Ich war bei der Lieferung zunächst mal wenig beeindruckt - ein schnöder Pappkarton, der Effekt selbst in Papier eingepackt. Das änderte sich schlagartig, als ich das Pedal selbst in die Hand nahm. Okay - sowas mag beim Musizieren nebensächlich sein, aber das ist haptisch und optisch mit Abstand das edelste Pedal, das ich jemals in der Hand hatte - und da waren einige deutlich teurere dabei (u.a. Wampler, Okko, Fulltone, Catalinbread, Rockett und auch schon Xotic).
Das Gerät liegt schwer in der Hand, eine samtige Pulverbeschichting, eine schwarz lackierte Messingplatte, die Füsse sind wie die Knöpfe aus transparentem Kunststoff, eine Übersicht für die DIP-Switches (dazu komme ich noch) findet sich auf der Unterseite und - der Deckel ist mit Edelstahlschrauben befestigt! Sehr beeindruckend, noch bevor man den ersten Ton da durch gejagt hat. Respekt, Xotic! Zu dem Preis hatte ich dieses "Rolls-Royce-Feeling" nicht erwartet.
Gleich mal aufgemacht, kommt die nächste Überraschung: in diesem Mini-Gehäuse ist tatsächlich eine Batterie drin. Viel wichtiger ist die kleine Platine mit den kleinen DIP-Switches, die das Pedal vielseitiger macht, als es auf den ersten Blick wirkt. Die beigelegte Anleitung gibt Auskunft und ein paar Beispiel-Settings. Die ersten beiden Schalter boosten Presence und Hochmitten/Treble, der dritte ist ein Mitten-cut, der letzte ein 6db-Boost. Damit kann man die unterschiedlichen Plexi-Varianten der frühen 70er wählen: "Super-Lead", "Super-Bass" und ein paar dazwischen. Soll heissen: hier macht man seinen Grundsound, passt das Pedal an das eigene Setup und die eigenen Bedürfnisse an und regelt dann den Rest auf der Vorderseite.
Wie ist der Sound? Hält voll und ganz, was die Verpackung verspricht: Edel! So klingen Marshalls auf den Aufnahmen, die ich liebe. Zeppelin, ZZ-Top, HumblePie, Free, ACDC, Van Halen hat man sofort in den Ohren. Die Verzerrung ist saftig und lebendig mit etwas wattigen Mitten, die Obertöne sprudeln nur so. Dabei ist alles sehr warm, rund und röhrig.
Das ist einfach wirklich klassischer Marshall-Sound: Im Low-Gain sehr direkt, offen und bissig mit reichlich Attack (mit 18 Volt betrieben legt der Zerrer da noch eine Schippe drauf) und wenn man fürs Solieren den Gainregler hochzieht, ist der Sound angenehm komprimiert und tragfähig, bleit dabei aber immer präsent. Der Clou: die Feineinstellung geht wie bei einem echten Amp mit dem Volumeregler der Gitarre.
Man muss sich vermutlich eine Weile nehmen, um diesen Overdrive richtig auszuloten. Für jemanden, der einen klassischen Marshall (Plexi-) Sound sucht, ist dieses Pedal ein Highlight. Dabei scheint egal zu sein, ob man damit einen bereits angezerrten Amp zum Solieren boostet oder das Pedal vor einen cleanen Verstärker klemmt und wie einen Vintage-Amp benutzt: weit aufreissen und den Rest an der Gitarre regeln. Beides funktioniert einwandfrei, wenn man die passende Einstellung gefunden hat.
Sehr zu empfehlen!