Hallo Musikfreunde,
da mein Kawai sich gerade beim Doktor befindet, brauchte ich schnell Ersatz um meinen wirklich guten Klavierlehrer übungstechnisch angemessen befriedigen zu können. Meine Wahl fiel auf das günstige Thomann DP-28 Plus; meine ersten Erfahrungen möchte ich gern schildern, wobei ich auf eine ausufernde Wiederholung der hier ja hinreichend dokumentierten technischen Daten weitestgehend verzichte.
Lieferung
Das neue Thomann DP-28 Plus kommt in einer recht schmucklosen Verpackung, die das Piano aber hinreichend schützt. Hier wurde nicht an der Sicherheit im Versand, sondern am Müll gespart. Recht so. Wie immer war die Lieferung schnell (übernächster Werktag) was in Coronazeiten eine stramme Leistung ist.
Ich möchte an dieser Stelle Thomann ein Lob dafür aussprechen, dass die Firma ihre musikalischen Kleinode DHL anvertraut. Sie werden wissen, warum Sie das tun und falls nicht: Ich weiß es! Sollte einer der Typen mit den Laptops bei Ihnen rumnöhlen, dass man ja so viel sparen könnte, wenn man den Versand…. Verweisen Sie ihn einfach des Büros.
Erster Eindruck
Die erste angenehme Überraschung beim Zubehör ist die Tatsache, dass das Piano mit einem richtigen Sustainpedal daherkommt, dessen Polarität sogar umschaltbar ist. Das ist – auch bei teureren Stagepianos - nicht selbstverständlich. Mein Pedal verlang beherztes zutreten, soll es haben, das Gute.
Ausgepackt macht das Piano durchaus etwas her. Schlichte Eleganz (quasi wie das kleine Schwarze, geht ja immer). Mattschwarz, mit schönen runden Bedienknöpfen deren Leuchtringe freundlich beim Anschalten aufblinken. Brillanz und Lautstärke sind als Drehregler, mit fühlbarer Neutralstellung, gehalten. Find ich gut.
Hinter einer schlichten Gitterabdeckung verbergen sich die dezent an der Oberseite angebrachten Lautsprecher. Das Piano wirkt wie aus einem Guss und kann seine Herkunft aus dem Hause Medeli nicht verleugnen.
Sehr erfreulich sind die beiden Kopfhöreranschlüsse (6,3 mm Stereoklinke und 3,5 Miniklinke) die zudem leicht erreichbar an der Vorderseite angebracht sind.
Die Tastatur
Gewichtete Hammertastaturen gibt es viele, die beim DP-28 ist sicherlich eine der besseren Sorte. Ich muss sagen, das hätte ich für unter 400 € nicht erwartet. Das Tastenfeeling kommt zwar nicht an eine Ivory Feel Tastatur, beispielsweise eines Roland FP-30, heran, aber das DP-28 Plus ist ja nun auch mal schlappe 220 € (oder 58%) preiswerter und punktet an anderer Stelle. Wieder erfreulich ist die Möglichkeit die Anschlagdynamik anzupassen. Das geschieht sinnvollerweise mit der App „PianoToolbox“ auf die ich später eingehe.
Alles in allem ist die Tastatur gut spielbar. Nach einigen Tagen des Spielens ist sie mir richtig angenehm geworden
Sound
Die Sounds sind für ein Piano dieser Preisklasse gelungen; sie sind in der App vielseitig anpassbar und es macht wirklich Spaß mit der App an den Sounds herumzuspielen. Das DP-28 Plus stellt 25 Sounds aus den Bereichen Piano, E-Piano, Keyboard, Synth und Sonstige (Glocken, Bass, Gitarre) zur Verfügung die sich mittels der App auch layern lassen.
Die Lautsprecher sind völlig ok, wobei das DP-28 Plus (wie alle Stagepianos mit eingebauten Lautsprechern die ich kenne) seine Klangfülle erst über Boxen oder auch Kopfhörer ausspielt. Trotzdem ist der Sound auch über die integrierten Lautsprecher mehr als passabel.
Bedienung
Ich konnte es kaum erwarten über die App zu schreiben. Die läuft auf Smartphones und Tablets aus dem Android- und dem iOS-Universum. Soll ja inzwischen jeder so etwas besitzen.
