Ich hab zuhause eine reichlich elektrosmogverseuchte Umgebung. Hauptsächlich Netzbrummen und LED Netzteile.
Diese zerhacken auf der Primärseite die Spannung, und wenn das auf der Eingangsseite nicht mit einem Drosselelement gefiltert wird, gelangt das als Störsignal in die Stromleitung und wird bei ungeschirmt verlegten Kabeln auch als Funkwelle gesendet. Und diese Funkstörung ist dann das Problem. Meine Effekte haben eine Harley Benton Powerplant, bzw klassische Trafo-Steckernetzteile, in denen eine Primär und eine Sekundärspule vorhanden ist. Meine Markbass Combo hat ein hochwertig konstruiertes Netzteil. Damit hab ich Netzfilter, die die Störungen auf den Stromleitungen selber eliminert. Wer sowas nicht hat, benötigt einen ca. 100 Euro teuren "Power conditioner" oder eine aus dem Computerbereich stammende Offline SUV, also ein Gerät, das den Strom aus dem Netz nimmt, auf 12 Volt wandelt, damit Batterien lädt und auf der Ausgangsseite ein sauberes 230 Volt Sinussignal. Aber was hilft das, wenn die Störung als Funkwelle kommt?
Ich habe auch zwei Bässe mit Singlecoil (Ibanez SR2600 mit Nordstrand Big Sinlge) und einen Sire mit dem J Revolution. Dazu noch ein Ibanez GSRM20, der hat einen Singlecoil und einen Humbucker. Speziell der Sire fängt die Störsignale extrem ein, der Big Single von Nordstrand ist in dem auch deutlich teureren SR2600 ziemlich gut isoliert.
Mit einem normalen Noisegate kann ich hier leider nur ein/ausschalten, aber eine Filterfunktion hat mein Electro Harmonix Silencer nicht.
Dann hatte ich den Boss NS2. Der NS2 hat es zu meinem Leidwesen nicht geschafft, irgendeins meiner Störgeräusche aktiv zu unterdrücken.
Der NS1X ist schon um Welten besser. Eine Macke fiel mir gleich sofort auf: Der Threshold Regler wirkt widersprüchlich. Im Gatemodus setzt er den Schwellwert rechtsrum am höchsten fürs Öffnen. Im Reduction Modus ist es spiegelverkehrt, minimaler Schwellwert, ab dem die Dämpfung beginnt. Rechts heißt alles wird gedämpft. Linksanschlag heißt "keine Dämpfung", also höchster Schwellwert für Beginn der Dämpfungsfunktion.
Die beiden aktiven Funktionen des Pedals:
a) die Noise Gate Funktion. Extrem sensibel, paßt sich auch ziemlich gut dem Sustain an. Die Einstellmöglichkeiten sind so gut, daß man sogar mit einem extrem rauschenden Overdrive-Petal und extremer Verzerrung direkt nach dem Attack das Noisegate wieder zumacht. Ein so sensibles Noisegate hab ich bisher in Hardware nicht erlebt, sondern nur als "ZNR" Stomp im Zoom B3n (ein Multieffekt 40x25 cm Größe) und dem Zoom MS60B (in Boss ähnlicher Pedalgröße)
b) die Dämpfungsfunktion. Hier muß man zuallererst verstehen wie man überhaupt anfängt. Ist der Threshold Regler am linken Anschlag, dann wird nichts gedämpft bzw nur am obersten Signalpegel. Denn hab ich aber selbst mit voll aufedrehten Gain an meinem Preamp nicht geschafft.
Also rechts Vollanschlag, der "Damp" Regler links. Das ist die Grundeinstellung. Es wird immer gedämpft.
Dann dreht man "Damp" immer weiter nach rechts zu, wer Rauschen hat, kann direkt zuhören, wie es weniger wird. Man kann dann noch mit dem Threshhold regler variieren, ob man nun alles immer gedämpft haben möchte oder ob man bis zu einem gewissen Signalpegel ohne Dämpfung auskommen möchte.
Parallel zum Dämpfungsgrad gibt es eine LED Zeile. Solange die im "grünen Bereich" ist kommt das Bass-Signal weitestgehendst unverfälscht und in gewohnter Lautstärke rüber. Je mehr Gelb man hat bis hin zum Rot, wird eine zunehmend starke Kompression bemerken.
Und bei aggressivesten "Sirren", also dem Elektroschmutz aus billigen LED-Netzteilen, wird dann bemerken daß der NS1X das dann nicht mehr komplett entfernen kann. Genauso wie im Gate-Modus hört man wie mit dem Attack das Störsignal mitkommt und im Decay wieder weniger wird, zusammen mit dem Gitarrensignal.
Ehrlich, bei den vollmundigen Versprechungen von Boss hätte ich mir mehr erwartet, auch daß man sich in der Pedaltechnik um die zuviel vorhandene Kompression kümmert wenn die Dämpfung maximal ist. Zumal ich mit Freewaretools wie Audacity dieses Störgeräuschprofil bestimmen und als Filter einsetzen kann, der NS1X nicht. Man kann es nur mit einem davorgesetzten Notschfilter bzw EQ bei ca. 3-5 kHz wegfiltern.
Es gibt also bei mir im Wohnzimmer als auch im Probenraum bestimmte Sitzpositionen, an denen ich nicht ungestört spielen kann, z.B. abends wenn die Nachbarn das Licht einschalten.
So als Fazit: Der NS1X arbeitet als Noisegate überirdisch gut, als Rauschfilter auch noch gut, Netzbrummen kriegt er ebenso gut weg, aber gegen allzuschlimme Störungen ist er am Ende auch teilweise machtlos.
Wegen der starken Kompression im aggressivsten Damp Bereich ziehe ich einen Stern beim Sound ab und wegen der widersprüchlichen Auslegung des Threshhold Knopfes einen Stern bei der Bedienung.