Das TLM 103, hier in mattschwarz, gilt vielen als eine moderne Variante des Neumann-Klassikers U87, und das kommt nicht von ungefähr: Genau wie die bekannte Studiolegende zählt auch das „transformerless Microphone“ TLM 103 zu den Großmembran-Kondensatormikrofonen und nutzt eine sehr ähnliche Kapsel. Im Vergleich ist es allerdings wesentlich rauschärmer, übersteuerungsfester – und preisgünstiger. Am hochwertigen Schaltungsdesign und dem edlen Äußeren wurde dagegen nicht viel geändert. Mit seiner festen Nierencharakteristik und einer moderaten Anhebung im Präsenzbereich ist das TLM 103 prädestiniert für Gesangs- und Sprechstimmen, die sich in einem modernen Mix durchsetzen wollen. Aber auch viele akustische Instrumente wie Gitarren, Pianos, Bläser oder Drumkits profitieren von der präzisen und definierten Klangwiedergabe.
Technisch glänzt das TLM 103 mit Spitzenwerten: Das Eigenrauschen liegt bei überragenden 7dB-A, die Empfindlichkeit bei 23mV/Pa. Einen akustisch optimierten Raum vorausgesetzt, lassen sich so auch die leisesten Instrumente oder ein zartes Flüstern ohne hörbare Nebengeräusche aufnehmen. Wenn hier also irgendetwas in der Signalkette rauscht, dann ist das sicher nicht das Mikrofon. Auf der anderen Seite des Spektrums verträgt das TLM 103 Schalldruckpegel von bis zu 138dB. Ohne jede Vordämpfung überträgt es laute Bläser, Schlagzeuge oder aufgerissene Gitarrenamps absolut verzerrungsfrei. Dass der Bassbereich selbst bei diesen Lautstärken definiert und kraftvoll bleibt, ist unter anderem der elektronisch symmetrierten Ausgangsstufe zu verdanken, die den traditionell verbauten Übertrager ersetzt.
Preislich zielt Neumann mit dem TLM 103 vor allem auf ambitionierte Hobbymusiker und kleinere Projektstudios ab. Und tatsächlich macht das Mikro bereits mit günstigeren Vorverstärkern und Audiointerfaces eine ziemlich gute Figur. Aus diesem Grund wird es sehr gerne in Radio- und Podcast-Studios eingesetzt: Hier kommt der sonore Klang des Nahbesprechungseffekts besonders zur Geltung. In Kombination mit hochwertigem Outboard-Equipment ist es auch in vielen professionellen Tonstudios ein gern gesehener „Gast“ für Gesangsstimmen und die Instrumentenabnahme. Sein präsentes und gleichzeitig definiertes Klangverhalten ist der Grund dafür, dass das TLM 103 bis heute zu den beliebtesten Mikrofonen für Schauspieler, Synchron- und Werbesprecher zählt.
Die Georg Neumann GmbH wurde 1928 in Berlin gegründet und ist nicht nur einer der bekanntesten Hersteller von Mikrofonen weltweit: Lange Zeit beschäftigte sich der vielseitige Erfindergeist und Pionier Georg Neumann auch mit Schallplattenschneidemaschinen und wiederaufladbaren Batterien. Die hiermit verbundene Technologie ist noch heute Grundlage für die mittlerweile allgegenwärtigen Akkus. Ferner baute die Firma viele Jahre sehr individuell konfigurierte Tonregieanlagen für Rundfunkstudios/Theater- und Konzerthäuser und seit einigen Jahren auch Studiomonitore. Im Jahre 1991 wurde Neumann ein Teil der Sennheiser-Firmengruppe und erhielt 1999 (als erste deutsche Firma überhaupt) den Technical Grammy für das technische Gesamtwerk des Unternehmens.
Neumann selbst gibt an, dass das TLM 103 durchaus auch bei Livekonzerten für einen guten Klang sorgen kann. Wer nicht riskieren möchte, dass das kostbare Neumann auf einem Rockkonzert Schaden nimmt, sollte sich beim Live-Einsatz des TLM 103 eher auf klassische Konzerte, akustische Setups und Vernissagen oder Theatervorstellungen fokussieren. In der Tat profitieren viele Instrumente – egal ob live oder im Studio – von der leichten Anhebung des Frequenzbereichs zwischen 5 und 15kHz. Als Stützmikrofon am Cello oder dem Kontrabass setzt sich das TLM 103 wunderbar durch. Ebenso eignet es sich zur Abnahme von Klavieren, Flügeln und anderen akustischen Instrumenten. Neben seinem Haupteinsatzgebiet für Sprech- und Gesangsstimmen kann man das Mikrofon zudem problemlos als Drum-Overhead oder vor einem Gitarren- oder Bassverstärker ausprobieren.
K103
Immer wieder ist zu lesen, dass die Mikrofonkapsel im TLM 103 dieselbe wie im U87 sei. Das ist jedoch im wahrsten Sinne des Wortes nur die halbe Wahrheit. Die Kapsel des U87, die K67 bzw. K87 genannt wird, besteht aus zwei Membranen, einer Vorder- und einer Rückseite, mit denen sich auch andere Richtcharakteristiken (Kugel, Acht) abbilden lassen. Das TLM 103 nutzt hingegen nur die Vorderseite der K67/87 und ist daher auf die Nierencharakteristik festgelegt. Da viele U87-Besitzer ihr Mikro in den häufigsten Fällen ohnehin nur als Niere verwenden, ist das aber keine allzu große Einschränkung. Die Reduzierung aufs Wesentliche hat nebenbei zur Folge, dass die elektronische Schaltung einfacher aufgebaut ist und dadurch günstiger produziert werden kann. Der typischen Neumann-Qualität tut das keinen Abbruch.