Trebble-Booster vor einem guten Röhrenamp, mehr braucht man für einen guten Gitarrensound nicht. Präsenz, Durchsetzung, Kompression, Attack, Sag, Biss und Singen lässt sich damit alles fein steuern.
Am Bass ist im Prinzip der Kompressor das entsprechende Werkzeug. Nur leider viel komplizierter, weil er alles alleine machen muss. Mit Trebblebooster und Röhrenamp läuft das interaktiv und intuitiv, Gain und vielleicht noch Tone reicht. Ein entsprechender Umgang mit den Parametern eines Kompressors ist eine Kunst für sich, und nicht unbedingt musikalisch-intuitiv, wenn man für jede kleine Änderung an diversen Stellschrauben drehen muss.
Der Spectracomp ist schon aus der Box mindestens Angesichts des Preises in puncto Sound und Rauscharmut absolut überzeugend. Mit den Toneprints sollte wirklich jeder was finden. Bessere Kompressoren gibt es sicher, aber mit denen muss man auch erst mal umgehen können und sie bezahlen.
Pedale mit nur einem Regler haben immer einen besonderen Reiz. Nur bedeutet das bei Kompressoren halt auch nur ein Parameter und das hat seine Grenzen - im Gegensatz zum Trebble-Booster/Tubeamp, bei dem ein Gainregler viele Parameter steuert. Und genau so funktioniert der Spectracomp. Auf dem einen Regler können maximal 3 Parameter mit eigenen Steuerkurven liegen. Die Toneprints nutzen genau das. Damit wird dann der Sound auf einem Reglerweg gleichzeitig fetter, lauter und in den Höhen knackiger. Oder weicher und fetter und dunkler.
Einzige Kritik, unbewertet weil das für nahezu alle Pedale gilt: Warum gibt es immer noch keine Stromversorgung über USB?
Fazit: Als fertiges Pedal ein Preis-Leistungs-Hammer. Dieses Konzept ist eine Liga für sich. Hier werden alle Möglichkeiten der digitalen Signalbearbeitung genial auf ein Minimalpedal abgebildet.
Postscriptum: Mit dem kostenlosen Toneprint-Editor verlassen wir die Regionen normalsterblicher Low-Cost-Pedale. Er läuft unter Windows und Mac, Linux und Virtualbox Windows-VM geht einwandfrei. Damit kommt man an alle 34 (!) Regler und die 3 Regelkurven für den einen physischen Drehregler. Die Software ist eher unansprechend, aber sie funktioniert, und die Möglichkeiten sind irgendwo zwischen traumerfüllend, unfassbar und zu viel. Unübersichtlich oder unklar finde ich sie nicht, die Parameterbezeichnungen sagen schon aus, worum es geht. Was allerdings nicht bedeutet, dass man damit klar kommt.
Schade, aber auch verständlich ist, dass TC nur in die eigenen Templates, nicht aber die Custom-Toneprints Einblick gewährt. Zumal letztere wohl auch noch andere Effektwürzungen enthalten. Von den Templates aus kann man wirklich alles regeln, was zum eigentlichen Pedal gehört, und im laufenden Betrieb testen (nach Änderung am Regler drehen). Ist der Wahnsinn und kann einen auch in selbigen treiben. Für mich, was ich immer gesucht habe. Analoge, nichtlineare Interaktivität mit digitaler Kontrolle. Das hier gebotene in ein Analoggerät zu packen führt ganz schnell in fünfstellige Preisbereiche.
Als Tipp zum Einstieg. Template auswählen, dann zusätzliche Reglerkurven aktivieren und damit spielen. Ich steuere auf einem Regler (mit abgeschaltetem Auto-Makup-Gain) Bass-Gain, Gesamt-Gain und Kompression. Damit komme ich vom leichten Bass-Boost ganz ohne Kompression über noch mehr Bass bei steigender Kompression und am Ende des Regelwegs werden die Bässe wieder reduziert bei steigendem Gesamt Gain. So liegen Welten auf dem Regler, mit vielen Sweet Spots. Geht man an die Übernahmefrequenzen, öffnen sich nochmal neue Welten. Knee habe ich auf 100% gestellt, also ultraweich, mehr wie eine Rohrenkennlinie, denn ein Kompressor, und auch Kompression auf maximal 1:2