Das erste was mir aufgefallen ist als ich die App „PianoToolbox“ im Playstore gefunden habe (man muss es in einem Wort schreiben) war die Tatsache, dass sie selbst mit meinem älteren Galaxy Tab mit Android 4.4 kompatibel ist.
Das zweite, was mir auffiel: Nie habe ich eine Bluetooth-Verbindung einfacher herstellen können. Klick and Connect sozusagen und die App will auch keinen Zugriff auf meinen Standort, Konto und Blutgruppe. Bravo! Sind App und Piano erst einmal Freunde (und das sind sie schnell) bleiben sie Freunde. Kein lästiges Wiederverbinden, das mich bei anderen Pianos genervt hat.
Die App ersetzt die komplette Menübedienung, alle Knöppe bis auf Lautstärke und Brillanz und sie macht einfach Spaß.
Wie bereits kurz erwähnt kann man mit der App die Sounds auswählen und einen zweiten Sound als Layer hinzufügen. Bei den Flügeln sind die Einstellmöglichkeiten vielfältig. Sehr gut finde ich die Möglichkeit die Dynamikkurven in sechs verschiedenen Einstellungen anzupassen. Auch die Einstellungen für Pedalgeräusch, Hammergeräusch, Flügelöffnung, Saitenresonanz ermöglichen, nein sie fordern geradezu dazu auf, Klang und Ansprechverhalten des Pianos individuell anzupassen und zu experimentieren. Natürlich gibt es auch Hall und Chorus, beides in Stufen einstellbar. Auch bei den anderen Instrumenten stehen Hall und Chorus zur Verfügung, bei Tasteninstrumenten (z. B. EPianos) natürlich auch die Dynamikanpassung.
Einen zweiten Sound aus einer anderen Instrumentengruppe zu layern macht Spaß und man bekommt geschmackvolle bis schräge Sounds hin. Als alter Romantiker lege ich immer mal gerne ein paar Strings leise unter den Flügel…. Ja ich gestehe ich steh auf so etwas. Aber auch Flügel + EPiano macht richtig Laune.
Natürlich kann man die liebevoll zusammengebastelten Sounds auch in insgesamt 16 Speicherplätzen abspeichern.
Statt die Sounds zu layern kann man die Tastatur splitten, also den unterschiedlichen Sounds unterschiedliche Bereiche auf der Tastatur zuweisen.
Was ich echt witzig fand war, dass die Einstellungen vom Piano, wenn man es über die Taster bedient, in der App in Echtzeit sichtbar sind (und umgekehrt).
Die Bedienung des DP-28 Plus über die App macht einfach Freude. Sie ist bühnentauglich weil alle Menüpunkte als Kacheln oder Bild dargestellt werden. Da reicht selbst für mich Blindfisch ein Handy aus ohne dass ich die Brille aufsetze. Die App ist sehr intuitiv, nach einigen Minuten hat man so ziemlich alles begriffen.
Tipp am Rande: Einfach die App mal herunterladen und anschauen. Man sieht so auch vor dem Pianokauf, was alles damit möglich ist und wie einfach vieles möglich ist.
Mein Fazit
Trotz schon einiger guter Reviews, unter anderem die von „Pianoo“ auf YouTube, war ich skeptisch. Aber ich muss sagen: Das Teil ist wirklich so gut wie in den Tests beschrieben.
Beim DP-28 Plus, finde ich, ist alles ist einfach gut, ansprechend und solide. Und die Bedienung über die App bietet auf einfachste Weise die Möglichkeit, das Piano auszureizen. Wer sich jemals durch die Einstellungen anderer Pianos mittels Tasten geklickt hat weiß, wie schnell man da die Lust verliert.
Für deutlich unter 400 € bekommt man ein wirklich gutes …. Ja was ist es denn nun? Ich finde Einsteigerpiano schon fast unangemessen. Sagen wir: Ein schickes, solides, toll zu bedienendes, kompaktes, Digitalpiano, das zudem mit seinen nicht einmal 13 Kg Lebendgewicht noch transportabel ist.
Wer mehr verlangt, der muss deutlich mehr zahlen.
Daher volle Punktzahl in allen Belangen, immer im Hinblick auf Preis/Leistung.