und ihr Name ist Source Audio? Digital und Rock, passt irgendwie nicht zusammen, oder doch?
Um es kurz zu machen, ich bin zwiegespalten:
Der Sound und die Möglichkeiten dieses Geräts sind überragend und suchen ihresgleichen.
Ich selbst besitze eine relativ große Sammlung analoger Verzerrer aus den letzten 50 Jahren und dieses kleine billige digitale Pedal kann praktisch jeden meiner Lieblingssounds nachbilden. Die App und die Einstellmöglichkeiten werden wirklich nur durch die Erfahrung und die Fähigkeiten des Benutzers beschränkt. Einen grundsätzlichen Unterschied zwischen digital und analog vermag ich hier nicht mehr zu hören. Allenfalls die Tatsache, dass das Source Audio Gerät bei korrekter Einstellung selbst bei brachialer Verzerrung nicht rauscht, vermag ihn im Blindtest vielleicht zu verraten.
Also alles super? Nein, leider nicht.
Das Bedienkonzept ist so umfangreich, dass es eine gewisse Einarbeitungszeit bedarf, um ansprechende Ergebnisse zu produzieren. Und die schier grenzenlosen Einstellmöglichkeiten führen naturgemäß dazu, dass auch viele weniger erbauliche Sounds eingestellt werden können. Es gibt beispielsweise eine mittelgroße Online Community, die ihre abgespeicherten Ergebnisse in der App mit anderen Usern teilt und das klingt für meine Ohren fast alles minderwertig. Die Factory Presets sind da schon etwas besser, aber wer zu richtig guten Ergebnissen kommen will, muss wohl oder übel selbst in die Niederungen der Programmierung hinabsteigen, das Bedienkonzept verinnerlichen und in wochenlangen Sessions und aufwendigen A/B Vergleichen mit seinen geliebten Originalen die Sounds entsprechend nachbilden. Das ist harte Arbeit und macht zumindest mir keinen Spaß.
Am Ende konnte ich zwar fast alle Klassiker unter den Distortionpedalen virtuell nachbauen, aber die Sounds sind dann eigentlich auch nur in der App. Im Pedal lassen sich nämlich insgesamt nur 6 Sounds abspeichern, davon aber nur 3 exakt so wie man sie zuvor in mühevoller Kleinarbeit mit der Software gestaltet hat (sog. Preset Mode, LED leuchtet rot). Im Standard Mode (LED leuchtet grün) lassen sich zwar auch drei Sounds abspeichern, aber diese werden unmittelbar durch die tatsächliche Stellung der vier Hardware Regler des Pedals (Drive, Level, Clean, Tone) beeinflusst, sodass die vorherige sorgfältige Programmierung in der App völlig umsonst war. Hoffentlich handelt es sich dabei nur um eine Kinderkrankheit oder eine Schnapsidee durchgeknallter Programmierer, die mit einem der nächsten Updates abgestellt wird.
Insofern hat man bei einem Gig tatsächlich nur einen einzigen nutzbaren Sound zur Verfügung, wenn man sich nicht ständig bücken will, um den Minitoggle zu bemühen (dann hat man immerhin drei Sounds im Preset Mode). Mit dem optionalen Toolbox Tap Schalter kann man immerhin mit etwas Trickserei zwischen zwei Sounds umschalten. Wirklich sinnvoll erscheint deshalb nur die Anschaffung von Neuro Hub und Soleman Foot Controler, welche rund 400,- Euro zusätzlich kosten würden! Ein derartiger Kostenaufwand wiederum macht nur Sinn, wenn man auch andere MIDI fähige Geräte einbindet (z.B. Gemini Chorus und Nemesis Delay) und schon kosten drei digitale Pedale mit MIDI Switcher rund 1.100 Euro. Da wird die Luft dann doch sehr dünn und die Konkurrenz sehr groß.
Fazit: Großartiges innovatives Effektgerät, welches vom Sound und den Einstellmöglichkeiten momentan ziemlich konkurrenzlos ist. Man muss jedoch bereit sein, sich auf das komplexe Bedienkonzept mittels App einzulassen und gehörig schrauben, um ans Ziel zu gelangen.
Leider hat Source Audio es verabsäumt, wenigstens ein paar dieser hochwertigen Sounds auch über das Gerät selbst direkt nutzbar zu machen. Letztlich kann man tatsächlich nur einen einzigen Sound im praktischen Live Betrieb nutzen, was wirklich eine Schande angesichts der theoretischen Möglichkeiten ist. Andere Firmen wie etwa Electro Harmonix haben es vorgemacht, wie man auch bei sehr preiswerten Gerätschaften bis zu vier Sounds abspeichern und wieder per Fuß abrufen kann. Daran sollte sich Source Audio mal ein Beispiel nehmen und die Dinge weniger elitär und nerdig, aber dafür praxistauglicher angehen! Im Ergebnis ist die Source Audio One Serie aus meiner Sicht also leider nicht wirklich ausgereift. Schade! Hoffen wir also auf den nächsten großen Wurf in ein paar Jahren…