Das Zoom H5 sollte als Ersatz für kassettenbasierte mobile Aufnahmesysteme herhalten: Walkman mit Aufnahmefunktion, DAT-Walkman.
Dafür taugt es allemal.
Das aufgesteckte Mikrofon ist weder sonderlich empfindlich noch wirklich rauscharm. Für leise Naturgeräusche weniger geeignet. Es rauscht aber auch nicht stärker als andere Kleinmembran-Elektret-Mikrofone. Besser als ein normales Handy (Mobiltelefon) mit Aufnahmefunktion allemal. Für laute Schallquellen wohl geeignet, nicht aber für leise Schallquellen, bei denen man den Pegelregler voll aufdrehen müsste.
Allerdings ist das aufgesteckte Mikrofon sehr körperschallanfällig. Man kann nichts am Gerät bedienen ohne deutliche Störgeräusche auf der Aufnahme zu erzeugen. Nachregeln des Aufnahmepegels des aufgesteckten Mikros während der Aufnahme ist damit Handling-Störgeräusche auf die Aufnahme aufbringt.
Hält man das Gerät aber nur in der "unbeweglichen" Hand, gelingen damit auch ohne Stativ anhörbare Aufnahmen. Man muss aber schon die Hand und die Finger stillhalten; bequem ist eine solche Haltung nicht.
Mit an den XLR-Anschlüssen angeschlossenen Großmembran-Kondensator-Mikros erhält man eine Rauscharmut wie bei üblichen Interfaces ähnlicher Preisklasse.
Nur, mit Großmembranern, Stativen und dem Zoom ist dann der Mobilvorteil auf teils wieder dahin.
Es scheint aber besser zu sein, mit externen Mikros aufzunehmen, allein schon um die Griffgeräusche beim Betrieb mit dem aufgesteckten Mikrofon zu umgehen.
Dann aber braucht man das aufgesteckte Mikro nicht mehr; man könnte es also zuhause lassen. Allerdings liegen dann die Anschlußkontakte ungeschützt offen. Eine passende Abdeckkappe fehlt leider.
Das Aufsteckmikrofon ist leider nicht durch Bügel oder Korb gegen Stoß oder Beschädigung geschützt. Die offene Ansicht auf die Kapseln und die kurzen textilummantelten Anschlußkabel sind wohl eher der Optik als der Zweckmässigkeit geschuldet. Verstellen kann man an den Kapseln nichts (nicht den Winkel, nicht die Ausrichtung).
Das Gerät ist im Prinzip auch für Mehrspuraufnahmen (4 Spuren gleichzeitig) und für Overdubs geeignet. Leider ist die Overdub-Funktion noch nicht ausgereift, und steckt leider noch in den primitiven Kinderschuhen.
Beim Overdubbing kann man nur die ganze Aufnahme overdubben, nicht aber z.B. nur den Chorus. Man kann also nicht bis zum Chorus vorspulen, um dann nur ab dem Chorus an zu overdubben, nein: Man muss sich durch die ganze Strophe "durchquälen". Hat man einen Fehler gemacht, bleibt nur, die ganze Aufnahme nochmal zu machen: Punch-In und Punch-Out kennt das Gerät nicht.
Die Integration externer Playback-Aufnahmen, etwa in Cubase vorproduzierter und in Stereo zusammengemischter Playbacks (etwa, Schlagzeug, Gitarre, Bass), um darauf unterwegs "im Feld" etwa ein Gitarrensolo oder den Chorus-Gesang overzudubben, ist im Handbuch nicht beschrieben. Es geht trotzdem, ist aber nicht bedienungsfreundlich, und nur mit "Workarounds" möglich.
Was ganz gut klappt, ist die 4-spurige Aufnahme von Atmosphäre in Surround (eigentlich Quadrophonie). Hierzu muss man zusätzlich zum aufgesteckten Mikrofon noch ein Stereo- oder zwei Mono-Mikrofone an den beiden XLR-Anschlüssen anschliessen, und nach hinten ausrichten. Damit erhält man schon ganz glaubwürdige Surroundaufnahmen, und das mit einem kleinen Mobilrekorder "im Feld".
