Wichtigstes Fazit vorweg - nach ein paar Tagen intensiven akustischen und elektrischen Spielens und Vergleichens: Die Cafe Cortado wird hier wohl einziehen.
Wichtigster Klang-Eindruck: Das ist eine solide Gitarre, die alles kann, was so eine Gitarre in diesem Preisbereich können soll. Sie hat keine eklatanten Schwächen, aber auch keine herausragenden Sweetspots. Wörter, die mir als Beschreibung einfallen: nüchtern, sachlich, robust, objektiv, vernünftig. Die Cafe Cortado bildet dein Spiel akkurat ab; die schenkt dir nichts, die verzeiht dir nichts, die beschönigt nichts.
Caveat: Die Cafe Cortado hat hier keinen leichten Stand: Als Vergleich dient eine Meistergitarre von Walter Vogt aus dem Jahr 1974, nachträglich mit einem Fishman Matrix Infinity VT ausgerüstet, die sehr lieblich und klanglich anschmiegsam sein kann. Ich spiele nicht mehr viel Klassik – meistenteils geht es um Gesangsbegleitung im Fingerstyle mit gelegentlichem Schraddeln und perkussiven Elementen. Die Neuerwerbung soll als Backup dienen und die Vogt vielleicht sogar später auf der Bühne ersetzen, weil ich die alte Dame nicht über Gebühr strapazieren will.
Als Verbesserung soll die Neue einen Cutaway und eine vielseitigere Klangregelung haben.
Ebenfalls gelegentlich zum – elektrischen - Vergleich herangezogen: Eine Godin Multiac.
So, jetzt etwas systematischer:
DESIGN und FEATURES: nix für Puristen, aber mir gefällt´s.
- Die Gitarre wirkt überraschend und angenehm leicht.
Monitorschallloch finde ich ne gute Sache.
Der Hals-/Korpus-Übergang ist sehr gelungen.
24 Bünde finde ich überflüssig, geradezu albern, zumal man da 1. trotz Cutaway eh kaum hinkommt, und 2. der Klang nicht mehr überzeugt.
Halsbreite 52mm ist genau richtig für mich.
Der Hals ist etwas dicker als ich es gewohnt bin, ich komme damit aber sehr gut zurecht.
Die Tuner laufen geschmeidig, mit wenig Spiel und guter Übersetzung.
Einziger echter Kritikpunkt: die Position des vorderen Gurtpins. Ohne Straplocks würde die Gitarre da sofort runterfallen, und mit Straplocks zerrt der Gurt am Pin. Ausserdem hängt die Gitarre weiter links als nötig und ist beim Spiel im Stehen kopflastig.
Hier werde ich auf jeden Fall schweren Herzens einen weiteren Gurtpin unten am Halsfuß anbringen.
Wo wir gerade bei Straplocks etc. sind:
ZUBEHÖR:
ein sehr guter Gurt mit Straplocks
ein stabiler Koffer (so im 100€-Bereich); mit den bekannten Sollbruchstellen (z.B. die Griffbefestigung, die dem Gewicht des Koffers wenig entgegenzusetzen hat). Ich selber bevorzuge mittlerweile leichte Styroporkoffer.
Armauflage, die ich als sehr angenehm empfinde (ich glaube allerdings nicht, dass sie den Klang merklich beeinflusst).
PREAMP:
an etwas ungewohnter Stelle (wegen des Monitor-Schalllochs), aber gut erreichbar.
Die Dreibandklangregelung ist effektiv und greift an praxisnahen Frequenzen an; die Regler sind allerdings, wie meistens, sehr klein und vor allem mit Fingernägeln und/oder im Dunkeln sehr schwer zu bedienen.
Tuner: funktioniert und hat ne gute Anzeige. Ich benutze aber lieber einen Cliptuner.
Phasendreher; macht, was er soll.
Leider kein Notch-Filter. Die Gitarre ist aber, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, sehr rückkopplungsunempfindlich.
KLANG:
- Habe ich ja oben schon z.T. beschrieben.
Was absolut positiv auffällt, ist die Dynamik. Da kann man auch richtig reinhauen, und die Cafe Cortado geht mit. Habe ich in dem Preissegment selten so überzeugend gehört.
Der Frequenzgang ist ausgewogen – da ist alles da.
Die Gitarre schwingt frei, die Vibrationen sind auch gut zu fühlen.
Mir scheint, dass der Sound aus dem Monitor-Loch noch etwas unnachsichtiger und auch tiefmittenlastiger als der von vorn.
Da schnarrt oder scheppert nix; allerdings ist die Saitenlage auch nicht die flachste. Vielleicht werde ich da auch mal einen niedrigeren Steg probieren – dann wär die Bespielbarkeit noch besser als sie ohnehin schon ist.
Ab Werk sind - relativ teure – Hannabach Carbonsaiten aufgezogen; ich glaube, dass die der Gitarre nicht gut tun, weil sie den Klang noch kälter machen. Ich zieh demnächst mal andere Saiten auf und berichte.
Die Elektrik verstärkt den Grundklang adäquat. Das kommt auch eher kühl daher. Ich dreh die Mitten etwas zurück, und hebe die Bässe ein wenig an, und dann wird’s schon geschmeidiger. Mit nem Preamp (ich nutze z.Z. nen alten Digitech 2120) ein wenig Kompression, ein bisschen EQ und etwas schönen Hall...und gut is. Der Dynamikumfang, bevor der Klang in die Knie geht, ist ähnlich beeindruckend wie unverstärkt
Wie gesagt: die Gitarre macht mir Freude, ich spiel gerne auf ihr (akustisch und elektrisch). Sie ist nicht – wie z.B. die Vogt – Material für die grosse Liebe; sie ist keine Muse, die mich zu neuen Ideen inspiriert, aber mir scheint, sie wird eine zuverlässige und gute Partnerin und Freundin, die mit mir durch Dick und Dünn geht. Ihren Humor muss ich noch besser kennenlernen.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ist meiner Meinung nach absolut angemessen.
Ich meld mich mit einem Update, wenn ich andere Saiten aufgezogen habe, wenn ich den Gurtpin versetzt habe, und – vor allem –, wenn sie zum ersten Mal mit auf der Bühne war (heute wär ne Gelegenheit gewesen, aber ich habe mich noch nicht getraut).