Der schwedische Hersteller Lindell Audio hat sich einen erstklassigen Ruf als „Neuerfinder“ legendärer Outboard-Klassiker gemacht. Technisch aktualisiert, kombinieren sie Vintage-Mojo mit der Zuverlässigkeit moderner Schaltungskonzepte. Und hier also LiNTEC anstelle von Pultec. Man wird sich sofort fragen, wieviel „Pultec“ in einem EQ ohne Röhren-Aufholverstärker stecken kann? Interessanterweise eine ganze Menge: Die Kombination aus hochwertigem Opamp und Übertrager ist immerhin in der Lage, einen sehr schön „runden“ Sound mit überzeugendem Vintage-Charme zu liefern – entsprechende Haptik inklusive. Die Tücken des Originals bleiben dabei außen vor: Keine Folgekosten durch ausgebrannte Röhren, identischer Sound von mehreren Units und natürlich die deutlich niedrigere Investition im Vergleich zum Original oder einem Röhren-Clone.
Der LiNTEC EQ ist ein passiver Mono-EQ mit zwei Bändern. Bedient wird er über acht Drehschalter bzw. gerasterte Potis. Das Tiefenband besitzt Einstellmöglichkeiten für Frequenz und – das Besondere am Pultec-Design – Anhebung und Absenkung derselben. Beim Höhenband funktioniert die Sache ähnlich, allerdings besitzen hier Cut und Boost getrennte Frequenzeinstellungen. Mit Bandwidth bestimmt man die Breite der beiden Filterbänder. Vervollständigt wird die Ausstattung mit einem großen VU-Meter, Bypass- und Powerschalter. Der Anschluss erfolgt rückseitig über symmetrische Klinkenbuchsen. Intern ersetzt eine Kombination aus OPA 1731 Opamp und Übertrager die Röhren des originalen Aufholverstärkers. Somit verspricht der LiNTEC eine verbesserte Transientenübertragung, weniger Rauschen und ein problemloses Stereo-Matching zweier Geräte.
Dank seiner außergewöhnlichen Klangmerkmale bietet sich der LiNTEC bestens an, um auf sehr einfache Weise „Vibe“ und „Charakter“ in die Klanglangschaft zu bringen. Zu den angenehmen Eigenschaften eines EQs auf Basis des Pultec-Prinzips gehört auch dessen Gutmütigkeit – man kann hier eigentlich nichts wirklich „falsch“ einstellen. Insofern profitieren auch weniger versierte Klanggestalter uneingeschränkt vom LiNTEC. Während die meisten (Hardware)-EQs mit diesem Funktionsprinzip aufgrund ihres exorbitanten Kaufpreises eher Profis vorbehalten sind, ist der LiNTEC auch für knappere Budgets, also etwa für Projektstudios oder sich selbst produzierende Musiker, realistisch. Im Idealfall ist sogar ein Stereopaar drin...
Lindell Audio wurde 2010 vom schwedischen Produzenten Thomas Lindell ins Leben gerufen. Als Resident-Producer der traditionsreichen Bohus Sound Studios in Göteborg hat er an zahlreichen Hit-Alben mitgearbeitet. Lindell Audio Produkte entsprechen Thomas' ganz persönlichen Anforderungen hinsichtlich Klang, Features und Bedienbarkeit – Recording-Equipment von Produzenten für Produzenten, so sein Wahlspruch. Nachdem zunächst Module für das API-500-Rack entstanden – locker an diverse Klassiker angelehnt – , fertigt Lindell Audio nun auch 19-Zoll-Geräte, die unübersehbar von Vintage-Legenden inspiriert sind. Neben hoher Qualität gehört ein vergleichsweise günstiger Preis zum Konzept von Lindell Audio. Gefertigt wird deshalb in China, die Entwicklung erfolgt in Schweden.
Der Sound eines Pultec-EQs gilt als überaus „musikalisch“. Damit einher geht eine typische und ausgeprägte Färbung des Signals, die gewollt sein muss und nicht immer in jeden klanglichen Kontext passen muss. Insofern ist ein EQ mit diesen Eigenschaften immer ein Spezialist – für bestimmte Instrumente und Sounds, denen er seinen unverwechselbaren Stempel aufprägen soll. Er wird also in den meisten Fällen ein eher neutral klingendes Setup bei Bedarf um Farbe und Charakter bereichern. Das ist sowohl während der Aufnahme – als Teil der Recording-Signalkette – als auch im Mix problemlos machbar. Dank der aktualisierten Schaltungstechnik lässt sich der LiNTEC EQ problemlos als Stereopaar betreiben und bietet sich als solches auch für den Einsatz in Mixbussen an. Man kann sich den LiNTEC sogar sehr gut als einziges Analoggerät (oder Gerätepaar) in einem rechnerbasierten Setup vorstellen.
Der originale Pultec EQP-1 von 1951 gilt als erster Programm-EQ der Musikgeschichte. Als passiver EQ erzeugt er Frequenzanhebungen ausschließlich durch das Absenken anderer Frequenzbereiche. Der damit zwangsläufig einhergehende Pegelverlust wird mittels röhrenbasiertem Aufholverstärker kompensiert – daher der (eigentlich nicht korrekte) Begriff des Röhren-EQs. Aus technischen Gründen besitzt das Tiefenband Cut- und Boost-Regler für die selbe Frequenz. Seinerzeit warnte das Manual vor gleichzeitiger Nutzung – nur um sofort von neugierigen Engineers ausprobiert zu werden. Die dabei entstehenden „Frequenzverbiegungen“ und Phasenauslöschungen – im Höhenband ganz ähnlich – bilden den sehr eigenen und anerkannt „musikalischen“ Pultec-Sound, der auch heute noch überaus beliebt ist. Zudem ist das beidhändige „Schrauben“ an den Cut- und Boost-Reglern eine typische Arbeitsweise und als „Pultec-Trick“ bekannt.