Nachtrag: enorme Serienstreuung kostet Punkt. Siehe unten....
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Für eine von Anfang an brauchbare Gitarre um ¤ 58,- gibt's von mir 5 Sterne.
Überraschend fand ich, dass sie von Anfang an oktavenrein war (wird gerne fälschlicherweise als Bundrein bezeichnet) und dass auch die Werkssaiten ok sind. Der mitbestellte Daddario-Saitensatz blieb unausgepackt.
Dennoch werfe ich jetzt auch einen kritischen Blick auf das Instrument.
(Wen's so detailliert nicht interessiert: gleich zum Fazit)
Saiten waren konstant ca. 5 Halbtöne tiefer gestimmt. Gut so - Zug bleibt erhalten.
Gestimmt,gespielt ... ungalublich: 58,-.
Die tiefe E-Saite schnarrte leicht am 1. und 2. Bund.
Der Schuldige war beim Check schnell gefunden. Ich beginne immer mit der Halskrümmung: also Capo am Ersten Bund, hinterm letzten Bund abgedrückt soll der Abstand zwischen 7. Bundstab-Oberfläche und der dicken E-Saite 0,5 mm (Fühlerlehre) betragen -> oha; kein Abstand, Saite liegt voll auf, Halsstab zu stark gespannt (ungewöhnlich - üblicherweise ist das Gegenteil der Fall). Also Saiten lockern und mit dem mitgelieferten Inbusschlüssel eine Achtel Umdrehung gegen den Uhrzeigersinn zur Halsentspannung. Diesen Vorgang musste ich 5x wiederholen um auf die 0,5 mm zu kommen.
Siehe da: Schnarren auch bei heftigem Anschlag weg.
Ahja - bei der Gelegenheit auch innen abgetastet, weil ich in einer Kritik von verschraubtem Steg gehört hab - nö - nicht bei mir alles sauber (wenn auch Sägerauh) verleimt.
Stimmgerät habe ich auf chromatisch - auffällig zu hoch beim 1. Bund (F) und auch ein F-Barre ist ein wenig mühsam zum Greifen -> Sattelcheck. Capo am 4. Bund sollte der Abstand zwischen 1. Bundstab-Oberfläche und Saite ca. 0,3 mm sein ... oha, mindestens das 3-fache. Also Sattelfeilensatz geholt, und die Höhe korrigiert.
Oktavenreinheit (und nunmehr auch Bundreinheit) gecheckt - passt :))
Hals ist schön gerade, ich spiele gern mit wenig Kraftaufwand: da geht sich tieferlegen der Saiten gut aus. Also Saiten wieder entspannt, Stegeinlage rausgenommen, und an der Unterseite 4mm mit Schleifpapier entfernt (einfach Schleifpapier auf ebene Fläche legen und mit der normalerweise nicht sichtbaren Stegeinlagen-UNTERseite durch Hin- und herbewegungen bis zum gewünschten Grad abfeilen (mitunter muss man auch diesen Vorgang wiederholen, da man besser nicht zu viel wegnimmt, sollte das passieren kann man aber immer noch dünne Holzfurniere unterlegen).
Und yeah, so spielt es sich doch gleich viel angenehmer.
Ah ja - typisch für schnelle und günstige Fertigung: rutsch man mit einem Akkord eine Oktave rauf, und hat dabei auch noch den Daumen für Basstöne am Griffbrett ... AUA. Bundstäbchen sind seitlich nicht gut entgratet, Also Feile her und nacharbeiten.
Aus, das wars. Passt klingt echt überraschend gut. Natürlich nicht ganz so gut wie mein Sensibelchen mit der massiven Zedern-Decke (Crafter, Grand Auditorium). Aber das war mir klar, drum wollte ich ja eine günstigere - die kann ich mit in die Natur nehmen oder auch fürn Musikunterricht in der Schule lassen ohne dauernd Angst um sie haben zu müssen. Wirkt außerdem recht robust.
Klang verbessert sich noch stetig, wird erst seit 3 Wochen eingespielt (was auch bei gesperrtem Holz erforderlich ist)
Irgendwann werde ich mir dünnere Saiten aufziehen (Ja! Liebe 12er-Fraktion, gibt auch Leut, die bevorzugen Extra-Light :)
Die Stimmmechaniken sind recht grob und rauhgängig aber funktionieren (und zur Not hab ich noch genügend in Reserve)
Bei angegebenen 42 mm Halsbreite am Sattel dachte ich: super; wie meine Tele ... äh ... sind aber fast 43 (schätz 42,8 wie bei meiner Crafter - kann nur analog mit Schublehre messen) Und ja: Guitarreros fühlen das ;)
Das Pickguard war nur mitgeliefert und noch nicht aufgeklebt (selbstklebend, abziehbare Folie) - schaut auch ohne sehr gut aus. Beim Anlegen zum optischen Vergleich musste ich feststellen, dass es viel zu groß ist. Wenn ich, wie hier am Bild die schöne Perlmuteinlage gerade noch sichtbar lasse, schaut das Pickguard 17mm über die Korpus-Taille drüber ... dürft wohl von einer Dreadnought sein. Nuja, was soll's.
