Dies ist meine zweite SC-Special nach einer Yellow Ausführung, dieses Mal in Faded White und die 12. Harley Benton Gitarre insgesamt.
Optik
Eigentlich bekommt man bei jeder Harley Benton B-Stock Qualität, auch wenn man den regulären Preis bezahlt hat. So finde ich auch bei dieser Gitarre einige Dellen unter dem Lack, Flecken auf dem Griffbrett, Schleifspuren im Lack auf der Rückseite, Kratzer auf dem Pickguard trotz Schutzfolie und eine zerkratzte Pickup Kappe, da die Schutzfolie darauf irgendwie zerflettert wurde. O. K. die PU Kappe soll ich nachgeliefert bekommen.
Empfindlich sollte man als Käufer dieser Modelle nicht sein.
Hardware
Die ist durchwegs brauchbar.
Die Mechaniken arbeiten zufriedenstellend und halten die Stimmung.
Die (Full Size) Potis verrichten ebenfalls ihren Dienst klaglos, lassen sich angenehm bedienen, nicht zu leicht, nicht zu schwergängig.
Die Wraparound Bridge ist funktional und ermöglicht die Einstellung der Intonation für jede Saite.
Die Roswell Pickups haben etwas mehr Output als Vintage konforme P90, was mir aber entgegenkommt.
Natürlich gibt es bessere Hardware Komponenten und wer will kann da auch aufrüsten. Ich bin jedoch der Ansicht, mit der vorhandenen Hardware lässt sich gut leben, spielen und arbeiten.
Verarbeitung und Konstruktion
Die Fertigungsschwankungen sind bei allen Harley Benton Gitarren erheblich. Da ich grundsätzlich bei allen neuen Gitarren unterschiedlicher Preiskategorien immer das volle Optimierungs-Setup vornehme, lassen sich die meisten Probleme damit auch beheben.
Der Sattel dieser SC-Special ist nicht sauber und optimal gekerbt und die tiefe E-Saite klemmt zudem in der Kerbung fest, was Stimmprobleme nach sich zieht.
Die Bundoberflächen sind zwar sehr rau, dafür sind jedoch die Bundenden zufriedenstellend zum Griffbrettrand abgerichtet. Beim ersten Anspielen höre ich bei mäßig eingestellter Saitenhöhe keine scheppernden Bünde. Für normale Ansprüche reicht das.
Nach dem Test mit dem Stew Mac Fret Rocker lassen sich dann aber doch schnell die Bünde finden, die unterschiedliche Höhen aufweisen. Und da macht auch diese Harley Benton keine Ausnahme.
Deshalb richte ich die Bünde immer nochmals exakt und sauber ab und da ich auch die Bundkanten gerne verrundet und die Bünde blitzblank poliert haben will, sind dies die nächsten Arbeitsschritte. Bei dieser Gelegenheit poliere ich vorher auch das Griffbrett nochmals richtig glatt und öle es anschließend. Auf diese Weise hat sich dann auch das Thema der schwarzen Finger erledigt und die jetzt glatte Griffbrettoberfläche bremst nicht mehr schnelle Läufe.
Wie bereits bei der letzten SC-Special schleifen die Potiknöpfe auch bei dieser auf der Korpusoberfläche. Daher demontiere ich die Potis, nehme die gezahnten Beilagscheiben auf der Potiachse raus, löte gleich noch an jeden Volume Poti ein Treble Bleed Kit an und baue sie wieder ein. Jetzt kommen die Potis ca. 2 mm weiter aus der Fräsung und die Potiknöpfe schleifen nicht mehr auf dem Body. Da die Potiknöpfe auf den Potis wackeln, umwickle ich die Potiachsen oben mit etwas Klebeband und drücke die Knöpfe danach wieder auf die Achsen.
Die Höhe des P90 Bridge Pickups zu den Saiten lässt sich bei diesem Modell nicht zufriedenstellend justieren. Deshalb schneide ich einen passenden Moosgummi Block so zurecht, dass der Steg PU weiter nach oben kommt und nun die Pole Pieces ca. 2 bis 3 mm unter den Saiten liegen. Das funktioniert jedoch wiederum nur mit längeren PU Schrauben, die ich mir bereits bei der letzten SC-Special für diesen Zweck angeschafft hatte.
Bei der vorangegangenen SC-Special konnte ich die Intonation nur noch näherungsweise einstellen, nachdem ich die Konterschrauben links und rechts am Steg ganz hineingedreht hatte, der Steg sich dadurch maximal von den Stegbefestigungsschrauben weg nach hinten entfernt hatte und ich die Saitenreiter auch bereits ganz nach hinten bis zum Anschlag eingestellt hatte. Der Grund dafür waren falsch gesetzte Fräsungen für die Stegbefestigungsschrauben, die zu weit Richtung Hals gebohrt wurden. Ein vorheriges Ausmessen mit dem Lineal hätte Wunder gewirkt.
Das passte bei dieser SC-Special besser, dafür wurde der Hals in einem zu großen Winkel Richtung Steg nach unten eingeleimt, was zur Folge hatte, dass ich selbst bei maximal bis zur Korpusoberfläche heruntergedrehtem Steg keine optimale Saitenlage einstellen konnte.
Ja die Harley Benton Modelle sind immer wieder für Überraschungen gut!
Fazit
Nach all meinen Überarbeitungen und Optimierungen lässt sich dann auch diese SC-Special geschmeidig spielen, wenn auch die Saitenlage für meinen Geschmack unveränderlich etwas zu hoch eingestellt bleiben muss.
Die Gesamtkonstruktion klingt perkussiver und knackiger als die vorherige Ausführung in Yellow und entschädigt für all die anderen Einschränkungen.
Die Roswell P90 Pickups machen ihren Job gut und ich sehe keinen Grund diese zu wechseln. Ich kann auch die Argumente anderer Käufer nicht nachvollziehen, dass sie quäkig oder harsch klingen sollen. Zum Glück gibt es ja ausreichend Alternativangebote von Seymour Duncan und Co.
Alles in allem gibt es auch bei dieser Harley Benton für mich keinen Grund zum Jubel, denn einige Mängel konnte ich mit eigener zeitraubender Nachbearbeitung abstellen, andere sind konstruktionsbedingt unveränderlich.
Trotzdem mag ich diese Gitarre, weil sie einfach ein schnörkelloses, gut klingendes und schickes Arbeitstier ist, dem ich so manche Unzulänglichkeiten einfach verzeihe.