauso überzeugenden Ergebnissen gelangt, müssen andere beurteilen, die das praktizieren.