335 Gitarren sind lange als flexible Instrumente fuer die verschiedensten Stile bekannt. Von R&B ueber Rock'n'Roll, Blues, Beat bis hin zu Grunge reicht die ausserordentliche Spannweite dieser Bauart.
Die Harley Benton interpretation dieser Gitarre macht optisch zunaechst einen guten Eindruck. Einige Detailloesungen weichen von der klassischen Implementation ab, so ist der Pickup Schalter eher da, wo er bei einer LesPaul zu finden ist und der 6,35 mm Klinkenausgang findet sich nicht auf der Decke sondern in der Zarge. Ich war zunaechst nicht ueberzeugt, ob das im Kontext einer 335 Sinn macht, aber ich habe mich sehr schnell an diese Konfiguration gewoehnt. Allerdings bin ich mir sicher, dass im Falle einer notwendigen Reparatur hier durchaus ein Mehraufwand zu erwarten ist. Aber denken wir erstmal nicht an eine Reparatur, sondern sehen wir uns den Rest der Gitarre an.
Der Shoreline Gold genannte Farbton ist grosszuegig aufgetragen. Aber bei einem Metallic/Flake Lack erwartet man nicht wirklich Transparenz. Also passt das. Das umlaufende Binding - Decke und Boden - ist sauber ausgefuehrt und von guter Qualitaet. Die etwas untypisch aussehenden und positionierten F-Loecher sind zwar nicht eingebunden, aber dafuer mit einem lackierten "Binding" versehen. Sieht gut aus, aber es versteckt das Holz. Thomann sagt, die Decke sei massiv, aber da man nichts vom Deckenholz zehen kann, muss man das halt ungeprueft glauben.
An der Kopfplatte mit ganz schick schillernden Einlagen, finden sich 6 verchromte geschlossene Mechaniken mit Tombstone Stimmfluegeln. Sehen brauchbar aus und stimmen brauchbar. Hinreichend, wuerde man sagen. Nichts umwerfendes und eher ein wenig rauh, aber sie machen ihren Job und die Stimmung haelt.
Der Sattel ist erstaunlicherweise gut gekerbt und bietet wenig Anlass zu Kritik.
Der Hals ist mit eimem weitgehend neutralen C-Profil versehen und greift sich gut; das Griffbrett aus Lorbeer ist mit rechteckigen Einlagen aus Mother-of-Toilet-Seat versehen. Die Neusilber Buende sind brauchbar, haben keine scharfen Kanten, koennten aber ein bisschen Nacharbeit vertragen. Das Griffbrett erscheint auch ziemlich trocken. Allerdings ist das nicht ungewoehnlich.
Der Rest der verbauten Hardware - Tune-O-Matic Steg und Stop Tailpiece sind ebenfalls von brauchbarer Qualitaet. Nichts, was unbedingt und sofort ausgetauscht oder verbessert werden muesste.
Die Elektrik besteht aus 2 splitbaren Rodswell Humbuckern und generischen Potis fuer getrennte Volumen und Tone Kontrolle. Die Volumen Potis sind pull-Potis, die eine Spulentrennung unterstuetzen. Da keine Wartungsklappe vorhanden ist, kann ich nichts ueber die Potis sagen - ausser das sie hinreichend funktionieren. Ich befuerchte allerdings, dass hier nur Mini-Potis und keine Full-Size Potis verbaut wurden.
Die Tonabnehmer sind - wie schon gesagt - spiltbare Roswell Humbucker und moeglicherweise mein groesster Kritikpunkt. Nicht, dass sie schlecht waren, sie machen ihren Job, aber fuer mich klingen sie zu generisch, zu unpersoenlich, zu glatt. Die Spulentrennung ergibt eine weitere Ebene brauchbarer Klangvariation und erweitert das Klangspektrum in Richtung spitzerer Single-Coil Toene, aber ueber alles gesehen bleibt es dabei, die HB 35+ laesst Persoenlichkeit vermissen. Das muss nicht schlecht sein; wer eine generische 335 erwartet wird das bekommen, was er erhofft. Wer aber etwas abseitiger - so wie Tom DeLonge oder Noel Gallagher - klingen will, wird wohl Anpassungen vornehmen muessen...
Alles in Allem ist die HB-35+ eine Gitarre mit einer fuer den Preis mehr als hinreichend guten Qualitaet. Alles funktioniert, sie ist out-of-the-box bequem spielbar. Der Klang ist in der Basis generisch, die Spulentrennung erlaubt ein paar spitzere Klaenge - alles ist gut.