Jeder Bass und sein Spieler brauchen individuell ihre Saiten, das ist weitgehend bekannt. Das Finden kann jedoch insbesondere bei Flatwounds eine kostspielige Angelegenheit sein. Vor allem, wenn man mehrere Bässe spielt. Auf dem Weg zum "Heiligen Gral" des optimalen Klangs und des besten Spielgefühls wird man um viele Euros ärmer und viele Erfahrungen reicher.
Auf meinem Harley Benton VS Fretless brachte ein Versuch, erst mal nur mit der G-Saite, nicht den gewünschten Erfolg. Der Sound war zwar gut, aber das erhoffte "Singen" fehlte. Hierfür sind auf diesem Bass die Chromes von D'Addario eindeutig besser geeignet.
Der Austausch mit den Fender Black Nylons auf meinem Dean EVO XM Bass war hingegen ein Erfolg. Vorher dunkel, fast schon dumpf, mit relativ geringem Output, danach mit ordentlich hohen Anteilen und erstaunlichem Druck und Sustain. (Die Fender sind gewiss keine schlechten Saiten, aber mit Humbuckern passen sie nach meiner Erfahrung nicht gut zusammen.) Jetzt hatte ich den breitbandigen und flexiblen Sound fast wie mit Roundwounds, zumindest erst mal auf der E- und A-Saite. Denn in meinem Satz hatte die D-Saite anfangs weniger Hochmitten als die anderen. Auch die G-Saite war klanglich etwas dunkler. Je nach Einstellung am Bass und am Equipment. Doch nach vielen Stunden des Spielens hat sich der Klang an die anderen Saiten weitgehend angeglichen. Das mit dem Einspielen bestimmter Fabrikate muss man halt von anderen Bassisten wissen oder selber herausfinden.
Dem Satz liegt eine klare und bebilderte Aufspann-Anleitung bei. Mir leuchtet die technische Logik zwar nicht ein, aber ich habe mich daran so gut ich konnte gehalten. Trotzdem ist mir die E-Saite an der Wickelachse gebrochen, zum Glück gerade noch innerhalb der violetten Umspinnung. Sie ließ sich daher trotzdem noch aufziehen und klingt tadellos. Schwacher Trost: Ich bin nicht der Erste, dem eine Cobalt-Saite beim Aufziehen bricht, wie ich in einschlägigen Foren gelesen habe.
Von Spielgefühl her haben für mich die .040 - .095 Saiten genau die richtigen Spannung und Elastizität. Geradezu erschrocken bin ich jedoch über die Haptik der Oberfläche, die sich für mich rau und "klebrig" anfühlte und z.B. Sliding (Glissando, Portamento) entschiedenen Widerstand entgegen setzte sowie Quietschgeräusche fast wie bei Roundwounds erzeugte. Wie lange meine Fingerkuppen einer spanabhebenden Tonerzeugung standgehalten hätten, habe ich gar nicht erst ausprobiert. Der Grund liegt aus meiner Sicht an den scharfen Kanten des Flachdrahtes, der nicht poliert ist. Dann hole ich das eben nach, sagte ich mir und ging mit einem weichen Schleifschwamm mit 400er Körnung darüber. Nun sind die Saiten glatt, dass es eine wahre Freude ist. Ich finde allerdings, bei dem Preis sollte eine Politur der Saiten durch Ernie Ball enthalten sein.
Beim Service von Thomann vertritt man den Standpunkt, dass diese Saiten so klingen, wie sie klingen und die Oberfläche haben, die sie haben, Fehler seien das nicht. Zur gebrochenen E-Saite gab es keinen Kommentar. Einzelne Saiten von Ernie Ball zu bekommen wäre als Sonderbestellung möglich, aber ich müsste mit einer Lieferzeit von gut vier Monaten rechnen.
Das mag alles völlig korrekt sein. Dass ich Saiten, die ich aufgezogen und auch noch bearbeitet habe, nicht zurückgeben oder umtauschen kann, liegt auf der Hand. Die raue Oberfläche ist für mich als Bass-Spieler ein klarer Fehler in der Konstruktion oder Fertigung, lässt sich aber beheben. Und ob der Bruch der E-Saite an dieser oder an mir lag, das werde ich wohl nie herausfinden. Die Saite funktioniert, bis jetzt. Einen Ersatz auf der Grundlage von Kulanz habe ich nicht eingefordert, er wäre aber ein echtes "Trostpflaster" für meine leidende Musikantenseele gewesen.
Ein Gefühl von sogenannter Kundenzufriedenheit will sich also bei mir nicht wirklich einstellen. Eher so etwas wie "noch mal Glück im Unglück gehabt" und "gut, dass ich mir ein Stück weit selber helfen konnte". Aber nochmal einen Satz dieser Saiten kaufen, dieses Risiko gehe ich wahrscheinlich nicht ein.
Ich hoffe, ich konnte mit meinem Erfahrungsbericht ein bisschen zur Orientierung im Labyrinth des Angebots an Basssaiten beitragen, als kleiner Beitrag auf dem Weg zum "Heiligen Gral" ;-).