Da es mit den Frequenzen für Funkmikrofone im Laufe der Zeit immer schlechter aussieht, haben wir folgende 2 Systeme bei Thomann bestellt: Das Line6 XD-V75 im 2.4GHz WLAN-Bereich und das the t.bone free solo HT im 1.8 GHz-Bereich. Zunächst sei gesagt, dass wir im professionellen Musikbereich, sowohl im Studio, als auch auf der Bühne zu Hause sind. Ebenfalls haben wir auch andere Frequenzzuteilungen von der Bundesnetzagentur zugeteilt bekommen, z.B für Sennheiser-Anlagen im 700MHz-Bereich. Auch sind uns die »Free-Funkbereiche« im 800MHz-Bereich bekannt und geläufig. Da die Meinungen im Bereich 1,8GHz und 2,4GHz aber stark unterschiedlich sind, haben wir die o.g. Systeme auf Herz und Nieren bzw. auf Praxistauglichkeit und Soundqualität sowohl für den professionellen Betrieb, als auch für den semi-professionellen Anwender geprüft. Und ja, wir wissen, der Vergleich hinkt etwas und ist auch ein bisschen unfair, da das digitale Line6-System ca. das 2 bis 2,5fache des analogen t.bone Systems kostet. Daher bekommt das t.bone free solo HT 1.8 GHz im Gesamtergebnis (aufgrund des sehr guten Preis-/Leistungsverhältnis) von uns trotzdem 4 Sterne! Here are the results Line6 vs. t.bone HT 1.8 GHz:
Lieferumfang bei beiden Systemen sehr gut, inkl. Rackmount-Kit. Das t.bone-Set beinhaltet aber leider keine Mikrofonklammer für Stative. Das Gewicht der beiden Mikrofone sehr ähnlich, Line6-Mic. etwas schwerer (366g zu 352g mit Batterien). Vorher hatten wir auch mal ein Funk-Mic. mit 315g, da merkt die Sängerin schon die zusätzlichen 50g.
Haptik und Optik finden wir beim HT 1.8GHz - Mikrofon besser. Es sieht professionell aus und fühlt sich von der Verarbeitung sehr gut an. Macht einfach den robusteren Eindruck. Der gleiche Eindruck beim Batterien einlegen. Beim t.bone stabiles 2 AA-Batterie-Fach, überhaupt keine Probleme. Anders dagegen beim Line6 - Mikrofon: Diese Konstruktion geht aber nun mal gar nicht! Ein filigranes Batterie-Fach, mit einem sehr fragwürdigen Festhaltedeckel. Beim ersten Versuch zum Lösen ist mir der »Festhaltedeckel« mit dem zu lösenden Clip direkt ins leere Batteriefach gerutscht und hat sich verkantet! Auf der Bühne wäre jetzt schon alles vorbei gewesen! Mit sehr viel Mühe habe ich dann - ein Wunder, ohne das Batteriefach bzw. die Abdeckung zu beschädigen - den Deckel inkl. Clip wieder befreien können und konnte endlich das Mikrofon mit 2 AA-Batterien füttern. Tipp: Niemals die Batterien von »Unkundigen« wechseln lassen. Das kann nur schief gehen und mit Bruch enden! Das Display ist beim t.bone etwas größer und dauerbeleuchtet, beim Line6 dunkelt es nach einiger Zeit ab, die Anzeige des Batterie-Status beim Line6 in Std:Min. und man kann noch einen 6-stelligen Namen programmieren. Das t.bone hat einen Mute-Taster auf der Außenseite und unter der Abdeckung 2 Taster zum Programmieren. Das Line 6 hat 2 Taster auf der Außenseite des Mikrofons zum Muten und Programmieren (bei der Batterieabdeckung noch ein Schalter zum Sperren/Entsperren aller Funktionen (schlechte Lösung, wird aber bei uns auch nicht gebraucht). Und ja, es macht absolut Sinn, dass beim Line6, zumal bei 2 verschiedenen Tastern, diese auch wirklich etwas tiefer versenkt sind, um unabsichtliche Fehlbedienungen zu vermeiden. Sicherlich wäre es beim Line6 vernünftiger gewesen, nur die Mute-Taste an der Mikrofonaußenseite anzubringen, aber so geht es auch. (Es gibt auch Funkmikrofone, da schaut man fast nur kurz und aus Versehen auf die Mute-Taste und weg ist der Sound! Das kann beim Line6 aufgrund der versenkten Tasten garantiert nicht passieren). Bei beiden Systemen erfolgt das »Muten« und »Entmuten«, sowie das Ein- und Ausschalten absolut geräuschlos. Lob und Anerkennung!
