Vor ein paar Wochen besuchte mich ein Kunde in meinem Laden (Motorrad.- u. Kfz.-werkstatt). Nach dem wir seine Belange abgeklärt hatten, erzählte er mir, daß er gerade sein E-Gitarren-Komplettset abgeholt habe.
Ich sagte nur: "Will ich sehen, hol mal rein."
Ich selber habe leider mit 15 (also vor 43 Jahren) das letzte mal gespielt.
Wir bauten es auf, und er fing an einzustellen und zu spielen.
Ich war sehr angetan, beäugte alles (Verstärker 20W, Hals verschraubt, Farbe blau, Verarbeitung mittleres Niveau) und fragte nach dem Preis.
Er: "schätz mal"
Ich: "Na ja, so um 1000€, aber nicht viel mehr"
Er: " Ne, die Hälfte" (Ich war von früher andere Preise gewohnt)
Jetzt hatte er mich angepiekst, wollte auch so etwas haben, aber seine Gitarre gefiel mir nicht, und somit war ich auch bereit, mehr auszugeben. Also gesucht, Thomann gefunden und auch gleich angerufen.
Erst hatte ich einen Verkäufer dran, dem ich meine genauen Vorstellungen mitteilte. Er sagte mir sofort, daß ich einen Fachmann benötige und stellte mich sofort zu ihm durch.
Diesem teilte ich als erstes mit, daß ich nach etwas Wertigem suche ("Geiz ist geil" ist nicht mein Ding).
Meine Vorgaben: Komplettset, geleimt, nicht geschraubt, Hals u. Korpus aus dem selben Holz, möchte überwiegend Solos spielen, gute Hochton-Griffmöglichkeit, nichts was ich in Zukunft wieder austauschen möchte, bin auch bereit entsprechendes Geld (aber kein Vermögen) auszugeben.
Er nannte mir ein paar wichtige Details, (die auch genau meiner Vorstellung entsprachen und gab mir eine Artikelnummer.
Ich fühlte mich sehr gut beraten, wir beendeten das (seht nett verlaufende) Gespräch und ich suchte sie auf der Seite von Thomann raus.
Doch dann: 329,00€..........???, der hat mich doch verar..........!!!
Ich war stinksauer, habe den Rechner ausgemacht und meine Pläne (auf die ich mich schon so gefreut hatte) wieder verworfen.
Das alles erzählte ich meiner Lebensgefährtin, sie fing an Bewertungen (ich später auch) über das Ding zu lesen.
Sie sagte: "Ich schenke sie Dir, was soll bei 329,00€ schon schiefgehen, wenn sie Schrott ist, schicken wir sie einfach zurück und fahre zu einem Fachhandel."
Ich: "Na gut, aber ich fahre nicht zum Fachhandel, da war ich schon, und die wollen mir immer das aufschwatzen, was ich gar nicht haben will."
Also am K-Freitag bestellt, und am Samstag immer noch nicht da: FRECHHEIT ;-)) !!!
Es ging sehr schnell, Dienstag nach Ostern war sie da.
Ich packte sie aus und der erste Eindruck war schon mal überraschend gut, alles sauber eingestellt, so gut ist kein Auto oder Motorrad lackiert, die Mechaniken einwandfrei, die Verarbeitung einfach klasse. Ich Habe sie dann an den mitgelieferten Verstärker gestöpselt und die ersten Töne entlockt, den Rest muß ich aber (nach 43 Jahren) wieder neu lernen.
Ich habe mir dann von zwei Bekannten (die Thomann bis dahin noch nicht kannten) Schützenhilfe geholt, sie probierten alles durch (so konnte ich schon mal miterleben, wie sie klingt, wenn einer richtig gut spielen kann), haben sie ausgiebig getestet und einer fragte mich nach dem Preis.
