Da ich schon lange mit dem Gedanken spielte neben Gitarre auch Violine zu erlernen und das sozusagen in der Familie liegt, habe ich es gewagt und mir diese Alfred Stingl AS160 EV bestellt. Da es neben den Harley Bentons und der nächsten Preisklasse Yamaha keine Alternative gibt und die Stingl auch optisch was her macht habe ich mich letztendlich dafür entschieden, wobei 333,-Euro zwar günstig aber zum erstmal Antesten eigentlich schon wieder zu teuer ist. Versprochen wurde definitiv viel und wer extrem billig kauft, der kauft ohnehin zweimal...dachte ich!
Hoffnungsvoll habe ich also auf die Ankunft der E-Violine gewartet, als sie endlich eintraf traute ich meinen Augen nicht! Als erstes fiel mir sofort der Tonabnehmer auf, den die chinesischen Arbeiter (gefertigt wird ja in China) wohl nicht sauber eingefräst haben sondern eher mit Fuchsschwanz und einer Axt eingehauen haben - dazu wohl noch beide Augen zugedrückt bevor die Einschnitte auch noch parallel werden! Rings um den Tonabnehmer klafften 1-2mm Luft und der ganze Steg rutschte dadurch hin und her. Man kann es eigentlich gar nicht beschreiben wie grauenhaft der TA eingelassen wurde...
Als nächster großer Minuspunkt die Lackierung! Hat man das Instrument direkt in der Zuschnittabteilung im Werk lackiert? Unsauberheiten ohne Ende, vor allem an den Seiten! Die Flächen hätte ich sogar als "barock" durchgehen lassen, schaut man sich mal die alten Violinen an. Die ausgesparten Öffnungen im Korpus ebenfalls ein Trauerspiel - grob geschliffen und Lack drübergerotzt! Als gelernter Tischler bekommt man hier Herzweh, denn mit Handwerkskunst und -ehre hat das alles nichts mehr zu tun. Ärgerlich!
Der Hals wurde ab Werk entlackt....wahrscheinlich mit 80er Schleifpapier und danach leicht fein geschliffen. Die Spuren an den Übergangen zum Normallack ließen das zumindest vermuten. Teils war der Hals sogar etwas verschliffen und das Griffbrett stand hier und da etwas über. Die Messerwellenspuren der Hobelmaschine am Rand des Griffbrettes hätte man schon mal wegschleifen können - schließlich sollte das ein Musikinstrument werden und kein Baumarktbrett. Zu guter Letzt erwies sich das Griffbrett beim Durchfluchten als Buckelpiste. Ein heimischer Geigenbauer würde sich wahrscheinlich nicht mehr einbekommen vor Lachen. Schade!
Zu den Saiten lässt sich nicht herausfinden welcher Abstammung diese sind, Fakt ist: die hohe E-Saite kommt ohne Gummiröhrchen.
Also, wenn das "Instrument" schon mal da war, musste es auch getestet werden. Stimmen ging recht gut und die Saiten blieben auch relativ schnell in der Stimmung. Der Klang mit EQ auf Mitte war nicht schlecht, aber auch nicht überragend. Wäre der Rest der Geige optisch und fachlich korrekt gewesen, hätte ich damit problemlos leben können.
Zu guter Letzt der verheißungsvoll betitelte "HiTec" Bogen...oder einfach ein Karbonbogen, nix Hi-Tech. Gutes Strauss - Kolofonium vom Schwiegervater drauf und los gings. Das mitgelieferte Höfner Zeugs war eigentlich nicht zu gebrauchen. Spannen ließ sich der Bogen recht ordentlich. Im Vergleich zu den guten alten Holzbögen war der Karbonbogen ziemlich schwer. Ansonsten kann man ihn verwenden.
Was tun mit der Violine? Für den doch schon stolzen Preis so einen "handwerklichen" Fehlversuch? Täglich Herzbluten bekommen wenn ich den Koffer öffne? Definitiv stand für mich eine Retoure fest! Alternativen? Keine! Es existiert noch eine ähnliche E-Violine von Carlo Giordani, relativ schwer zu erhalten- am Ende kommt diese aber auch noch vom selben Werk in China(?) Qualität somit nicht zu erwarten.
Nach all dem Groll über die schlechte Höfner E-Violine wurde meine Alternative dann doch eine Yamaha YEV nach dem Motto "Jetzt erst recht!" Bei Instrumenten sollte man tatsächlich nicht sparen - eigentlich wissen wir das!