Nun zum Praxis- bzw. Soundtest. Beim Line6 hatten wir im Vorfeld starke Bedenken wg. des benutzten 2,4GHz-WLAN-Bereiches. Da aber auch eine digitale Bluetooth-Audio-Übertragung mit aptx-Codec hervorragend und störungssicher mit Tablet funktionierte, waren wir wirklich neugierig, ob alles mit dem Line6 arbeitet. Und siehe da: Wir haben noch nie eine so klare Übertragung, fast ohne Nebengeräusche bzw. ohne »Rauschteppich«, wie bei analogen Systemen undenkbar, gehabt. Aus den 10 emulierten Mikrofon-Modellen haben wir für uns 1 bis 2 passende Mic.-Typen ausgesucht und für Live-Anwendungen für gut befunden. Des Weiteren kann man die Line6-Kapsel gegen andere kompatible Original-Kapseln, z.B. Shure, Heil etc. wechseln! (Dann werden die internen Line6-Mikrofon-Emulationen natürlich deaktiviert). Das t.bone HT 1.8GHz kann von der Mikrofonkapsel auf jeden Fall mithalten, hat einen sehr guten und druckvollen Sound und einen ausgeprägten Nahbesprechungseffekt, der aber kein Nachteil sein muss. Empfehlenswert ist trotzdem der Einsatz eines Hi-Cut-Filters am Mischpult und alles wird gut... Das t.bone-System klingt auf jeden Fall so, als wäre es 3-4mal teurer und kann ohne wenn und aber mit viel teureren Herstellern mithalten. Eine echte positive Überraschung! Preis-/Leistung bekommt also ein Sehr gut!
Und nun leider auch zu den Nachteilen, die dem Anwendungszweck einer professionellen Beschallung widersprechen: Obwohl das t.bone HT 1.8GHz sehr gut klingt, ist das Hintergrundrauschen der Trägerfrequenz in Zusammenhang mit Einsatz von Kompressoren und Wiedergabe über eine PA bei höheren Pegeln viel zu stark! Bei gleicher Audio-Zusammenstellung musste ich mich beim Line6 erstmal vergewissern, ob das Mikrofon überhaupt an ist! Es war an! Das einzige, leise Hintergrundrauschen kam nämlich von der PA-Anlage selbst. Also: Eigenrauschen beim Line6 nicht erwähnenswert bzw. beim PA-Betrieb selbst bei Erhöhung der leisen Gesangspassagen um +10dB (Kompressor) kaum feststellbar, beim t.bone HT 1.8GHz für PA-Anwendungen leider ein No-go, obwohl der Sound wirklich klasse ist.
Aber: Das t.bone HT 1.8GHz ist evtl. bei Anwendungen OHNE Kompressor noch sehr gut zu verwenden, dann fällt das Rauschen bei moderaten Lautstärken auch nicht so ins Gewicht. Oder man ignoriert das Rauschen bei höheren Lautstärken einfach.
Und nun zu den Mikrofon-Griffgeräuschen: Beim t.bone HT 1.8GHz sehr starke Griffgeräusche, vor allem - wieder mal - in Verbindung mit +10dB Kompressor-Einsatz im professionellen Bereich. Nicht wirklich schön! Beim Line6 ähnlich stark (etwas weniger), aber im Gegensatz zum t.bone mehr im tieferfrequenten Bereich. Auch nicht wirklich schön für professionelle Anwendungen. Aber: Das Line6 hat eine »Zaubereinstellung«, nämlich das Dynamic Filter! Man stelle einfach das Filter (am Empfänger) von Off auf Norm und schon hat man eines der Griff-Geräusche-unempfindlichesten-Mikrofone ever! Keine Ahnung, wie Line6 das macht, aber es funktioniert. Eine noch stärkere Dämpfung der Griffgeräusche hat man in der Dynamic-Filter-Einstellung Talk, diese Einstellung ist aber wirklich nur für »reine Sprecher« zu empfehlen. Also Tipp für »normale« Gesangseinsätze NORM. Wir haben festgestellt, dass, sobald man das Line6-Netzteil abzieht bzw. vom Strom trennt, die Einstellung des Dynamic Filters nicht immer gespeichert bleibt! Also vor dem Bühnen-Einsatz unbedingt prüfen, ob Dynamic-Filter auch wirklich auf NORM steht, obwohl man spätestens an starken Griffgeräuschen erkennen kann, dass OFF aktiv ist.