Ich: "Schätz doch mal"
Er: "Wird schwierig, habe 7 Stück und meine letzte (Fender) vor ca 10 Jahren gekauft, die ist auf keinen Fall besser. Ich denke mal so ab 1200 aufwärts"
Ich: "Ne 329"
Er war bereit mir sofort 400 hinzulegen und sie mitzunehmen, ich könne sie mir dann ja nochmal bestellen.
Ich habe dankend abgelehnt und ihm noch erzählt, daß der Verstärker dazugehört.
Noch mal zum Preis: Ich hätte auch mehr dafür bezahlt.
Vielen Dank an die Firma Thomann, die mich gut beraten und mir somit sehr viel Freude bereitet hat.
Ihr könntet das Ding ruhig etwas teurer machen, denn wer so gut arbeitet, der hat auch mal eine Lohnerhöhung verdient !
In diesem Sinne......................... ;-)
Nachtrag 07.12.2019:
Mittlerweile habe ich Backlocks von HB, drei Stringtrees und 11-49er Saiten montiert, die Bünde und das Griffbrett auf Hochglanz poliert. Sie ist jetzt wesentlich Stimmstabiler und klingt mit den neuen Saiten noch satter und voller. Das Tremolo funktioniert leider nur in eine (runter) Richtung, ist jetzt nicht dramatisch, benutze es eh kaum.
Da es nach 43 Jahren Abstinenz meine erste Gitarre war, fehlte mir eine Menge Fachwissen.
Mittlerweile habe ich fünf Gitarren :
HB CST24-T
HB ResoKing
HB BM75
HB Bausatz ST
Brian May Red Spezial
Ich war mi ihnen heute bei einem sehr kompetenten Gitarrenbauer der alle beäugte und untersuchte.
Die ResoKing und die BM75 waren perfekt.
Die anderen drei sind jetzt bei ihm:
Der Eigenbau bekommt einen Nullbund.
Die Red Spezial (keine von Thomann) ist eine Katastrophe: Halsspannstab lose, Nullbund zu flach, Saitenabstände im Sattel unregelmäßig und viel zu eng, Tremolo nicht Stimmstabil. Und das bei einem so teuren Gerät!
Die CST24-T hat mir immer leicht Probleme beim Greifen bereitet.
Der Gitarrenbauer hat sofort die Ursache gefunden:
Die G und die H Saite sind ca. 0,7 mm höher im Sattel als die anderen.
Der Saitenabstand im Sattel ist zu eng.
Das ist jetzt nicht dramatisch, weil ich sowieso einen Nullbund montieren lassen wollte, und ich bin auch fest davon überzeugt, daß die Fa Thomann das anstandslos richten würde.
Jetzt bekomme ich aber das was ich haben will, ich hätte es sowieso ändern lassen.
Ansonsten fiel das Urteil des Gitarrenbauers sehr gut aus, er wahr schlichtweg begeistert,
bezeichnete diesen kleinen Mangel als Peanuts und zeigte mir ein Original, dessen Kopie sie nunmal ansatzweise ist. Seit dem bin ich noch glücklicher damit.
Wenn sie fertig ist, ist sie dank der hervorragenden Substanz laut seiner Aussage besser als das Original und hat dann noch nicht einmal 400€ gekostet. Das Original kostet ein vielfaches und bedarf (wie ich selber an einer neuen gesehen habe) auch noch einiger gründlicher Nacharbeit.
Das Ding ist jeden Cent wert, auch mit kleinen Mängeln die Thomann bestimmt behoben hätte.
Es ist keine Billiggitarre, sondern eine hochwertige preisgünstige Gitarre die einen festen Platz im ganzen Leben eines Spielers verdient hat.
In diesem Sinne............ Jürgen
Nachtrag 23.01.2020:
Ich habe sie vor ca. 2 Wochen vom Gitarrenbauer zurückbekommen.
Für Sattel und Nullbund habe ich (inkl Arbeit und Material) 72,--€ bezahlt, daß finde ich sehr günstig.
