Mit dem Ikarie-Filter habe ich eine Weile geliebäugelt, war allerdings nicht sicher, inwieweit dieser tatsächlich meine kleine Filtersammlung ergänzen würde.
Ich habe mich vor allem wegen der beworbenen Vielseitigkeit der Funktionen entschieden, zuzugreifen:
- Stereobetrieb mit simultaner Kontrolle beider Filter
- Mono-Möglichkeiten wie das Selfpatching von 12 db/oct hin zu 24 db/oct sowie Twin-Peak-Filterung
- Autofilter/Wah mit abgreifbarem Hpllkurvenfolger (3 Reaktionsgeschwindigkeiten wählbar)
- Integrierter VCA über beide Filter
- Spread- u. Pan-Mode (Cutoff u. Amp steuerbar) zwischen den beiden Filtern
- flexibler Bandpass über den "Beyond"-Ausgang
- Integrierter Overdrive bis 5-facher Verstärkung des Eingangssignals
- "DJ-Style" Cutoff zwischen Lowpass gegen den Uhrzeigersinn sowie Highpass mit dem Uhrzeigersinn
- zusätzlicher V/Oct-Eingang für melodisches Spiel der Selbstresonanz
Mit den hier so lieblos aufgezählten Merkmalen lassen sich sehr viele unterschiedliche Sounds erzeugen, oder eben "einfach" im Backend des Systems die Stereosumme in einer Performance filtern. Die Video-Dokumentation des Herstellers weist hier einen sehr guten Überblick auf, daher verweise ich an dieser Stelle zu passendem Content (auch auf der Bastl-Website gut gelistet)
Mein Eindruck ist sehr positiv, weil ich gerade den Overdrive in Verbindung mit der Resonanz sehr mag und mich auch über einen "Gratis-Envelope-Follower" sehr freue. Spielereien mit Formaten sind mit dem Filter sehr leicht umsetzbar und führen zu spannenden Ergebnissen. Dabei macht gerade der Spread-Modus sehr viel für spannende Drone- und Ambient-Patches sowie Acid-Sounds und lässt sich nett steuern.
Bei einigen Filtern bin ich kein Fan der Resonanz, hier empfinde ich sie als ausgewogen und gleichzeitig sehr flexibel. Durch die Auslegung mit "Zwei-Wege-Cutoff" von Low- zu Highpass entstehen spannende Soundverläufe.
Bastl wirbt, dass alle Elemente zusammenwirken: Das kann ich nun selbst tatsächlich auch nachvollziehen. Es macht die Bedienung sehr viel experimenteller, manchmal sogar leicht herausfordernd. Das liegt aber vor allem daran, dass ich hier im Prinzip mehrere Module zusammengelegt vorgesetzt bekomme. Gerade das Overdrive, der Hüllkurvenfolger sowie die Resonanz machen hier viel Transformationen aus und wollen erst einmal richtig kontrolliert werden. So lässt sich das Filter sehr ansprechend "pingen" und auch mit Volt/Oct sequenzieren.
Wer auch visuell ein wenig auf das Modul schaut, wird feststellen, dass das Panel selbst an vielen Stellen lichtdurchlässig ist und hier unter anderem die Aktivität des Env-Followers/Mod-Input (normalisiert) visualisiert wurde und auch rund um den Cutoff-Poti die Sterne einfach nett aussehen.
Natürlich gibt es auch immer Abstriche, welche ich nicht unerwähnt lassen möchte:
1) Keiner der Bedienelemente hat eine gerasterte Mittelstellung (ich merke auch keinen "elektronischen Notch"), sodass eine Nullstellung erfühlt werden muss, was bei Normalisierungen wie dem Hüllkurvenfolger>Cutoff-Mod nicht immer vorteilhaft ist, insbesondere wenn der Ikarie "einfach mal nur filtern" soll.
2) Abgesehen von "Mod" (Cutoff-CV) sind keine Attenuator/Attenuverter den CV-Funktionen vorgeschaltet, stattdessen werden die Regler (z.B. Resonanz oder Spread) selbst zu (teilweise invertierbaren) Abschwächern, was bei vielen neueren Modulen nicht mehr so typisch ist.
3) Die Resonanz via Fader zu lösen ist zwar dem "One-Hand-Filter-Control"-System geschuldet und damit sehr auf Performances ausgelegt, ich wäre dennoch mit einem Poti glücklicher geworden, denn ich finde Fader oft staubanfällig und i.d.R. auch etwas zu wacklig für Feineinstellungen.
Trotz der hier geäußerten Kritik am Design und somit an der Bedienung bin ich vom Filter in Punkten wie Sound und Vielseitigkeit sehr begeistert und kann ihn unter Beachtung der genannten Kriterien wirklich empfehlen.