Nach welchen Kriterien sollten Sie nun Ihren Nahfeldmonitor auswählen?
Transparente Wiedergabe war schon immer das erklärte Ziel eines Studiomonitors. Leider gelingt es den Herstellern nicht immer, dieses Ziel adäquat zu erreichen. Nicht zuletzt ist das auch eine Frage des Preises. Sie können nicht erwarten, dass ein 200 Euro Lautsprecher das gleiche Maß an Transparenz erzielt, wie ein Modell für 2000 Euro. Dennoch sollte Audio-Transparenz eines Ihrer Hauptauswahlkritierien sein.
Wie bewerte ich nun aber die Transparenz eines Lautsprechers? Das Studieren der technischen Daten kann Ihnen zwar erste Hinweise geben (ein Monitor, der nur bis 100 Hz überträgt wird im Bassbereich nicht transparent klingen), letztlich sollten Sie die Entscheidung aber immer auf Basis eines Probehörens treffen.
Die beste Transparenz bietet Ihnen in der Regel nicht der Lautsprecher, der am spektakulärsten klingt. Diese Herangehensweise wäre ein typischer HiFi-Ansatz. Achten Sie viel mehr darauf, wie der Lautsprecher Ihnen bekannte Musik oder Instrumente wiedergibt. Spielen Sie z. B. selbst Klavier, wissen Sie vermutlich ziemlich genau, wie ein Klavier in natura klingen sollte. Nehmen Sie zum Probehören eine CD mit guten Klavieraufnahmen mit und vergleichen Sie die Wiedergabe. Sie werden erstaunt sein, wie unterschiedlich verschiedene Modell den Klang wiedergeben. Das Gleiche gilt natürlich auch für komplette Musikstücke, nicht nur Einzelinstrumente. Wählen Sie CDs mit Interpreten, die Sie besonders gut kennen. Auch so lassen sich gute Rückschlüsse auf die Transparenz eines Lautsprechers ziehen.
Auch der Platzbedarf spielt natürlich in der Praxis eine Rolle. Die beste Lautsprecherbox bringt Ihnen nur wenig, wenn Sie diese aufgrund von Platzmangel nicht optimal aufstellen können. Können Sie die Lautsprecher z. B. nur einen 70 bis 80 cm auseinanderstellen, machen größere Lautsprecher mit 8" Chassis einfach keinen Sinn. In diesem Fall müssen Sie den Kompromiss einer schwächeren Basswiedergabe eingehen und Monitore mit 5" oder 6" Tieftöner verwenden. Diese können Sie enger stellen und erhalten dennoch ein vernünftiges Klangbild.
Kaufen Sie Ihre Nahfeldmonitore im Rahmen einer Komplettanschaffung Ihres Homestudios, sollten Sie nicht zu wenig Budget für die Lautsprecher einplanen. Viele machen den Fehler, sehr viel Geld für ein edles Großmembranmikrofon einzukalkulieren, haben dann aber nur noch wenig Geld für ein gutes Paar Studiolautsprecher verfügbar. Dabei wird oft vergessen, dass die Soundqualität im Wesentlichen von dem bestimmt wird, was vor dem Mikrofon passiert. Eine kluge Positionierung des Mikrofons beeinflusst die Aufnahme deutlich mehr als das Mikrofon selbst. Um dies alles zu bewerten, bedarf es aber einer sehr guten Abhörsituation, die Fehler bei der Mikrofonplatzierung überhaupt erst hörbar macht. Ansonsten kann auch das High-End-Mikrofon die Aufnahme nicht mehr retten. Sie sollten daher immer die gesamte Signalkette im Auge behalten. Kaufen Sie statt eines sehr guten Mikrofons und eines schlechten Lautsprechers lieber ein gutes Mikrofon und einen guten Lautsprecher. Wollen Sie eine bestehende Abhöre ersetzen, sparen Sie lieber 3 Monate länger und kaufen das Modell, das Ihren Ansprüchen wirklich genügt und nicht den faulen Kompromiss. Die alte Weisheit "Wer billig kauft, kauft zweimal" trifft auf Lautsprecher besonders zu.
Auch wenn ein Studiomonitor grundsätzlich das Kriterium Audio-Transparenz erfüllen sollte, kann man dennoch unterschiedliche Prioritäten setzen, wenn man speziell für bestimmte Musikrichtungen produzieren möchte. Das steht nicht unbedingt im Widerspruch zur klanglichen Transparenz eines Lautsprechers. Mischen Sie vorzugsweise elektronische Musik, die in Clubs wiedergegeben wird, benötigen Sie Lautsprecher, die den Bassbereich besonders kraftvoll bis zu tiefsten Frequenzen wiedergeben können. Für klassische Musik ist eine druckvolle Basswiedergabe unter Umstände weniger wichtig, als eine besonders detailreiche räumliche Stereoabbildung. Fragen Sie sich selbst, was für Sie und Ihre Musik wichtig ist.
Ein neutrales Klangbild sollte Ihr primäres Ziel sein. Allerdings kann sich niemand völlig von seinem persönlichen Geschmack frei machen. Was für den einen glasklare Höhen sind, sägt kräftig an den Nerven des anderen und wird einfach nur als schrill empfunden. Letztlich ist die Hörempfindung eine sehr individuelle Angelegenheit. Dennoch sollten Sie einen spektakulären Klang eines Lautsprechers immer kritisch hinterfragen. Entspricht das Klangbild wirklich noch einem neutralen Ideal oder verzerrt er die Wirklichkeit hin zu einer beschönigten Klangästhetik?
Der richtige Studiomonitor ist derjenige, mit dem man vertraut ist. Doch wer mit dem Mischen erst anfängt, muss sich früher oder später mit einem Modell anfreunden und seine Abhöre intensiv kennen lernen. Man sollte dabei die Tipps von Fachleuten in Bezug auf Aufstellung und Einsatzspektrum beherzigen. Die Hauptsache aber: Man sollte seinen Monitor von Herzen mögen ...