Während der Aufnahmen (Stereo oder Multitrack) kann man Marker setzen. Dadurch kann man bei der Wiedergabe schnell an bestimmte so markierte Stellen springen.
Leider kann man diese Marker nicht mehr löschen oder verschieben.
Der Kopfhöreranschluß rauscht auch etwas. Störgeräusche oder Rauschen der Mikros lassen sich damit "im Feld" nur sehr eingeschränkt überprüfen.
Das Gerät ist hauptsächlich auch nur ein Aufnahmegerät. Es taugt nicht als Ersatz für einen MP3-Spieler: Es hat im Stereo- wie im Multitrackmodus je nur 10 Ordner, in denen die Aufnahmen einsortiert werden. Unterordner, oder andere Ordnernamen als durch das Gerät vorgegeben, funktionieren nicht, werden also ignoriert. MP3-Aufnahmen, die nicht vom Gerät selber erstellt wurden, werden nicht immer bis zum Ende wiedergegeben, sondern teils schon einige Sekunden vorher abgebrochen.
Positiv:
- XLR-Anschlüsse ungefähr so rauscharm wie Audio-Interfaces (vergleichbarer Preisklasse).
- 4-Spur-Aufnahmen im Feld möglich. Damit sind zumindest rudimentäre Surround-Aufnahmen möglich.
- Auch als 4-Spur-ASIO-Interface nutzbar.
- Stellt Phantomspannung an den eingebauten XLR-Anschlüssen (1/2) bereit: 48V, 24V und 12V.
- Gibt zu Beginn und am Ende einer Aufnahme ein Tonsignal (z.B. 1kHz-Sinus) auf die Aufnahme selber und auch am Line-Ausgang aus (abschaltbar, einstellbar).
- Damit können Aufnahmen dieses Geräts zu anderen Aufnahmen (Ton oder Video), die diese Synchronisierungs-Signale mit aufgezeichnet haben, synchronisiert werden.
- Aufgezeichnete Signale werden gleichzeitig auch am Line-Out-Ausgang ausgegeben (samt der Synchronisierungssignale).
Negativ:
- Overdubbing-Funktion ist von der Bedienung her sehr primitiv.
- mitgeliefertes Aufsteckmikrofon rauscht doch etwas.
- Verwendung oder Integration von im Heimstudio erstellter Playbacks (in Stereo und als Wave-Files) als Playback für Overdubs ist im Handbuch nicht beschrieben, also eigentlich nicht vorgesehen. Funktioniert nur mit einigen Klimmzügen und "Workaround".
- Damit ist die ganze Overdub-Funktion einigermassen fragwürdig.
- Marker-Funktion ist nur halbherzig umgesetzt: Löschen oder Verschieben von Markern nicht möglich.
- mitgeliefertes Aufsteckmikrofon ist ziemlich körperschallanfällig, deswegen:
- Bedienung des Gerätes während einer laufenden Aufnahme praktisch unmöglich:
- weil dabei immer wahrnehmbare Störgeräusche auf der Aufnahme entstehen.
- Stativaufnahme auf der Unterseite ist ein Gewinde nach Fotostativ-Standard: 1/4 Zoll. Standard bei Audio ist 3/8 Zoll oder Halbzoll.
- als Tasche oder Aufbewahrung ist nur eine kleine Plastebox mitgeliefert, in die noch nicht einmal der mitgelieferte Schaumgummi-Windschutz mit hineinpasst.
Update:
- Die Auf-Ab-Drück-Wippe für Menu-Auswahlen neigt zu Wackelkontakten und dadurch zu Fehlbedienungen.
- Die Oberfläche des Geräts wird klebrig und eklig.
Viel negatives, wenig positives. Vieles erwartet man einfach von einem Gerät für diesen Zweck, das erwähnt man nicht mehr extra als positiv.
Ein Gerät, mit dem man arbeiten kann. Vieleicht gibt es besseres für den Preis, vieleicht gleichgutes für geringeren Preis.
Ein wirkliches Performance-Wunder ist es nicht, aber auch kein Reinfall.