Lange Zeit galt der legendäre US-Hersteller Lexicon als Marktführer und Lieferant zahlreicher Produkte in Sachen Profi-Hall. Angesichts immer leistungsfähigerer Rechner und Plug-ins ist das Angebot an digitalen Hardware-Hallgeräten für das Studio überschaubar geworden. Das Lexicon PCM 96 Surround stellt, zusammen mit den Geräten von Bricasti und Eventide, aktuell die Speerspitze dieser Gerätegattung dar. Während das klanglich hochgelobte Bricasti ausschließlich in Stereo arbeitet, versteht sich der Eventide H9000 – doppelt so teuer – als komplexer Multieffekt mit „allem“. Das Lexicon PCM 96 Surround liegt mit seinen sechs digitalen I/Os und vier parallel nutzbaren „Engines“ irgendwo dazwischen. Wünscht man kompromisslos guten (Mehrkanal)-Hall außerhalb des Rechners und schätzt dennoch lückenlose DAW-Einbindung, hat das Lexicon PCM 96 Surround gute Chancen, als erste Wahl in Frage kommen.
Auf nur einer HE bietet das Lexicon PCM 96 Surround vier leistungsfähige, parallel arbeitende 32-Bit DSP-Engines („Machines“). Sie können in unterschiedlichen Konfigurationen betrieben werden und bis zu sechs digitale I/Os (XLR AES) mit verschiedenen Effektkombinationen in höchster Qualität versorgen. Zur Auswahl stehen 50 Reverbs, Delays und Modulationseffekte mit tausenden erstklassiger Presets. Nutzt man das Gerät ohne Rechner, bietet das Bedienfeld sämtliche Editier-Optionen. Empfehlenswert ist jedoch die Nutzung des Plug-ins, welches Mac-Usern eine lückenlose DAW-Einbindung ihres PCM 96 Surround ermöglicht. Das Gerät ist mit allen relevanten Schnittstellen ausgestattet, darunter Ethernet, FireWire, MIDI und Wordclock. Algorithmen und Presets beinhalten sowohl Lexicons legendäre Klassiker als auch modernste Kreationen.
Wer heute vierstellig in einen Hardware-Hall investiert, hat zweifellos gute Gründe: An erster Stelle dürfte der Wunsch nach wirklich kompromissloser Sound-Qualität stehen. Ein weiterer respektabler Grund dürfte die uneingeschränkte Zuverlässigkeit eines Hardware-Systems wie dem PCM 96 sein. Und drittens steht ein ausreichend leistungsfähiger Rechner mit genügend Ressourcen zur (Surround)-Hallerzeugung vielleicht nicht zur Verfügung. Kann man zumindest einen dieser Punkte bejahen, dürfte sich die Investition in einen Hardware-Highend-Hall wie dem Lexicon PCM 96 Surround schnell bezahlt machen. Dank seiner Plug-in-Anbindung ist das Gerät besonders interessant für Mac-User.
Die Firma Lexicon wurde 1971 vom MIT-Professor Dr. Francis F. Lee im US-amerikanischen Waltham, Massachusetts, gegründet. Der erste Meilenstein war ein ursprünglich für die Medizintechnik entwickeltes Digital-Delay, das wenig später für den Audio-Bereich angepasst und kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Der Durchbruch gelang schließlich 1978 mit dem von David Griesinger entwickelten Digitalhall Model 224. Zahlreiche erfolgreiche Weiterentwicklungen folgten. In den 1980er Jahren war es nahezu undenkbar, dass Major-Produktionen oder professionelle Tonstudios ohne ein Hallgerät von Lexicon auskamen. Mit einer zunehmend breiteren Produktpalette versuchte man in den 1990er Jahren, dem wachsenden fernöstlichen Markt zu begegnen. Seit 1993 gehört das Unternehmen zur Harman-Gruppe und fertigt seither unterschiedlichste Audioprodukte für den Profi- und Consumer-Bereich.
Das Lexicon PCM 96 Surround ist in der Lage, bis zu sechs Audiosignale mit bis zu vier unterschiedlichen Hall- und Delay-basierten Effektkombinationen zu versorgen. Die Audioanbindung erfolgt vollständig digital, wahlweise via Firewire oder sechs AES I/O-Paare. So lässt sich das Gerät sehr flexibel stand-alone an unterschiedlichster Digital-Peripherie (Mixer, Wandler etc.) betreiben. Am Rechner (Mac) arbeitet es als „Plug-in“, ohne Ressourcen nutzen zu müssen. Als mögliche Einsatzgebiete sind (Surround)-Studios, Post-Production aber auch Live-Applikationen oder komplexe Beschallungsaufgaben denkbar. Weitere Schnittstellen wie Wordclock, Ethernet und MIDI ermöglichen perfekte Einbindung in bestehende Systeme. Über Lexicons SystemArchitect können mehrere Geräte zu komplexen Anordnungen konfiguriert werden. Preset-Daten lassen sich auf CF-Cards speichern und mit anderen Geräten austauschen.
Algorithmen und Machines
Lexicon legt seit Langem großen Wert auf flexibles Routing und Effektnutzung innerhalb ihrer Geräte. So besitzen leistungsfähigere Lexicon-Effekte sog. „Machines“. Dabei handelt es sich um interne, DSP-bestückte Prozessoren, die sich in mehreren, vorgegebenen Konfigurationen – etwa parallel und/oder seriell – betreiben lassen und so die Verkettung von unterschiedlichen Effekten ermöglichen. Jede Machine kann einen eigenen Algorithmus bearbeiten und damit unterschiedliche Hallstrukturen oder Delay-basierte Effekte erzeugen. Umgekehrt können auch mehrere Machines einen einzigen Highend-Algorithmus liefern. Lexicon-Reverbs arbeiten traditionell mit Hilfe von Hall-Algorithmen, d.h. im Gegensatz zum Impulsantwort-basierten Faltungshall werden hier die Hallräume vollständig errechnet.