Die Möglichkeit, den Gitarren- bzw. Ampsound auch nach der Aufnahme noch zu verändern, ergibt sich nicht nur dann, wenn man die Gitarre direkt in das Audio Interface stöpselt. Es ist auch möglich, einen Amp-Modeler oder Röhrenamp mit einem bereits aufgenommenen „nackten“ Gitarrensignal zu füttern und das Ergebnis mit einem Amp (Modeler) erneut aufzunehmen. Diese Technik wird im Recording-Jargon als Reamping bezeichnet. Wichtig dabei ist, dass man bei der Aufnahme außer dem Signal mit Verstärker und Box auf einer zusätzlichen Spur das direkte Gitarrensignal ohne Amp aufnimmt. In der Regel benötigt man dazu einen Signal-Splitter, der das Signal auf zwei Wege verteilt: einmal zum Amp und einmal zum Hi Z Input am Audio-Interface.
Alternativ zum Signal-Splitter kann man auch eine DI-Box einsetzen. Außerdem muss nicht unbedingt das Amp-Signal mit aufgenommen werden. Viele Gitarristen spielen gemütlich zuhause über die Modeling-Software am Computer, arbeiten ihre Parts in Ruhe aus und nehmen die nackten Gitarren in ihrer DAW auf. Dann geht es mit dem Laptop statt der Gitarre in den Proberaum, der Amp wird mikrofoniert und die Gitarrenspuren über den Verstärker abgespielt und erneut aufgenommen, statt gemodelter Sounds nun mit dem amtlichen Ampsound. So plausibel und im Grund einfach das Ganze klingt, gibt es doch ein Detail unbedingt zu beachten:
Gitarrenverstärker sind so konzipiert, dass E-Gitarren-Pickups sie mit einem hochohmigen Signal füttern, auf das sie auch in einer gewissen Art und Weise reagieren. Schickt man nun ein Signal mit Line-Pegel aus der DAW über den Ausgang des Audio-Interfaces an den Eingang des Gitarrenverstärkers, erhält man nicht den gleichen Sound wie mit einer direkt angeschlossenen Gitarre. Zum einen ist der Pegel zu hoch und zum anderen besitzt das Audio Interface einen niederohmigen und symmetrischen Ausgang. Der Amp allerdings benötigt ein hochohmiges und unsymmetrisches Signal. Dieses Kommunikationsproblem löst bei Bedarf ein kleines Kistchen, das sich Reamp Box nennt. Diese Box wird zwischen den Ausgang des Audio Interfaces und den Amp-Eingang geschaltet und macht aus dem Line-Signal des Audio-Interfaces wieder ein Signal, das dem einer Gitarre gleicht und für den Amp-Eingang taugt. Und dessen Pegel lässt sich an der Reamp Box mit einem Regler entsprechend fein justieren und an den Eingang des Amps anpassen. Geeignet sind dafür die Radial Engineering Pro RMP oder die Palmer DACCAPO Reamp Box. Und so sieht der Signalfluss beim Reamping aus.