Ich benutze den Hotone Mini als Multieffektpedal in Kombination mit einem Röhrenverstärker und anderen Effektpedalen. Das ist nicht die optimale Umgebung für dieses Gerät, da die Cab- und Amp-Simulationen in den verfügbaren Presets nicht vernünftig genutzt werden können. Überzeugt vor dem Kauf haben mich aber weniger die Modeling-Fähigkeiten als vielmehr die große Menge an eingebauten Effekten in Relation zum günstigen Anschaffungspreis. Und inzwischen, nach längerer Einstell- und Anpassungsarbeit, verwende ich den Mini gerne zur Klangformung. Es war ein hindernisreicher Weg dorthin. Wer wie ich den Mini als Multieffektpedal haben möchte, sollte sich vor dem Kauf über folgende Nachteile, die ich erlebt habe, im Klaren sein:
A) Es gibt keinen Ein/Aus-Schalter am Mini. Man kann nur den Netzstecker ziehen oder muss einen kleinen Zwischenstecker mit Kippschalter für die Gleichstromleitung kaufen bzw. einlöten.
B) Es gibt keinen echten Bypass. Wenn das Gerät in einer Effektkette ist, beeinflusst es den Klang und die Lautstärke. Das ist extrem störend und kann nur durch eine Hardware-Weiche (ABYX Looper/Switcher) gelöst werden. Das bedeutet, dass ein zusätzlicher Fußschalter gekauft werden muss, um den Mini in der Kette zu integrieren oder auf Kopfdruck wieder zu umgehen. Ein einfaches Ausschalten (Stecker abziehen!) ohne eine solche Weiche unterbricht die Signalkette komplett!
C) Alle 99 Factory-Presets sollten, wenn man es als Effektgerät nutzt, um die Cab- und teilweise auch um die Amp-Simulationen bereinigt werden, da sonst das Ergebnis an der eigenen Gitarrenbox und dem Amp schief klingen kann. Wenigstens die Cabs lassen sich zentral in der Konfiguration mit einem Klick ein- und ausschalten. Die Amps jedoch nur manuell pro Preset. Und wenn Cab- und Amp-Simulation weg sind, klingt ein Preset logischerweise nicht mehr wie die Kopie eines berühmten Sound-Vorbilds. Also muss man selbst mixen.
D) Die Lautstärkeunterschiede zwischen den einzelnen Presets können enorm sein. Vor allem am Anfang, wenn man noch nicht verstanden hat, dass die unterschiedlichen Lautstärken von Amp & Preset für jedes Preset individuell eingestellt werden müssen.
E) Die PC/Mac-Software zur Erstellung von Presets kann von der Hotone-Website heruntergeladen werden. Das Programm ist grundsätzlich nützlich und erleichtert das (live) Erstellen von Presets. Es ist nur knifflig, wenn man die neueste Version der Firmware und des Programms verwenden will. Die Vorgehensweise: Zuerst eine Programmversion auf den Rechner ziehen, die zur auf dem Gerät installierten Firmware passt. Dann mit dieser Software die neueste Firmware anfordern und auf den Mini aufspielen. Danach die alte Software deinstallieren und die zur neuen Firmware passende Softwareversion herunterladen & installieren! Wer schon eigene Presets hat, sollte diese unbedingt vor dem Firmware-Update extern sichern! Welcher Techniker hat sich das ausgedacht? Auch die umständliche Organisation (Verschieben etc.) der eigenen Presets zwischen den Speicherbänken ist nicht benutzerfreundlich. Keine Chance, das mit der Maus zu machen. Zumal die ohnehin lückenhafte Dokumentation (Handbuch als Download verfügbar) über solche Feinheiten schweigt.
F) Es lohnt sich wirklich, das Manual auszudrucken und in Ruhe zu lesen. Allein schon, um zu verstehen, welche Effekte, Amps, Cabs & Presets im Mini tatsächlich zur Verfügung stehen. Denn die Bezeichnungen in der Box (auf dem Display) stimmen selten mit dem überein, was man aus der realen Welt (z.B. als Pedal-Markename oder Effekt) kennt. Ich verstehe das aus markenrechtlichen Gründen, aber ohne Entschlüsselungstabelle kommen die User sicher nicht weit. Außerdem gibt es im Handbuch pro Effekt Hinweise auf die Einstellmöglichkeiten. Hier vermisse ich jedoch konkrete Parameterhinweise und Tipps, denn wer einen Effekt und seine Einstellparameter noch nicht kennt, wird stundenlang herumspielen, ohne ggf. den gewünschten Sound zu erzeugen. Hinweise, z.B. aus dem Internet, welche Einstellungen an den Reglern der echten Pedalen zu welchem Toneffekt führen, lassen sich mit den Digital-Reglern nicht unbedingt 1:1 nachbilden. Also Trial & error bis es am Mini passt.
G) Dem eingebauten Tuner sollte man nicht blind trauen, wenn er sagt, dass die Stimmung passt (alles grün). Ich habe ein anderes Stimmgerät, auf dem Board das genauer ist.
H) Ich habe den stabil gebauten Mini an den Gitarreneingang des Röhrenverstärkers (Clean Channel) und auch an den Effektweg des Verstärkers angeschlossen. Entgegen meiner Erwartung und den Einstellhinweisen im Handbuch klingt der direkte Gitarreneingang für mich besser. Das ist wohl Geschmackssache.
I) Die meisten Ampero-Presets, die man im Internet (kostenlos) findet, passen nicht zum Mini (als Effektgerät). Entweder weil die Kompatibilität zu den größeren Ampero-Geräten fehlt, oder weil die Cab- und Amp-Sims am eigenen Amp eben nicht gut verwendbar sind.
In YouTube-Videos und schriftlichen Tests wird das Gerät hoch gelobt. Wahrscheinlich, weil der niedrige Preis, die Effekt-Vielfalt und die Modeling-Fähigkeiten viele anspricht. Über die Modeling-Fähigkeiten möchte ich kein Urteil abgeben. Meine Erfahrungen mit dem Mini als Multieffektgerät sind jedoch zwiespältig. Nach fast einem Monat mit dem Hotone Ampero Mini kann ich sagen, dass ich ihn jetzt - passend konfiguriert für mein Setup und mit eigenes erstellten Presets - nicht mehr hergeben möchte. Allerdings war ich in den ersten Tagen kurz davor, die Box an Thomann zurückzuschicken. Allein das Fehlen eines Ein/Aus-Schalters und eines True Bypass ist selbst bei einem günstigen Gerät ein Ärgernis. Vielleicht kann Hotone mit der nächsten Firmware wenigstens ein Preset als neutralen Bypass (Sound & Volume) mitliefern und die Tuner-Anzeige sensibler machen.