Ansonsten funktionieren beide Systeme ordentlich und zuverlässig. Ein Tipp noch für Line6-Übertragungen. Es gibt 2 Betriebs-Modi: RF2 und RF1, die man bei mehreren Line6-Systemen niemals »mixen« sollte, um Störungen und Drop-Outs zu vermeiden. Bei der Grundeinstellung RF2 (einstellbar am Mikrofon-Sender) sendet das Mikro pro Channel auf 2 verschiedenen Frequenzen (mit WiFi-Kompatibilität, damit andere WiFi-Geräte überhaupt noch die Chance auf eine WLAN-Verbindung haben), beim robusteren RF1-Modus sendet das Mikro pro Channel das Audio-Signal auf 4! Frequenzen und wählt das beste Signal aus. In diesem Fall hat man auf der Bühne zwar die größte Zuverlässigkeit der Übertragung, kann aber andere WLAN-Nutzer stören. Kann also jeder selbst entscheiden. Und hier die wichtigsten Punkte mit Pro und Contra nochmals in der Übersicht:
t.bone free solo HT 1.8GHz
PRO
+ Preis-/Leistungsverhältnis
+ inkl. Rackmount-Kit
+ sehr guter Sound
+ einfache Bedienung
+ geräuschloses Muten und Ein-/Ausschalten
+ Display
+ Haptik, Optik, Verarbeitung
+ gutes Batterie-Fach, einfaches Wechseln
+ Zuverlässigkeit der 1,8 GHz-Funkverbindung
CONTRA
- starkes Grundrauschen, besonders i.V.m. Kompressoren
- starke Griffgeräusche, besonders i.V.m. Kompressoren
- keine Mikrofonklammer im Lieferumfang
Anmerkung: Aufgrund der ersten beiden Contra-Punkte geht das ansonsten sehr gute Funkmikrofon-Set t.bone free solo HT 1.8GHz leider zurück zu Thomann, zugunsten einer noch zu bestellenden Shure-Original-Wechselkapsel für das Line6 XD-V75.
Line6 XD-V75
PRO
+ Preis-/Leistungsverhältnis
+ digitales System
+ inkl. Rackmount-Kit
+ Sendet auf 2 (RF2) bzw. 4 (RF1) Frequenzen gleichzeitig
+ fast kein Hintergrundrauschen, auch beim Einsatz mit Kompressoren
+ mit Dynamic-Filter NORM sehr wenig Griffgeräusche
+ geräuschloses Muten und Ein-/Ausschalten
+ guter Live-Sound, 10 emulierte Mikros auswählbar
+ Möglichkeit, die Line6-Kapsel gegen kompatible Original-Kapseln (Shure, Heil etc.) zu wechseln
CONTRA
- Dynamic-Filter NORM (lebenswichtig wg. Griffgeräuschen!) bleibt nicht immer gespeichert (z.B. bei Stromausfall bzw. beim Abziehen des Steckernetzteiles oder beim Kontrollieren der Einstellung mittels Setup und Verlassen ohne Änderung bzw. Bestätigung mittels Exit!)
- Batterie-Fach bzw. Abdeckung und Clip bruchgefährdet, Batterien sollten NUR von geübten und vorsichtigen Anwendern gewechselt werden.
Wir hoffen, dass wir mit unserem Vergleich der beiden Systeme ein wenig zur Entscheidungsfindung beigetragen haben.
Viel Spaß mit musikalischem Equipment von Thomann