Bei vielen Thomann single-cut Form-Cases ist der ansonsten übliche Polsterkeil unter dem Body beim Hals/Korpus-Übergang nicht vorhanden, bzw. nur in abgeschwächter Form. Und genau deshalb habe ich auch auf dieses Case zugeschlagen. Die alte Höfner 164, die in meinem Fall in den Koffer kommt, passt wie angegossen, auch wenn’s eine „Double-Cut“ ist. Den headstock-unterstützenden Polsterkeil braucht man vielleicht für Epi LPs, wo die Hälse gerne an der Stelle brechen – ich brauch ihn nicht und er ließ sich rückstandslos mit Testbenzin raus operieren (=mehr Platz für Zubehör).
Ich habe mich im vorliegenden Fall für die tapezierte Koffer-Variante in Tweed entschieden, da die von vielen Usern ewig nachgeplapperte Kritik, dass die günstigen schwarzen Thomann Tolex-Cases alle „stinken“ würden, Hersteller-seitig zu Folgendem geführt hat: Es wird hier bereits so wenig Kleber verwendet, dass bei Thomann Cases das Tolex oft nur noch auf’s Sperrholz GELEGT (!) und nicht einmal mehr verklebt wird, somit luftig-lustig auf dem Holz flattert und nur noch ggf. durch die Endkappen bzw. die hardware zusammengehalten wird.
Ich habe hier in jüngster Zeit annähernd ein Dutzend Cases gekauft, und KEINES davon – egal, ob Gator, Rockcase oder auch Thomann - hat auch nur irgendwie „gestunken“ oder musste tagelang „auf dem Balkon ausgelüftet“ werden. Auch dieses Tweed Case riecht maximal nach dem neuen Plüsch-Interieur, aber sicher nicht nach Lösungsmittel (Thomann’s schwarze Tolex Cases sind neuerdings in Bezug auf die geringe Menge des verwendeten Klebers aber doch einen kritischen Gedanken wert). Jeder Kunde, der sich also bei Gitarrenkoffern über sogenannten "China-Duft" beschwert, leistet insgeheim seinen Beitrag dazu, dass sich die Qualität von China Günstig-Koffern alles andere als verbessern wird.
Zum vorliegenden Case ist zu sagen: Natürlich kriegt man für 89EUR keine Verschlüsse, die nicht von selbst aufgehen - 2 davon waren bereits bei Anlieferung offen, und auch wenn sie hübsch „gülden“ sind, die sind ein sagenhaftes Klumpert. Allerdings ist es Konstruktions-bedingt - bei Montage einer vernähten Stoßleiste am Deckel – oft gar nicht möglich, dass ein somit zwangsläufig stufig montierter Verschluss genügend Feder-Vorspannung entwickelt, um betriebstauglich geschlossen zu bleiben. Mit 4,77kg zählt dieses durchaus robuste Case auch sicher nicht zu den Leichtgewichten. Beladen mit einer amtlichen US-LP, noch aus richtigem Instrumentenholz gebaut: 9kg Gesamtgewicht.
Fazit: Es ist also eher ein „Wohnzimmer-Case“, und ganz sicher nix für unterwegs, denn spätestens beim ersten Kratzer aus’m Bandbus herrscht Heulen und Zähneknirschen. Aber es ist gut, passgenau, insgesamt hübsch, wirklich robust gebaut (bis auf die leidigen Verschlüsse) und - preiswert. Vielleicht wird’s noch ein Zweites…
Update Mrz 2024:
Beim zweiten Exemplar dieses Koffers waren bei Anlieferung VIER (von 5) Verschlüssen offen. Es ist dringend angeraten, das Case im Transport-Fall abzuschliessen.