Im jetzigen großen Zeitalter der günstigen Analog-Synthesizer (dem ich, zugegebenermaßen, auch verfallen bin...) bekommt der Microkorg XL+ meiner Meinung nach deutlich zu wenig Liebe ab - so wie er sowieso schon im Schatten seines charismatischeren kleineren Bruders, dem Microkorg, steht. Bei mir ist der MKXL+ seit einigen Jahren im Bandkontext sowie solo als Flächen-, Bass- und Leadsynthesizer im Einsatz und verrichtet dort seine Dienste zu meiner größten Zufriedenheit.
Zunächst das Negative: Sample-Sounds wie Piano und Tape-Strings sind an sich schon nett, aber nicht ernsthaft toll. Als Ausgangspunkt für Verfremdungen per Routings oder Filter oder mit Effekten versehen können sie aber sehr interessant sein. Dass die Filter wegen der MIDI-Abstufungen etwas treppig klingen, mag einige stören, ich finde es nicht so schlimm. Thema Effekte: Diese sind OK bis gut, brauchbar auf jeden Fall; ein Reverb fehlt aber leider. Was mich am MKXL+ am meisten stört (und wohl auch am wenigsten zeitgemäß ist), sind die sehr geizigen lediglich drei Knöpfe, um den Sound während des Spielens zu manipulieren. So stellt sich der MKXL+ leider selbst etwas in die Patchschleuder-Ecke. Abhilfe kann man zwar mit einem externen Controller schaffen (alle Parameter sind per MIDI ansteuerbar), muss man dann aber haben oder eben extra anschaffen.
Nun zum Positiven: Der Sound ist, und das ist ja das wichtigste, wirklich über jeden Zweifel erhaben, vor allem die Bässe können richtig Druck und Low End haben. Auch die Features sind super: Sounds können aus zwei "Layers" zusammengesetzt werden, die komplexe Sounds ermöglichen, wahlweise aber auch schlicht getrennt über unterschiedliche MIDI-Kanäle angesprochen werden können. Es können klassische und gesamplete Wellenformen kombiniert werden, was interessante Möglichkeiten eröffnet. Der Vocoder ist ebenso sehr brauchbar. Der kostenlos downloadbare Sound-Editor ermöglicht das Importieren und Exportieren von Soundbänken sowie das bequeme und übersichtliche Programmieren neuer Sounds (ist am Gerät selbst leider sehr menütauchig). Auch die Mini-Tastatur finde ich super: Während die Tastatur des Ur-Microkorgs schwammig ohne Ende ist, fand ich das Spielgefühl hier wirklich gut (kein Vergleich zu wirklich guten, gewichteten Tastaturen, aber für den Hausgebrauch halt).
Insgesamt kann ich nur sagen: Toll, ihn zu haben! Dieser Synth kann nicht nur viel, sondern Vieles richtig gut und überzeugt neben seiner Vielzahl an praktischen Features vor allem durch seinen tollen Sound. Wenn es nicht unbedingt analog sein muss, kann man mit dem MKXL+ jedenfalls nicht viel falsch machen.