Eventide H90 Harmonizer

Ich war zunächst skeptisch, allerdings war die Vorstellung, gleich zwei Algorithmen mir Overspill(!) verwenden zu können, zu verführerisch.
Und tatsächlich, der Klang und die Vielseitigkeit der Algorithmen sind grandios. Natürlich sind die meisten der Presets ein wenig "over the top", aber mit ein wenig Übung lassen sich schnell Effekte nach eigenen Vorstellungen programmieren, die ein wenig dezenter sind. Die Bedienung und Programmierung über das eigentliche Modul ist eine PITA, das merkt mach schon, wenn man sich die Reviews auf YT anschaut. Aber die mitgelieferte Software macht es echt einfach, wenn man erst einmal die Grundstruktur und -funktionen des Geräts begriffen hat.
Übrigens ist das H90 wirklich nicht einfach nur zwe H9 in einem Gehäuse. Und vor allem die beiden Steuerspannungseingänge kommen mir als Synthesisten sehr gelegen, waren am Ende auch der eigentliche Grund, das H90, das ja nicht gerade billig ist, zu behalten. Die Einbindung in meinen Serge Modular über all die Anschlüsse ist einfach klasse.
Also, eigentlich volle Punktzahl, aber für die m.E. verwirrende Bedienung über das Frontpanel dann doch einen Punkt abzug.

zunächst die guten Seiten: Unheimlich gute Effekte. Letztlich ist das ja auch die Philosophie des Geräts, wenig gleichzeitig, dafür gut. Die Effekte sind definitiv auf studio Qualität.

Verarbeitung ist top. Wirkt alles Edel und stabil, Wärmeentwicklung hält sich in Grenzen. Lediglich das Netzteil wirkt billig (wie irgendwie üblich bei solchen Pedalen), wird bei mir aber eh durch ein CIOKS Netzteil ersetzt, mir also egal.

Die Bedienung per PC ist sehr einfach, wenn man sich ein paar Minuten damit auseinander gesetzt hat.

Nun die wirklich ärgerlichen Sachen. Kleinigkeit vorweg: warum center-positiv Netzanschluss?! Warum müssen Hersteller eigentlich in solchen Sachen von der Norm abweichen und so absichtlich das Risiko herbeizaubern, dass man ein so teurer Gerät kaputt macht weil man die Polarität übersieht? (für CIOKS Nutzer: das Grüne Kabel nehmen!).

Dann: die Bedienung ist umständlicher als es sein muss. Wenn man von Grund auf neue Presets erstellen will, muss man zunächst die User Liste wechseln. Da muss man auch erst drauf kommen.

Latenz. Das Gerät soll bei zwei FX 5ms Latenz haben. Für Digitale Effekte absolut im Rahmen (gerade bei dermaßen aufwendigen FX wie hier!), das Problem entsteht aber dann, wenn sich mehrere Digitale Latenzen im Setup aufsummieren - bspw. modeler oder ampsim, Funkstrecke etc.. Bei einem dermaßen teuren Gerät wie hier erwarte ich, dass das Dry Signal Latenzfrei weitergegeben wird (Latenz auf Reverb ist i.d.R. gar nicht schlimm, wenn das Dry signal keine Latenz aufweist). Doch nicht beim Eventide. Um Latenzen zu vermeiden habe ich mit Splittern einen eigenen Dry Thru gebastelt, aber das ist wie gesagt beim Preis des Eventide ein absolutes Unding.

Kein Globaler EQ. Klar, das Ding hier ist ja, dass das Gerät immer nur zwei FX gleichzeitig fährt. Aber wäre es denn wirklich so aufwendig, einen einfachen Global EQ oder zumindest einen Low/ Highcut mitzuliefern? Manche Reverbs die unfassbar toll klingen werden leider bei 200hz boomy, was dann den FoH ärgert. Es wäre toll bei diesem Preis, wenn ich diese Frequenzen intern im Pedal entschärfen kann. So sind leider manche Effekte live nur schwer nutzbar, wenn man nicht noch einen EQ (am besten einen teuren, midi gesteuerten damit vollautomatisch) hinterhängen möchte.

