Als glücklicher Besitzer einer Yamaha SV 250 war ich sehr gespannt, wie der Vergleich mit der etwas neueren Yamaha YEV 104 ausfallen würde.
Eines vorweg: Wer eine E-Geige sucht, die man ohne Verstärker direkt mit Kopfhörer spielen könnte (z.B. auf Reisen im Hotelzimmer), braucht nicht weiterzulesen, denn das kann die YEV 104 nicht. Wird die SV 250 mit einem zwingend zu nutzendem kleinen Vorverstärker geliefert, so ist das bei der YEV 104 nämlich nicht mehr der Fall.
Das kann man aber auch als Vorteil sehen, weil das 3,5-Klinkenkabel nun ohne Umweg direkt eingesteckt werden kann, wie bei jeder anderen E-Gitarre auch. Unter Umständen zieht dieses Kabel die YEV 104 aber ein bisschen nach unten, so dass ihr Gewicht etwas schwerer wirkt. Beim Spielen ist das jedoch kein Problem. Falls doch, könnte man auf einen Stecker mit Funksignal zurückgreifen.
Die SV 250 hat zwei Tonabnehmer, die man individuell abmischen kann, die YEV 104 hat nur einen. Der klangliche Vergleich beider Instrumente ist natürlich immer subjektiv und hängt wohl auch von der Wahl des Verstärkers ab. Bei meinem Vergleich handelte es sich um den Katana 50 von Boss.
Beide E-Geigen klingen sehr gut, aber charakterlich unterschiedlich. So fragil das dünne Möbius-Holzdesign äußerlich wirken mag – der Klang der YEV 104 ist mächtiger, direkter und voluminöser, die SV 250 dagegen filigraner, sensibler und einen Tick näher am realistischen Klang einer akustischen Geige. Dafür ist das störende Bogenwechselgeräusch – leider ein Symptom bei jeder E-Geige – bei der SV 250 deutlicher zu hören als bei der YEV 104.
Mir fiele es schwer, einen Favoriten zu finden. Es gibt keinen wirklichen „Sieger“. Das Musizieren macht mit beiden gleichermaßen viel Spaß. Darum werde ich auch beide behalten und auf eine von ihnen einen Bratschen-Saitensatz aufspannen.
Sollte das Preis-Leistungsverhältnis ein Entscheidungskriterium sein, so ist (abgesehen von dem Konstruktions-Mehraufwand zweier Tonabnehmer) nicht ganz nachvollziehbar, warum die SV 250 tatsächlich doppelt so teuer ist wie die YEV 104. Wer auf den Preis achten möchte, wird jedenfalls auch mit der YEV 104 sehr gut bedient werden. Wer unbedingt auf dem Prestige-Flagschiff von Yamaha besteht, kann nur zur SV 250 greifen.
Nachtrag:
Nach über 1 Jahr Praxiserfahrung muss ich sagen, dass die SV 250 doch die bessere Wahl ist, nicht nur klanglich, sondern v.a. weil meine Schulterstütze am ultradünnen Möbius-Körper nicht gut hält, sondern beim intensiven Spiel immer wieder abrutscht und herunterfällt, was mitten im Musizieren doch sehr stört.