Zunächst ein paar Details, die in den Rezensionen recht widersprüchlich beschrieben werden, und mich auch etwas verunsichert haben (gilt für die Black Tribute vom April 2021):
1: Der Hals ist nicht gelb lackiert oder pseudo 'roasted', wie einige hier beschreiben und wie es auf manchen Videos zu sehen ist! Der gelb lackierte Hals war wohl ein (fragwürdiges) Merkmal einer früheren Baureihe. Der einteilige (!) Hals ist einfach nur helles naturbelassenes Ahorn und sieht verdammt gut aus!
2: Das Schlagbrett ist einlagig, aber von üblicher Dicke und Stabilität. Die Kanten sind sauber abgeschrägt. Auch hier gab es Abweichung bei früheren Modellen (mehrlagig, keine abgeschrägten Kanten, zu dünn und instabil).
3: Die Brücke entspricht exakt der hier abgebildeten. Genaue Bezeichnung dieser Bauart weiß ich nicht, sieht jedenfalls massiv und stabil aus.
Okay, nun zur eigentlichen Beschreibung:
Die Gitarre sieht sehr gut aus, der schwarze Korpus (auch das Schlagbrett ist schwarz) kontrastiert sehr schön mit dem hellen Ahornhals. Das Finish des Lacks ist perfekt. Kann man nicht anders sagen; keine Kratzer, keine Poren oder Nasen, keine durchscheinenden Stellen oder Unebenheiten... wirklich fehlerlos. Da habe ich selbst bei weit teureren Gitarren schon ganz andere Lackarbeiten gesehen.
Alle Schrauben, egal ob Vorder- oder Rückseite, insbesondere auch die Schlagbrettschrauben sitzen absolut fest und gerade (ein häufig bemängeltes Detail). Und ob nun die Anzahl und der Abstand der Schlagbrettschrauben vom Vorbild abweicht ist mir so was von wumpe... die sitzen gerade und fest, und darauf kommt's an.
Auch an den Mechaniken gibt es nichts auszusetzen, sie hakeln oder springen nicht, sie laufen satt und halten die Stimmung gut.
Das Vibrato ist das klassische synchronisierte Vibrato mit 6 Schrauben und massivem Block. Der Hebel wird nur eingesteckt und von einer Rundfräsung gehalten, nicht eingeschraubt, hält aber die Position. Bei eher dezentem Einsatz verstimmt sich da gar nichts. Selbst kräftige Divebombs erfordern kaum Nachstimmen. Meine alte Original Strat verstimmt sich schon, wenn man den Wimmerbalken nur böse anschaut.
Die Potis laufen satt und rund ohne zu kratzen. Ein wenig schwergängig, aber das ist mir lieber, als diese Leichtläufer, die sich schon beim Klopfen auf den Korpus verstellen.
Die Pickups sind sauber und gerade eingesetzt, auch die Höhe der Polepieces stimmt. Die Abdeckkappen sehen, wie auch die Potis, etwas nach billigem Plastik aus. Kann man durch Austauschteile verschönern, ist aber Jammern auf hohem Niveau.
Die verchromte klassische Strat Kabelbuchse sitzt bombenfest (ich erwähne das nur, weil ich schon Gitarren für 1000 Goldstücke ausgepackt habe, wo mir die Buchse entgegen fiel).
Der Sattel ist nicht das übliche billige Plastikteil, sondern tatsächlich ein TUSQ-Sattel wie beschrieben.
Hals und Griffbrett sind aus Ahorn, einteilig, und mit direkt ins Holz eingesetzten Bünden gefertigt; es gibt kein separat aufgeleimtes Griffbrett. Das ist auch der Grund für den 'Skunk Stripe' auf der Halsrückseite; hier wird in eine Ausfräsung der Halsstab eingesetzt und das ganze anschließend dekorativ abgedeckt. Hals und Griffbrett sind völlig naturbelassen (und das ist wörtlich zu nehmen, aber dazu später mehr). Auch hier gibt es optisch nichts zu bemängeln. Astlöcher oder sonstige Fehler im Holz konnte ich keine entdecken. Der 'Skunk Stripe' ist sauber eingepasst.
Die Enden der Bünde sind sauber abgerichtet, keine scharfkantigen Stellen oder ähnliches. Die Bünde selbst allerdings... doch dazu später mehr...
Das Spaltmaß bei der Halsverschraubung am Korpus ist... praktisch nicht vorhanden. Da passt keine Zeitungsseite zwischen. Ich hab schon wesentlich teurere Gitarren gesehen, wo man zwischen Hals und Korpus eine ganze Zeitung hätte reinschieben können.
Die etwas großen V-förmigen Seitenniederhalter könnte man vielleicht gegen das Original oder Rollen-Niederhalter austauschen. Auch das aber nur Jammern auf hohem Niveau.
Den Klang habe ich nur an einem alten Fender Combo und am Simplifier mit Kopfhörer oder Monitoren getestet. Die Roswells klingen erwartungsgemäß 'strattig', fast schon 'über strattig'. Der klassische Strat Twäng ist sofort präsent. Im Vergleich dazu klingt die alte Original Strat fast mumpfig. Ob das jetzt tatsächlich der Klang der legendären 'Black Strat' ist, kann ich nicht sagen, mir gefällt der Sound jedenfalls richtig gut. Einfach sehr viel Strat. Auch Schalter und Potis funktionieren tadellos.
