Einleitung: IK Multimedia bezeichnet das Abbilden von Verstärkern als 'Modeling'. Ich halte diese Bezeichnung für unüblich und irreführend. Ich verwende daher die Bezeichnung 'Capture' in Analogie zum Quad Cortex, da auch hier neuronale Netzwerke zur Herstellung der Abbilder verwendet werden.
Zum Betrieb des TONEX Systems bestehend aus Software und Pedal wird immer ein technisches Umfeld benötigt. Ich halte es daher für wichtig, diesen Zusammenhang hier klarzustellen. Meine Anwendung und mein Equipment: ich benutzte die TONEX MAX Software mit dem TONEX Pedal in Kombination mit einem HELIX Floor. Als Rechner verwende ich einen ca. 10 Jahre alten Laptop mit Windows 10 home, Intel i7-Prozessor (2.7 GHz), 8 GB RAM und entsprechend alter NVIDIA Grafikkarte. Zur 'Capture' meiner Röhrenamps benutze ich eine Two Notes Torpedo Capture Load Box. Ich mache das Ganze als Hobby und zum Spaß im Wohnzimmer.
1. TONEX mit HELIX als Soundkarte und Multieffekt-Pedalboard: Die vielfältigen Input-, FX und USB-Routing Möglichkeiten des HELIX lassen sich nach meinen Erfahrungen perfekt auf die Anforderungen der TONEX Software einstellen. Konfiguration für Capture: 1.Pfad im HELIX (Input USB 3/4 → HELIX FX Send 1 Signallevel → Input Verstärker-> Speaker out Verstärker-> Load Box in ->Line Out Load box-> HELIX FX Return 2 Line Level-> USB Output 3/4): 2.Pfad im HELIX (Guitar in->USB Output 5/6). Im HELIX sind die USB Input 1/2 Kanäle immer als Bypass zu den Effektpfaden zum Multi-out per Default festgelegt . Im TONEX 'Modelling' Menü werden die passenden USB Verbindungen abgefragt, sobald man HELIX ASIO eingetragen hat. Das ist elegant gelöst.
Mit zwei Pfaden lässt sich der HELIX auch prima als Pedalboard mit Pre- und Post-Effekten für die TONEX Software verwenden: 1.Pfad für die Pre-Effekte (Guitar/Multi in ->Effektblöcke->USB 3/4 out); 2.Pfad für die Post-Effekte (USB 3/4 in → Effektblöcke->Multi out). Alternativ lässt sich das TONEX Pedal ohne Verwendung der Software über die HELIX FX Aus- und Eingänge einbinden (FX Send Signallevel, FX Return Line Level). Hinweis: Ich nenne hier meine Einstellungen, die für mich funktionieren, ohne jede Gewährleistung. Das ist keine Empfehlung! Der Lautsprecherausgang eines Röhrenverstärkers MUSS IMMER AN EINE GEEIGNETE LAST ANGESCHLOSSEN WERDEN ! Das ist KEIN Line -out!!
2. TONEX MAX Software (Version 1.1.6 bis 1.2.3): Die Bedieneroberfläche ist einfach gehalten und man vermisst einige sonst schon lange übliche File Drag&Drop Funktionalitäten. Das 'Capturing' hat in der oben geschilderten Konfiguration auf Anhieb problemlos funktioniert, da war ich sehr positiv überrascht. Zum Modell-Training werden 3 Optionen angeboten. Da mit meinem Rechner die 'Fast'-Option bereits ca. 50 Minuten und die 'Default'-Option ca. 2 Stunden benötigt, habe ich die 'Advanced' -Option bisher noch nicht ausprobiert. Im Zeitbedarf liegt der wohl unvermeidbare Nachteil des – wie ich finde- genialen Ansatzes das Capturing und Modell-Training auf einem beliebigen Rechner auszuführen. Solange man nur gelegentlich 'captured' kann man mit diesen Einschränkungen leben. Die Profis werden sich einen modernen schnelleren Rechner leisten können.
3. TONEX PEDAL: Die Bedienung ist auf dem technischen Stand von vor 20 Jahren. Es fehlt ein ein-/aus-Schalter. Wirklich stört das sehr eingeschränkte kurze Display mit Leuchtdioden, da man mit Kürzeln arbeiten muss, um die Verstärkermodelle zu identifizieren. Wer das Pedal nur als Träger für Verstärkermodelle in seinem Pedal- oder Multieffektboard benutzt, so wie ich, kommt damit klar. Als eigenständiges Multieffektpedal erscheint es mir dagegen wenig attraktiv zu sein.
4. Der Sound: Ich bin begeistert. Bereits meine ersten Versuche, meinen Marshall Jubilee zu 'capturen' , habe mich überzeugt. Nebenbei wird das erhebliche Rauschen meines Verstärkers offensichtlich automatisch herausgerechnet. Auch einige der frei verfügbaren Verstärkermodelle gefallen mir. Beim Sond-Vergleich zwischen Software und Pedal sollte man die jeweiligen Signallevel sorgfältig abgleichen.
5. Up-Dates : Seit ich das TONEX System vor einem Monat gekauft habe, hat es bereits 5 Updates der Software und damit zwingend auch der Firmware des Pedals gegeben. Nach einem Up-Date auf Vers.1.2.0 vor einigen Tagen und auch nach dem sofort nachgelegtem Update auf Vers. 1.2.1 wurde das Modell-Training mit einer Fehlermeldung abgebrochen und funktionierte nicht mehr auf meinem Rechner. Ich bin daher erstmal wieder auf Vers. 1.1.6 zurückgegangen. Blöd nur, dass ich das Pedal nicht mehr mit dieser Version ansprechen konnte, da die Firmware parallel auf Version 1.2.1 up-gedated wurde. Nach dem letzten Up-Date auf Vers. 1.2.3 funktioniert wieder alles. Der Support antwortete auf meine Anfragen jeweils schnell und freundlich, die Vorschläge halfen allerdings bis zur Einführung der Vers. 1.2.3 nichts.
(Vorläufiges) Fazit: Mein Fazit bezieht sich ausschließlich auf den oben geschilderten Anwendungsfall in Kombination mit dem HELIX Floor. Für mich erhöht das TONEX System die Qualität und Authentizität der Verstärkersimulationen sehr eindrucksvoll. Sofern man das benötigte Equipment im Umfeld des TONEX sowieso schon zur Verfügung hat, ergibt sich mit dem TONEX System ein kostengünstiger Zugang in die Welt des 'Capturing'. Für vollständige Neuanschaffungen gibt es bereits attraktivere Alternativen und es wird in nächster Zukunft höchstwahrscheinlich noch weitere geben. Der Ansatz der TONEX Software ist ziemlich genial und hat – um es sehr wohlmeinend auszudrücken – noch viel Potential erkennbar an der schnellen Abfolge von Up-Dates. Zu Sternchenwertung: nach dem zwischenzeitlichen Ärger mit den Up-Dates: Null. Wegen des überzeugenden Sounds und der genialen Idee spendiere ich vorläufig 4 Sternchen.