eigentlich spiele ich Ibanez, Jackson und Yamaha Superstrats an Marshall Verstärkern. Jetzt sollte es aber auch mal ruhiger zugehen und so habe ich mich auf die Suche gemacht nach einer klassischen Single-Coil Strat, die auch an einem cleanen Verstärker (Vox bzw. Fender) gut klingt. Und da ich noch nie eine (fenderige) Strat besessen habe, habe ich mich auf die Suche gemacht und Squier Classic Vibes und Fender Player Strats verglichen. Den Fokus habe ich dabei auf den "süßen" Klang beim Solieren im Bereich um den 12-ten Bund gelegt, sowie der guten Abbildung offener Akkorde.
Leider muss ich sagen, dass die mexikanischen Fender (obwohl besser verarbeitet) dabei nicht überzeugt haben und sofort ausgeschieden sind (ist aber Geschmackssache). Also je eine 50er, 60er und 70er Classic Vibe mit vor den (vornehmlich) cleanen VOX AC 15 und los gehts...
und ich traue meinen Ohren nicht. Ich dachte, dass alle 3 ziemlich gleich klingen müssten, weil ich irgendwo mal gelesen habe, dass die gleichen Pickups verbaut sind und der Rest nur Optik sein soll - dem ist aber ganz und gar nicht so:
Die 70er klingt recht dumpf und hat kein besonders gutes Sustain, als läge eine Decke darüber (Pappel-Korpus / Lorbeer-Griffbrett - gefällt mir gar nicht).
Die 60er klingt dunkel, betont die tieferen Frequenzen mit gezähmten Höhen (Nato-Korpus, vergleichbar mit Mahagoni / Lorbeer-Griffbrett - gefällt mir gut für crunch, nicht so für clean).
Die 50er klingt hell, offen und artikuliert mit schlanken Bässen und gutem Sustain (Kiefer-Korpus / Ahornhals inkl. Griffbrett - gefällt mir ausgesprochen gut für clean und ganz leicht angezerrtes).
Den Eindruck, den ich beim trockenen Anspielen hatte, bestätigt sich nun tatsächlich vor dem Amp.
Wer hätte gedacht, dass ich mal ein Fan von Kiefer-Gitarren werde (IKEA lässt grüßen). Meine Wahl ist klanglich auf die 50er gefallen!
Jetzt aber zur Verarbeitung bzw. Qualität der Bauteile:
Das billige Tremolo ist eigentlich unbrauchbar. Das scheint man auch bei Squier zu wissen und hat daher die Federn so stramm gezogen, dass der Versuch es in Bewegung zu versetzen mit einem verbogenen Jammerhaken endet. Macht aber nichts, ich benutze es bei dieser Strat ohnehin nicht. Hätte es eine optional eine Fixed Bridge mit String thru Aufnahme á la Telecaster gegeben, hätte ich diese gekauft. Dem Schwingverhalten hätte es zudem gut getan.
Die Mechaniken sind (zumindest bei meiner Gitarre) schlecht. Teilweise dreht man eine viertel Umdrehung und es passiert - nichts. Außerdem haben die Tuner sehr viel Spiel, so dass man immer (wie bei den billigeren Gitarren der 80er) von tief nach hoch stimmen muss. Versucht man es andersrum, entspannt sich die Saite beim Spiel und nach 3 Minuten klingt alles krumm und schief (Yamaha kann das übrigens deutlich besser - zum selben Preis).
Weiterhin reiben die H und E Saite so stark unter dem String-Tree, dass sich die Tonhöhe beim Stimmen grundsätzlich in Sprüngen verändert.
Auch die Sattelkerben sind offenbar zu eng und beklemmen die Saiten stark. Als erste Hilfe muss hier also ein neuer String-Tree her und der Sattel nachgearbeitet werden (IKEA lässt schon wieder grüßen). Mal sehen, ob die Tuner dann besser arbeiten und sich die Gitarre danach nicht mehr ständig verstimmt (wohlgemerkt: ohne jegliche Tremolo-Unterstützung und nur mäßigen Bendings).
Die Bünde sind ordentlich abgerichtet, die Bearbeitung der Bundkanten geht in Ordnung, der Hals ist gerade, die Lackierung in der Fläche okay, lediglich an der Halstasche etwas ausgefranst und es gibt zwei kleinere Verfärbungen (aber wer guckt im Halbdunkeln schon so genau). Die Gitarre kam okay eingestellt bei mir an, so dass man eigentlich direkt loslegen könnte.
Was mich aber stört ist dieser dick lackierte Hals (ich meine nicht das lackierte Griffbrett - das stört auch bei Bendings und Slides in keiner Weise - sondern die Rückseite). Mit schwitzigen Fingern beginnt der Hals zunehmend zu "bremsen" und die Zielgenauigkeit leidet hörbar. Mag sein, dass das Gewohnheit ist, weil auf meinen "schnellen" Gitarren satinierte Hälse verbaut sind. Ich warte mal ab, ob ich mich daran gewöhnen kann - falls nicht hole ich einfach das Schleifpapier aus dem Keller (warum erinnert mich hier alles an IKEA?).
Kann ich die Gitarre also empfehlen? Im Prinzip ja, wenn man genau diesen Klang sucht. Die Bespielbarkeit ist jedoch nicht so ganz "barrierefrei". Out of the Box kann sie bei manchem Anfänger für ordentlich Frust sorgen, weil sie schlecht zu stimmen ist, die Stimmung nicht hält und mit ihrem lackierten Hals die Bewegungen der linken Hand eher behindert als unterstützt. Aber bei den unzähligen Youtube Videos zu "wie mache ich meine Squier Gitarre bespielbar" kann man schon erahnen, dass zu diesem Preis ein eher "unfertiges" Produkt geliefert wird. Mit ein bisschen Nacharbeit bekommt man aber eine toll klingende Gitarre, die ganz gut bespielbar ist. Die Pickups in Kombination mit den verwendeten Hölzern sind für clean bis leicht angecruncht eine sehr gute Kombination.
Wer als Anfänger eine billige Gitarre haben möchte, die "out of the Box" frustfrei funktioniert, dem sei eher die Pacifica-Serie von Yamaha empfohlen (die beste Billig-Gitarre die ich besitze ist tatsächlich die Yamaha Pacifica 311 H - absolut stimstabil, hochwertige Komponenten, super verarbeitet splitbarer Humbucker und tolle, vielfältige Klangmöglichkeiten - und noch dazu billiger).