Und was die Werkseinstellung betrifft: ich besitze mehrere HB Gitarren. Vielleicht hatte ich da einfach Glück, aber meistens waren Saitenlage und Bundreinheit ordentlich eingestellt. Hier nicht. Hier ist sie... perfekt! Doch, wirklich: ausgepackt und... jou, passt. Für mich gibt es da wirklich nichts zu verbessern. Ob das allerdings die Regel ist, wage ich bei der bekannten Serienstreuung der HB Gitarren zu bezweifeln.
Also alles in allem ein rundum Sorglos Paket? Eine richtig gut gelungene Gitarre zum moderaten Preis? Leider nicht:
Schutzfolie (wie kann das ein Problem sein?):
Wie üblich sind auch bei der Black Tribute Schlagbrett, Tonabnehmer und rückseitige Abdeckplatte mit Schutzfolie abgeklebt. Dass man bei der ein oder anderen gut verpackten Gitarre mal die Potiknöpfe abziehen muss, um die Folie rückstandsfrei zu lösen, war mir nicht neu. Dass man allerdings die Potis komplett abschrauben muss, hingegen schon! Die Folie sitzt tatsächlich unter den Unterlegscheiben der Poti Muttern! Ohne die Muttern zu lösen, bekommt man die Folie nicht rückstandsfrei ab!
Die Pickups sind, obwohl von der Schlagbrettfolie bereits abgedeckt, noch mal selbst in Folie verpackt. Und das ist wörtlich zu nehmen: Die Pickups stecken komplett in einer Hülle aus Plastikfolie. Und auch diese ist nicht rückstandsfrei zu entfernen, ohne... richtig, die Pickups rauszuschrauben, bzw. das gesamte Schlagbrett! Geht's noch? Es scheint, als hätte man im Werk einfach die Pickups mitsamt ihrer Verpackung eingebaut.
Also, ein bisschen Friemelei sind wir ja alle gewohnt, aber das ist ärgerlich und gibt einen Punkt Abzug bei Verarbeitung.
Hals und Griffbrett:
Der Hals: wie beschrieben ist der einteilige helle Ahornhals naturbelassen. Und fühlt sich beim ersten Anfassen auch genauso an. Die Halsrückseite ist zwar glatt und anscheinend irgendwie behandelt, aber fühlt sich trocken an. Das Griffbrett scheint völlig unbehandeltes Rohholz zu sein. Rau und spröde. Furztrocken. Sehr unangenehm beim Spielen. Mein erster Gedanke war, mit den üblichen Pflegemitteln da ran zu gehen. Aber Ahorn und Lemon Oil oder ähnliches? Lieber nicht.
Interessanterweise gibt sich das aber nach ein paar Tagen 'Standzeit'. Nach ein paar Tagen hatte ich beim Hochnehmen der Gitarre aus dem Ständer das Gefühl, als sei der Hals nunmehr irgendwie eingeölt. Keine Ahnung, mit was das Ahorn da behandelt wurde. Schwitzt der Hals da nach einiger Zeit was aus? Ist das normal bei einteiligen Ahorn Hälsen?
Und irgendwann stellt sich auch ein angenehmes, sogar richtig gutes Spielgefühl ein. Aber das dauert.
Die Bünde:
Katastrophal kratzende Bünde! Selbst bei deutlich teureren Gitarren gibt es hier und da kratzende Stellen oder Unreinheiten der Bünde. Da mach ich mir aber keinen Kopf, das spiel ich einfach weg. Nach ein, zwei Stunden Spiel ist das verschwunden. Aber hier? Jeder, wirklich jeder einzelne Bund schabt und kratzt zum Steinerweichen. Nach dem Auspacken und ersten Anspielen hab ich die Gitarre gleich wieder in den Karton gelegt. Die geht zurück. Das geht gar nicht...
Aber okay, packen wir sie noch mal aus. Und spielen ein paar Takte. Hm, schau an, der 7. Bund kratzt ja gar nicht mehr, und der 12. auch nicht... tatsächlich verschwindet das Kratzen so nach und nach vor allem durch intensives Bending. Aber allein durch 'Abspielen' ist das eine langwierige Geschichte, da empfiehlt sich doch gleich das Abschleifen der Bünde.
Fazit:
Das Schutzfolien Drama werte ich mal als Ausrutscher. Der anfangs trockene Hals hingegen scheint ein ganz spezielles Merkmal zu sein. Aber die kratzende Bünde gehen gar nicht. Die Black Tribute ist auf keinen Fall eine Anfänger Gitarre. Ein Einsteiger wird bereits an der Folie scheitern, mit dem Hals nicht klar kommen und mit den Bünden schon mal gar nicht. Das ist keine 'Auspacken und Freuen' Gitarre. Sie braucht Zeit. Und Arbeit. Aber wer sich darauf einlässt bekommt eine Gitarre mit dem gewissen Extra, die gut klingt, klasse aussieht und (nach einiger Zeit) prima spielbar ist.