Ich habe alle Jahre wieder versucht, mit diesen Saiten warm zu werden. Insbesondere dann, wenn ich andere Stimmungen und Stärken probieren wollte, griff ich aufgrund des niedrigen Preises oftmals erst zu den Red Label Steels. Ich kann sie auch nach dem X-ten Versuch leider nicht empfehlen.
Die Saiten klingen sehr hohl durch fehlende Mitten, was bei Stainless Steel natürlich bis zu einem gewissen Grad zu erwarten ist. Hier finde ich das Mittenloch allerdings unangenehm und zu deutlich ausgeprägt.
Die Saiten fühlen sich sehr rau an den Fingern an, was mir persönlich jetzt allerdings nicht großartig den Spaß verdirbt. Klang und Haptik sind sehr subjektive Kriterien und beides kann in diesem Fall durchaus auf Gefallen stoßen.
Persönlich empfinde ich die B-Saite trotz ihrer Stärke von .135 als zu dumpf und deutlich weniger knackig, als die anderen Saiten. Dies ist aber ein häufiges Problem bei 5-Saitern und kann verschiedene Ursachen haben. Es gibt Saiten, bei denen habe ich das Problem am gleichen Bass nicht, jene kosten aber auch das Drei- bis Vierfache. Ich empfinde es nicht als sonderlich negativ, dass die billigsten Saiten nicht gerade zu den ausgewogensten im Klangbild gehören. Das sollte man in der Preiskategorie einfach nicht erwarten.
Viel schlimmer, selbst für die Preisklasse, finde ich, dass an Material gespart wird, indem die Saiten zu den Mechaniken komplett bis auf den blanken Kern auslaufen (maximal mögliches Taper, quasi), wobei dieser Kern lediglich noch diagonal und grobmaschig von einem weiteren Draht stabilisiert wird. Bedeutet, das was man sich auf die Mechanik und durch den Saitenniederhalter zieht, ist spindeldürr und scharfkantig.
Insbesondere die hohen Saiten eines Basses haben aufgrund ihrer großen Zugkraft selbst beim sorgfältigsten Aufwickeln hin und wieder diesen kurzen Ruck- & Rutschmoment, diese kleine Bisschen "Slip", wenn die Knicke und Windungen an der Mechanik sich ein letztes Mal beim Hochstimmen in Position ziehen. Bei dieser scharfkantigen Saitenkonstruktion sind Kratzer an der Hardware hierbei auf Dauer vermutlich vorprogrammiert.
Ebenfalls beunruhigend ist es, wenn man beim Hochstimmen merkt, wie diese Stacheldraht-artigen Endstücke der Saiten sich am Saitenniederhalter kurz verhaken und dann beim Weiterstimmen mit einem dezenten "Pling" über den Punkt des Widerstandes hinaus rattern. Aua!
Nun würde ich theoretisch diese Saiten noch für einen Zweck auf Lager halten: Um Setups an Bässen durchzuführen. Bei komplett neuen Setups aufgrund neuer Brücken, Sättel, Pickups etc. muss man i.d.R häufiger die Saitenreiter vor- und/oder zurückschrauben und somit immer wieder neue Auflagepunkte in die Saite "knicken", bis die Intonation stimmt. Die hierfür verwendeten Saiten kommen dann nach dem Setup weg und werden durch die guten Saiten identischen Durchmessers ersetzt.
Leider kann ich die Warwick Red Label Steels auch als reine Werkstatt & Setup Saiten nicht empfehlen, da ich aktuell auf Teufel komm raus die G-Saite nicht oktavrein intoniert bekomme. Sie ist immer zu hoch am 12. Bund, egal, wie sehr man nachjustiert! In der Vergangenheit hatte ich das selbe Problem mit zwei Red Label 4-Saiter Sätzen, damals aber mit den A-Saiten.
Solche Intonationsprobleme ab Werk können u.a. auftreten, wenn zwischen Saitenkern und Umwicklung irgendwo ein mangelnder Kontakt oder eine Materialschwäche entsteht. Das Schwingungsverhalten tendiert dann zu einer leichten Unwucht und der 12. Bund bildet nicht mehr die perfekte Saitenhalbierende, der Reiter kann das nicht kompensieren, es schwingt immer unrund, Oktavreinheit wird unmöglich. Erinnern wir uns nun nochmal an die größtenteils blanken Kerne im Kopfplattenbereich mit ihren groben, widerspenstigen Spiraldrähten drumherum... Intonationsprobleme wundern einen dann auch gar nicht mehr wirklich.