Fazit: Ich behalte es dank der tollen FX, aber eigentlich ist das Gerät zu teuer für die unnötigen Limitierungen und Fehler.

Nachtrag: der H90 ist nun in professionellen Bühnenalltag mehrmals eingefroren. Zwar selten genug als dass es kein Grund wäre das Gerät deshalb wieder los zu werden, aber dennoch nervig. Daher einen weiteren Stern Abzug.

Die Sounds des H90 sind für mich von allerhöchster Qualität. Ob für Live oder Studio, mit dem H90 liegt man aus meiner Sicht soundlich nie falsch. Ich vermisse die App fürs IPad, die es beim H9 gibt. Aber sie kommt hoffentlich noch. Fürs Einarbeiten habe ich etwas Zeit gebraucht, selbsterklärend ist das Gerät nicht. Jetzt aber klappt alles gut. Die Verarbeitung stimmt, das ‚große‘ Display ist, verglichen mit dem H90 klasse. Auch die vielen Buttons und Regeler erleichtern ein schnelles tweaken von Sounds.

sind die Effektsounds des H90. Alleine die Werkspresets zeigen, was das Gerät kann, bzw was damit möglich ist. Davon abgesehen sind die Routingoptionen der helle Wahnsinn, Flexibilität pur.
Klar ist, dass man mit einem Effektprozessor dieser, der höchsten, Kategorie, erst mal "Freundschaft schliessen" muss, sprich, es benötigt Zeit, sich mit dem Gerät zu beschäftigen, auszuprobieren und dabei, in meinem Fall, immer wieder total begeistert zu sein.
Die Bedienung am Gerät verlangt Übung, dann klappt es recht intuitiv, mit der H90 Control-Software ist es ein Leichtes, "spielerisch" aus den Werkssounds nutzbare Klänge zu erarbeiten.
Dabei ist die schiere Fülle der Möglichkeiten Einfluss zu nehmen mit Sicherheit für den Einen, oder die Andere erst mal over the top...
Man kennt diese Fülle der Möglichkeiten von den allermeisten Bodenpedalen und Effektgeräten in dieser Form nicht, daher....Zeit investieren und immer wieder erstaunt sein.
Die Effekte, der Klang, einfach das Gesamtpaket sind für Leute, die Sounds erstellen wollen...perfekt.
Für mich ist das H90 DAS Soundwerkzeug, ob mit der E-Gitarre, dem Bass oder mit dem Mikrofon, perfekte Soundqualität.
Ein kleiner Punkt, der mich stört ist, das die Control-Software auf meinem Windows 11-Laptop stellenweise aus unerfindlichen Gründen abschmiert, ich gehe aber davon aus, dass evtl. die installierte ESET-Software was damit zu tun hat, werde das Programm nochmals runterziehen und neu installieren.
Mit der E-Gitarre fahre ich das H90 im Effektweg eines ENGL Savage 120 und habe dabei festgestellt, dass man a) je nach Kanal am H90 das Input Gain anpassen muss und dass b) dies ebenso bei Nutzung von verschiedenen Gitarren der Fall ist.
Ist in meinem Fall nicht negativ zu bewerten, da ich hauptsächlich Homerecording betreibe und so keine Livesituation mit mehreren Umschaltungen vorliegt, den Versuch werde ich aber noch durchführen, da es ja auch als livekompatibel beworben wird.
Denke es liegt eher an mir, als am Gerät, werde die große Bedienungsanleitung noch herunterladen und mich einlesen.

Fazit: Effekte der allerhöchsten Qualität zu einem leicht gehobenen Preis, der vom umfassenden Nutzen des Gerätes aber rehabilitiert wird.

Empfehlung für Klangbastler und Soundgourmets, wer stecken und einen Gig spielen will, ohne sich mit dem Gerät zu beschäftigen, ist hier falsch, dafür gibt es andere Effektgeräte.
Dieses ist ein vollprofessionelles Studiotool mit Extraausstattung!

Nachtrag: Mit dem Update auf die aktuelle Softwareversion läuft die H90-Control jetzt stabil...jetzt machts erst richtig Spass... !