Schönheit weckt mitunter Liebe auf den ersten Blick. Und die Ortega ist nach meinem Geschmack ein wirklich wunderschönes Instrument. Wo das Auge hinfällt, ist sie mit sehr gut aufeinander abgestimmten Bauteilen wunderbar gestaltet und ordentlich verarbeitet. Sie ist nicht übertrieben "antikisiert" und die dünne Mattlackierung ist klanglich deutlich im Vorteil gegenüber z.B. einer Lear, die ich wegen ihrer schwarzen Massivlackierung gerade vorher zurück geschickt hatte.
Aber die Liebe zum Schönen macht noch keine Beziehung: und hier war die Ortega durchaus widerborstig. Die Saitenlage ist ok, das Greifen im ersten Bund war jedoch geradezu schmerzhaft, im zweiten Bund war sie leicht bundunrein. Grund: der Sattel war schlecht gefeilt. Bei der Serienproduktion werden häufig Kleinigkeiten vernachlässigt, die für Klang und Bespielbarkeit jedoch erheblich vorteilhaft wären.
Ein Besuch beim Gitarrenbauer löste das Problem (20 Euro) und nun ist es eine liebevolle Beziehung ... Allerdings erwartet man, dass solches nacharbeiten bei einem 900 Euro Instrument nicht erforderlich sind.
Der Klang ist klar, differenziert und brillant. Beim Akkordspiel eher hart, beim Melodiespiel wirkt sie etwas voller. Sie hat erkennbar das Potential, sich klanglich sehr gut zu entwickeln.
Bedauerlich ist, dass der Steg bei Lieferung auf "ganz unten" eingestellt war. Für eine evtl. einmal erforderliche Verringerung des Saitenabstandes ist also kein Spielraum mehr vorhanden - da muss man dann am Spannstab arbeiten. Bei Lieferung war der Steg zudem lästigerweise mit Folie unterlegt. Nach deren Entfernung muss er also neu ausgerichtet werden.
Die Verarbeitung ist an den sichtbaren Stellen gut. An anderen Stellen (Verbindung Hals/Korpus oder in der Schnecke) erfolgte sie weniger ehrgeizig.
Das Stimmgerät funktioniert zuverlässig. Allerdings musste ich zuerst neue Batterien einlegen ....
Die Gigbag ist sehr ordentlich und praktisch (zum Umhängen). Ich habe es dennoch gegen einen Koffer ausgetauscht.
Übrigens ist sogar ein Gurt dabei gewesen.
Insgesamt: ein mit Einschränkungen sehr gut verarbeitetes Instrument mit guter Grundsubstanz und Potential zur klanglichen Entwicklung. Ansprechend gestaltet und - nach entsprechender Bearbeitung - sehr gut bespielbar.