Was kann man erwarten von einem Instrument dieser Preisklasse?
Wohl kaum perfekte Verarbeitung! Genauso wenig wie beste Bespielbarkeit und tollen Klang, akustisch wie elektrisch! Und dennoch....
Die Optik...
ist schon einmal gelungen, sieht echt gut aus das kleine Ding! Logisch dass man an schwer zugänglichen Stellen (in der Schnecke oder unter dem Griffbrett etwa) keine perfekte Polierung vorfindet, kommt ja keine Maschine dort hin! Aber das sieht man nicht gleich! Passt so!
Saitenlage...
Naja, zum Anspielen reichts, aber längere Zeit verursacht schon Schmerzen, da muss nachgebessert werden! Am Steg kein Problem, ist ja verstellbar, aber am Sattel muss gefeilt werden! Und Obacht, das Plastik dort ist weich und die Sattelfeile geht wie durch Butter und schnell ist man zu tief! Wenn das geschafft ist, dann kann man ganz gut drauf fiedeln, die Bundenden sind zwar rau und unregelmäßig, stört aber wenig!
Oktavreinheit...
Passt ab Werk nicht gut, lässt sich auch korrigieren, da man den ganzen Steg verschieben kann, das aber bitte bei gelockerten Saiten, sonst gibt es Kratzer auf der Decke...also wieder Arbeit!
Mechaniken...
Etwas schwergängig auch nach Nachschmierung, aber es geht so, immerhin kein Spiel und sie halten die Stimmung!
Klang...
Ich vergleiche jetzt einmal mit einer 15 Jahre alten koreanischen Fender Tropfen-E-Mando. Die klingt deutlich fetter, voluminöser und lauter, die Harley zarter, leiser, mit weniger Sustain, fast schon dünn. Rein akustisch hat die Fender eindeutig die Nase vorn, gegen ein akustisches Ensemble kommt man damit locker an, die HB kommt da einfach nicht nach vorne, da kann man reinhauen wie man will.
Elektrisch verstärkt sieht die Sache anders aus! Magnetische Pickups auf akustischen Instrumenten sind zwar billig, bringen aber keinen echt akustischen Sound rüber, es klingt immer zu mittig, wenig brillant, dröhnig usw. Weil die Harley Benton aber genau da ein Frequenzloch mitbringt, kommt am Ende ein viel schlankeres, helleres Klangbild zustande, an dem man weniger mit dem Pult-EQ korrigieren muss als sonst.
Hier geht jetzt die neue aus China in Führung!
Apropos "elektrisch": die Verkabelung war bei meinem Instrument völlig daneben - keines der Potis hat funktioniert, ein halber Meter Kabel liegt insgesamt überflüssig im Korpus herum, da hat wohl die junge Chinesin ihren ganzen Frust über unmenschliche Arbeitsbedingungen abgebaut (kann ich aber auch verstehen...). Also, ganze Elektrik durch das Loch für den Pickup raus, umlöten, Kabel kürzen und dann wieder alles einfädeln, viel Spaß bei dieser Fummelei!
Fazit:
Ein zwiespältiger Eindruck bleibt zurück, einiges gut, einige Mängel. Ich persönlich mag sie, aber ich hab auch Erfahrung, das nötige Werkzeug und den Ehrgeiz, diese Fehler zu korrigieren! Für Neulinge empfehle ich diese Mandoline nur bedingt, wenn man z.B. gleich den Besuch beim Spezialisten und die damit fälligen 50 bis 100 Piaster einplant. Kann sein dass ich ein Montagsgerät erwischt habe, allerdings nicht mit Fehlern die ich nicht selber in Ordnung hätte bringen können.
Trotzdem ist es erstaunlich, dass zu diesem Preis überhaupt ein solches Instrument herstellbar ist, deshalb geb ich auch 4 Sterne und kann grundsätzlich sagen: gut!