Da ich aus der Welt vollintegrierter Synthesizer komme, war der Anfang im Eurorack mit A/D oder A/S/R für mich ungewohnt und ich sehnte mich nach dem gewohnten Hüllkurvenrepertoire.
Der Quadigy ist einer der wenigen mir bekannten A/D/S/R-Hüllkurvengeneratoren in diesem Bereich, der mir gleich vierfach "die Gewohnheit" in das System bringt und dabei nicht viel Platz benötigt.
Ich habe natürlich bemerkt, dass das Modul jeweils 7 und nicht "nur" 4 Stages anzubieten hat, die auch global oder separat in den Cyclemodus gehen können und somit mehr tun, als "nur" die klassischen Volumehüllkurven für den VCA oder die Filtercutoffmodulation liefern und bin sicher, dass hier mit etwas mehr Zeitinvestment noch vieles entstehen kann.
Dass ich zwei Modulationsinputs habe und einer hiervon auch mit Clocktriggern für Timing im Cycling beiträgt, finde ich sehr ansprechend, zumal hier auch im Bereich der generativen Musik schon einiges möglich ist. Klar hätte ich am liebsten mehr CV-Eingänge um das Konzept auf die Spitze zu treiben, aber hier ist die CV-Matrix intern sehr gut mit negativen und positiven Richtungen und individueller Intensität per Parameter schon deutlich mehr als ein Trost.
Human-CV durch den Drehregler ergänzt letzteres. Natürlich liebe ich die vier zur Verfügung stehenden Fader, die jeweils im Pickupmodus über die obenliegenden Buttons für die damit assoziierten Hüllkurven verfügbar gemacht werden und die extensive Konfigurierbarkeit, aber das bringt auch bei ambitionierter Nutzung Menudiving mit sich, wenn auch meine Vorredner dies offenbar anders empfinden.
Da würde ich aber zur Klarstellung sagen, dass der Switch zwischen Studio- und Livemodus eben zwei verschiedene Komplexitätsebenen anbietet und eine davon eben performance-orientiert ist. Daher kann ich verstehen und bekräftigen, dass je nach Anwendung kein großes Menudiving notwendig ist.
Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich durch die Menus zu finden oder die "hold-Funktionen" sowie die Modi zu finden. Ein Blick in die Anleitung ist definitiv wichtig, damit der Quadigy keine Presetschleuder bleibt (et voila, es gibt speicherbare Presets, was mir weniger wichtig, aber sicher künftig auch mal handlich ist). Gerade das Shaping aller Stages ermöglicht unendlich detaillierte Hüllkurven und sollte nicht unterschätzt werden, da es anderen Modulen oft nur global oder gar nicht zur Verfügung steht. Übrigens: Es ist sehr zeitsparend, dass ich auch zwei oder mehr Hüllkurven zusammen anwählen und deren Parameter simultan bearbeiten kann - nicht nur für polyphone Voices!
Anfänglich hatte ich einen unregelmäßig auftretenden Display-Bug, welcher aber mit der Aktualisierung der Firmware dauerhaft behoben werden konnte. Hier möchte ich auf die Art des Updateprozesses aber aufmerksam machen: Es wird via Audiofile geupdated, was viel mit Störspannungen im Case und Lautstärkepegel des Audioplayers wackeln kann. Ich habe insgesamt 4 verschiedene Geräte nutzen müssen, bis eines davon den gewünschten Erfolg brachte - das ist nicht allein bei Klavis Modulen so, das möchte ich klarstellen. Vorteil der Prozedur bleibt allerdings, dass ein Ausbau des Moduls nicht notwendig ist.
Dass die Gate/Trigger-Eingänge hier von links nach rechts normalisiert sind, ist für Patchings wirklich spitzenklasse, da hier mit wenig Kabelinfratstruktur schon sehr gut an experimentellen Patches gearbeitet werden kann und natürlich ist es bei einer großzügigen Menge an vier Hüllkurven auch möglich, die eine oder andere davon zu nutzen, um die CV-Steuerung der anderen anteilig mitzugestalten. (Crosspatchingpotential ist hier sehr gut für abwechslungsreiche Steuersignale).
Ähnliche Module haben meiner Wahrnehmung nach immer wieder Einschränkungen in Menge der Hüllkurven, "nur" Triggerreaktionen oder sie haben integrierte VCAs oder sonstiges, welche man dann je nach System "umsonst" bezahlen muss. Daher ist der Quadigy genau, was ich mir vorstelle und der Bedienbarkeit-zu-Modulgröße-Ratio ist doch extrem gut aufgegangen. Die digitale Auflösung der Hüllkurven ist meines Erachtens so gut, dass die Suche nach dem heiligen Gral analoger Hüllkurven nur für absolute Puristen weitergeht.
Ich würde es nochmal kaufen, wenn mein System nicht damit schon so gut ausgelastet wäre. Klar Kaufempfehlung für so ziemlich jedes Rack.