Zuhause angekommen, habe ich sie sofort vorgenommen und komplett neu eingestellt:
Saitenhöhe (tiefe zu hohe E Saite = 1,8 zu 1,3 mm am 12. Bund) mit Radienlehre nach Griffbrettradius eingestellt.
Oktavenreinheit entsprechend nachgestellt.
Höhe der Tonabnehmer (ist bei Humbuckern einfacher als bei Singlecoils) eingestellt, und Dan die jeweils 6 Einstellschrauben an den Humbuckern erst gemäß Radius und dann am Amp feinjustiert.
Die Sustain und Klaneigenschaften sind jetzt um Welten von dem (schon wirklich guten) Serienzustand entfernt.
Gestern habe ich noch die Back-Box von Göldo (es werden alle drei Federn im Tremolofach benötigt) installiert und eingestellt, jetzt ist absolut stimmstabiles Tremolieren (etwas über eineinhalb Töne nach oben und runter bis zum Kollabieren) und Benden möglich.
Vielleicht unnötig, aber an meinen (egal was es ist) Gerätschaften hat alles so perfekt wie möglich zu funktionieren, sonst wird es ausgetauscht oder entfernt.
Die serienmäßigen Humbucker sind seit der Einstellung sehr gut und bleiben definitiv drin.
Kleine Zusammenfassung:
CST24-T 222,--€
Backlocks 39,--€
3x Stringtrees 2,85€
Nullbund 72,--€
Backbox 19,90€
Gesamtsumme 354,75€
Das Ergebnis, was dabei herauskommt, kann etliche, wesentlich teurere Modelle um Längen toppen.
Sie bekommt jetzt noch zwei weitere Potis und den Sechswegeschalter von Freeway, welches aber eher experimentelle Gründe hat und an sich wahrscheinlich unnötig ist.
Sollte dabei noch ein gut spürbares Ergebnis zu Tage kommen, werde ich es schreiben.
Meine Tunergene scheinen nicht nur im Motorsport zu funktionieren 😂🤐😎
In diesem Sinne. . . . . . . . . . Jürgen
Letzter Nachtrag 31.01.2020:
Potis, Knöpfe, Kondensatoren, Sechswegeschalter (ca 51,--€) und jede Menge Lötarbeiten.
Die ersten drei Wege sind Standard, die nächsten drei sind beide Pickups seriell in und out Phase und parallel out Phase, dazu noch Mastervolume plus Neckvolume und zwei getrennte Tonepotis.
Das Klangspektrum hat sich noch immens erweitert!
Ich habe allerdings noch andere Gitarren, die das vollends abdecken.
Da diese aber meine (nach 43 Jahren) erste war, wollte ich ihr einfach mal das Bestmögliche entlocken, was auch gelungen ist.
Wenn es jemand unbedingt will, kann er mit dieser Gitarre ein unheimlich breites Feld abdecken und somit viele Stücke (u. a. auch Solos von Pink Floyd) ausprobieren, was zu Anfang recht schwierig war.
Ich habe es zum Schluss noch etwas übertrieben und sündhaft teure Humbucker ausprobiert, man kann aber auch Perlen vor die Säue werfen.
Der Unterschied war so marginal, daß ich die serienmäßigen Pickups wieder eingebaut habe und sie werden auch drin bleiben, weil ich diese Unterschiede locker am Amp ausgleichen kann.
Wer so spitze Ohren hat, daß er das unbedingt haben will, sollte einfach noch die 51€ und viel Arbeit nachschieben.
Für alle Anderen:
Geht maximal bis zu letzten Schritt vor diesem letzten Nachtrag, dann habt Ihr eine fast unschlagbar gute Gitarre die sehr viel abdeckt und selbst Profis viel Freude bereitet.
Den letzten Schritt hake ich mal als funktionell aber auch als unnötigen Ehrgeiz ab.
Wer sie kauft, kann im Grunde nichts falsch machen.
Das wars!
In diesem Sinne. . . . . . . . . . . . . . Jürgen