In fast allen Tests, die ich vor dem Kauf der Jazzmaster XII gesehen habe, wurde die Gitarre so sehr abgefeiert, dass der Eindruck entstehen konnte, es handle sich um ein absolutes Top-Instrument zum unschlagbaren Preis. Dass das so nicht ganz der Realität entsprechen kann, sollte man sich jedoch vor der Kaufentscheidung bewusst machen, sonst läuft man Gefahr, von der Jazzmaster enttäuscht zu werden. Ich möchte mich daher im folgenden um eine neutrale Rezension bemühen.
Mein Interesse weckte das Instrument, weil es in Fenders Sortiment einen wahren Exoten darstellt: 12-saitige E-Gitarren sind an sich schon sehr speziell und gehören keineswegs zu Fenders Standardmodellen. Zwar hat Fender in den letzten 20 Jahren immer mal wieder 12-Saiter im Angebot gehabt, zum Beispiel in Form einer Neuauflage der ursprünglich 1965 vorgestellten Electric XII. Eine Jazzmaster in dieser Konfiguration hat es allerdings noch nie gegeben. Die Gitarre ist also aufgrund dessen schon ziemlich einzigartig!
Rein optisch macht die Jazzmaster mit ihrem Offset-Korpus im dezent glitzernden Lake Placid Blue und der beeindruckenden Kopfplatte natürlich richtig was her und fühlt sich darüber hinaus was die Verarbeitung angeht sehr gut an. Sie ist trotz der großen Kopfplatte nicht übermäßig kopflastig und auch an der Intonation und Saitenlage war meiner Meinung nach nichts zu bemängeln.
Nun aber zum wichtigsten Kriterium: dem Sound.
Ich spiele die Jazzmaster über einen '65 Deluxe Reverb Reissue, dem ich manchmal noch ein schlichtes Pedalboard mit Chorus, Delay und dezentem Overdrive vorgeschaltet habe. Die Jazzmaster klingt gut, jedoch nicht mehr als das. Leider lässt sie in meinen Ohren ein wenig die Brillianz vermissen, die für den Klang einer 12-saitigen Gitarre eigentlich so charakteristisch ist. Das wird dadurch begünstigt, dass die Tonabnehmer insgesamt etwas unausgewogen klingen. Meist habe ich den Tone-Regler fast voll aufgedreht, um einen zu dumpfen Klang zu vermeiden. Der Halstonabnehmer klingt deutlich besser als der Stegtonabnehmer. Letzterer ist meiner Meinung nach nur in Kombination mit dem Halstonabnehmer verwendbar. Letztlich hat man also, was die Regler an der Gitarre betrifft nicht sehr viel Spielraum, wenn man einen brauchbaren Sound anstrebt. Vielsaitig bedeutet eben nicht automatisch auch vielseitig. Trotzdem macht das Instrument viel Spaß und inspiriert dazu, anders zu spielen als man es gewohnt ist. Ob einem das 400€ wert ist, muss letztlich jeder für sich entscheiden, aber überteuert ist die Gitarre sicher nicht. Empfehlenswert ist es übrigens auch, die Gitarre mal mit Kapodaster zu spielen, wenn man einen in der passenden Größe besitzt.