Von der ganzen Netzteil-Esoterik, wie ich sie nannte, hielt ich mich lange genug fern. Ich verwendete einfach immer die mitgelieferten Netzteile und alles war gut. Nun, irgendwann baute ich mir mein erstes Pedalboard und machte schon bald die Erfahrung, dass ein Netzteil durchaus nicht gleich ein Netzteil sei. Was soll ein so teures Netzteil, wo es doch für ein Drittel des Preises so Teile mit viel mehr Bling gibt?
Ich schreibe diese superschlaue Intro einfach in der Hoffnung, vielleicht den einen oder anderen Neueinsteiger (Neueinsteigerinnen natürlich ebenso!) vor den unnötig nervigen und unterm Strich teuren Fehlkäufen abzuhalten. Leute, macht es gleich richtig und gönnt Euch gleich was Gutes. Gerade wenn man sich nicht absolut in der Sache auskennt, zahlt man mit dem Mehrpreis auch das Know-How von den Konstrukteuren, die wissen, was sie da tun. So jedenfalls meine Erfahrung. Die Oma-Binse „wer billig kauft, kauft zwei- oder dreimal“ scheint sich also auch hier zu bewähren.
So scheiterte der Vorgänger-Netzteil eines anderen (Marken)Herstellers, schon weder ganz billig noch schlecht, an einem Neuzugang (Strymon Riverside) auf dem Board. Egal ob ich den Riverside mit allen anderen Board-Members betrieb oder probehalber ganz alleine, egal an welchem Steckplatz und in welchem Kabel, egal ob das Netzteil direkt vom Stromnetz, von einer Powerbank oder per USB gespeist: es leuchtete immer die Overload-LED am Netzteil. Die Overload ging sofort aus, wenn ich den Riverside abzog. Zudem gab es Störungen im Sound, die mir zuerst auffielen, bevor ich die rote LED bemerkte.
Sicherheitshalber, so gut ich kann, habe ich alles an den Geräten durchgemessen: keine Auffälligkeiten festgestellt. Auch schon rein von den Parametern war alles im grünen Bereich und hätte passen müssen. Tat es in der Praxis aber nicht. Die Theorie war in diesem Fall nicht grau, sondern rot leuchtend.
Ich hatte an dem Bord schon länger zwei andere Strymons von diesem „kleinen“ Format ohne Probleme in Betrieb. Was zum Teufel soll also dieses Voodoo?
Langer Rede kurzer Sinn: gesucht, gefunden, bestellt, installiert, keine Probleme mehr. Der Ojai ist schön flach, lässt sich problemlos auch unter Niedrigprofil-Boards befestigen – in meinem Fall musste ich nur ein kleines Löchlein in der Montagestrebe des Boards bohren. Allerdings ist der separate „Trafo“ aus Plastik, inklusive Zuleitungsstecker fast so groß wie der blaue Ojai und besitzt keine Löcher oder Ähnliches zur Montage. Das muss man bei der Planung bedenken. Mir hat hier eine kleine Platte von Temple Audio geholfen, die ich zufällig übrig hatte; ein Stück Klett wäre genauso hilfreich.
Das Ganze sitzt unter einem mittleren Brett von Temple Audio – das der Vollständigkeit halber. Wobei der formschicke Ojai fast zu schade ist, um unter dem Board zu verschwinden. Hier war der Platz oben auf dem Board leider schon zu knapp. Er versorgt, wie bereits der Vorgänger, vier relativ stromhungrige (je bis zu 300 mA) Digital-Pedale mit Kraft, außerdem einen Peterson-Tuner, zwei analoge Boss-Minen und ein aktives Volumepedal. Die in der Hinsicht genügsamen Bosse bekommen den Strom über den Peterson durchgeschleift.
An der Board-Konfiguration habe ich außer dem Netzteil nichts verändert. Auf jeden Fall leuchtet jetzt kein Overload mehr und die (ungewollten) Klangstörungen sind auch Geschichte. Voodoo, verflixt.
Das Einzige, was ich an dem Ojai ändern würde, sind die Schalter für die Spannung der beiden letzten Steckdöschen. Die Kippschalter sind einfach zu leichtgängig, was wundert, denn Strymon macht solche Schalter sonst geradezu Military-Grade schwergängig. Außerdem sind sie direkt neben den Steckdöschen und somit leicht ungewollt zu verstellen. Ich würde die Schalter entweder durch die schwerstgängigen (wie bei Strymon Riverside an der Rückseite) Schieber ersetzen oder sie im Gehäuse versenken.
Ansonsten bin ich erst einmal wunschlos happy mit dem Ojai und hoffe es lange zu bleiben. Da die Strymon-Netzteile „by design“ hochskalierbar sind, bin ich da zuversichtlich.
Der typische Strymon-Preis mag anfangs dem Namen „Oh je“ alle Ehre zu machen – andererseits bekommt man wirklich einen guten Gegenwert in Form von Störungs- und Stressfreiheit, somit Klang- und Seelenruhe. Was ich auch allen Anderen, die es bis hierhin gelesen haben, wünsche.