4 Stunden Arbeit investiert - hat sich sehr gelohnt. Also liebe Gitarrenfreaks, die ihr selbst Euer Gitarren Setup macht: Kaufempfehlung (außer ich habe einen absoluten Glücksgriff gemacht, hatte aber mit Harley Benton schon gute Erfahrung)
Auch bestens zum Lernen geeignet, NUR: liebe Beginner: gerade am Anfang, wo man noch nicht so die Fingerkraft, und auch die benötigte Fingerkuppen-Härte hat: bitte sucht euch jemand, der sich damit auskennt und sich um die Einstellungen kümmert, selbst wenn ihr dafür etwas zahlen müsstet; es lohnt sich!
Eine zu hohe Saitenlage braucht noch mal vielmehr Kraft und dadurch wird meistens auch die Bundreinheit schwerst beeinträchtigt.
Also nicht nur dass es sehr schwer zu greifen geht, es klingt auch noch immer falsch, ganz egal wie oft nach gestimmt wird. Das vermiest einem sehr rasch die Spielfreude.
Noch zu mir: Ich habe mit 10 Jahren zum Gitarrenspielen begonnen - das war 1974. Ich konnte mich fortan nicht mehr davon trennen, tägliches Spielen brauch ich zum Entspannen. Habe aber auch über 25 Jahre in Rockbands gespielt und bis heute als Musiker aktiv. Die Gitarreneinstellungen und div. Reparaturen mache ich seit meinem 20. Lebensjahr selbst. Bei 25 Gitarren habe ich zu zählen aufgehört ... sind mir halt zu gelaufen. Ca. 30-35 werden's sein (je nach Zählweise).
Wie von Thomann gewohnt erfolgte die Lieferung sehr rasch und gut verpackt.
Fazit: zu dem Preis unglaublich. Eigentlich von Anfang an einsetzbar, mit Kenntnissen über Einstellungsmöglichkeiten an der Gitarre ist aber noch viel mehr herauszuholen. Liebe Anfänger: gut geeignet, aber einstellen lassen; es lohnt sich.
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Ein Freund war von meiner Gitarre derartig angetan, dass ich ihm auch eine herrichten wollte.
Modell 2019. Sieht nur auf den 1. Blick nach gleicher Gitarre aus. Hat mich 4x so viel Arbeitsaufwand gekostet, wird wohl aber dennoch nie an meine herankommen.
Kommen die wirklich aus dem selben Werk? (Oder gibt's mehrere Produktionsstätten?)
Kurz: falsche (eine gerade) Stegeinlage, bei mir ist eine kompensierende drin, also kompensierende verbaut. Bundreinheit nun besser, dennoch ist die tiefe E nicht oktavenrein zu bekommen; da fehlen noch immer ca. 3mm an Saitenschwinglänge. Der Hals ist um 2mm dicker, dafür aber am Sattel um 2mm schmäler.
Meine hat 43mm, diese 41mm (Sind die angegebenen "42mm" ein Durchschnittswert??)
Dafür hatte der Sattel dasselbe String-spacing, was dazu führte, dass man sehr leicht die äußeren beiden E-Saiten unbeabsichtigt abdämpfte, zudem war der Sattel nicht mittig montiert -> neuer Sattel mit passendem spacing an richtiger Position verbaut.
Dennoch sind die 41mm Halsbreite zu schmal (selbst für eine E-Git wäre das sehr schmal)
Trotz über 45 Jahren Gitarre spielen muss ich mich hier sehr konzentrieren, absolute Präzision beim Setzen der Greifhand erforderlich, da man sonst ungewollt die Nachbarsaite abdämpft, bzw. zum Scheppern bringt.
Nicht für Anfänger geeignet.
Gibt insgesamt einen Punkt Abzug einen weitere ziehe ich in der Verarbeitung ab.
Meine ist um 2 Klassen besser, die ist jetzt schon schön eingespielt und hat eine enorme Klangentwicklung hinter sich.
Soweit darf Serienstreuung nicht gehen. Da bin ich von Harley Benton besseres gewohnt.