Seit einigen Jahren gibt es digitale Mixer. Alle, die momentan vor einer Kaufentscheidung stehen, sollten sich auch mit dieser Möglichkeit beschäftigen, obschon sie natürlich mit einem höheren Anschaffungspreis rechnen müssen. Digital bedeutet eindeutig zuordenbar und ist abgeleitet vom lateinischen Wort digitus, was Finger bedeutet. Im Alltag kann so ein Finger tatsächlich eine unglaubliche Deutlichkeit annehmen. Aber zurück zu unserem Thema. Was bei den bisher besprochenen Mixern das diskrete Signal ist, also ein analoges, mit unendlicher Zahl von möglichen Werten versehener Verlauf, ist hier ein klar eingegrenztes Signal. Erreicht der Wert eine bestimmte Höhe, wird er als nächste Stufe erkannt.
Die Qualität des digitalen Signals bleibt eigentlich immer gleich. Anders als bei analogen Geräten, bei denen der Signalfluss angefangen vom Eingangsverstärker bis zum Ausgangsverstärker an jeder Stelle im Mischpult beeinflusst wird, ist bei digitalen Geräten der Digitalwandler, das interne Rechenmodell sowie dessen Geschwindigkeit ausschlaggebend. Hier gibt es natürlich zum Teil enorme Qualitätsunterschiede. Wichtigste Werte sind Auflösung und zeitliche Rasterung. Der Wert der Auflösung wird Bitrate (16, 20, 24 Bit) genannt. Die zeitliche Rasterung nennt sich Samplingrate (44, 48, 96 kHz). Je schneller ich etwas abtaste und je feiner die Auflösung ist, desto näher komme ich dem Originalsignal (was dem analogen Verlauf entspricht). Rein theoretisch sind hier aber Grenzen gesetzt, man wird also nie ganz genau dem Original entsprechen können, aber dieser Bereich ist dann auch nur noch etwas für Physiker.
Innerhalb des digitalen Signalflusses wird unser Signal wie im Computer behandelt. Gespeicherte Algorithmen beeinflussen Routing, Pegel, Klang- und Dynamikeigenschaften. Die Steuerung erfolgt analogen Pulten nachempfundenen Steuerelementen wie Fadern und Reglern, kann aber auch gespeichert werden oder über Computer ferngesteuert erfolgen.
Genau hier liegt auch der entscheidende Vorteil digitaler Mischpulte. Alle Einstellungen sind speicherbar und reproduzierbar. Abhängig von der Rechenleistung sind für jeden Kanal unzählige Effekte und Dynamics möglich. Bedienelemente können mehrfach belegt werden. Einzelne Parameter können in Menüs editiert werden. Moderne digitale Mischpulte haben eine offene Architektur und können mit Erweiterungskarten in der Rechenleistung erweitert werden oder mit Software-Updates auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Anzahl der Ein- und Ausgänge kann durch optionale I/O-Karten mit digitalen oder analogen Anschlüssen erweitert werden.
Digitale Signale lassen sich auch störungsunanfälliger weiterleiten. Die Tendenz geht zum digitalen Multicore der digitalen Übertragung aller einzelnen Audiokanäle über ein mehradriges Kabel von der Bühne zur PA. Die analogen Signale der Bühnenmikrofone und Instrumente werde hier schon in der Stagebox digitalisiert. Von dort führt nur noch ein dünnes digitales Kabel zum Monitormischer, zur PA oder zum Recordingpult. Das Signal muss nur einmalig digitalisiert werden und kann dann im Mischpult direkt bearbeitet werden. Aufzeichnungen bleiben gleich in digitaler Form gespeichert.
Meistens werden wir das gemischte Signal von der digitalen Ebene wieder auf die analoge zurückführen müssen, da zumindest die Lautsprecher noch mit der guten alten Pappmembran versehen sind. Unterm Strich muss unser Signal mindestens zwei Mal gewandelt werden und das kann bei weniger guten Wandlern zu einer hörbaren Qualitätseinbuße führen.
Hier gibt es meiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen analogen und digitalen Mischpulten.
Es braucht seine Zeit, bis sich die Person am Pult daran gewöhnt hat, dass sich nicht alle Parameter eines digitalen Pults in Form von Reglern vor ihr befinden. Meistens muss zunächst ein Kanal oder Subgruppe aufgerufen werden und dann kann über ein Bedienelement bzw. Bedienfenster der jeweilige Parameter nachgeregelt werden (zum Beispiel ein Effekt-Send-Weg). Das hat den Nachteil, dass eine gewisse Zeit vergeht und den Vorteil, dass die Abmessungen des Mischpults geringer werden. Dies spricht vor allem für den Einsatz im Studio, denn Live wäre die aufwendige Suche nach Einstellungen nicht akzeptabel. Der Faktor Gewicht und Abmessungen punktet aber auch live. Mit etwas Übung und dem passenden Digitalpult ist man auch live mit einem Digitalmischer gut ausgerüstet. Dank der integrierten Effekte und Dynamics spart man sich oft das Siderack an der PA. Ein digitales Multicore ist unvergleichlich leichter – Verkabelung und Aufbau sind schneller bewerkstelligt.
Das Thema Betriebssicherheit sehe ich dagegen eher zweischneidig. Analoge Mischpulte bieten dank verschiedener Routingmöglichkeiten notfalls den Betrieb über einen ungenutzten Kanal oder einem Recording- oder Subgruppenausgang. Fällt ein Digitalpult aus, ist meist das ganze Pult unbrauchbar. Während eines Konzerts könnte die Vorstellung hier ein jähes Ende nehmen – ein unangenehmer Gedanke.
Der grundlegende und unschlagbare Vorteil digitaler Mixer ist die Möglichkeit des Speicherns und Automatisierens von Einstellungen und Abläufen. Hier können diese Konsolen ihre Vorteile voll ausspielen. Wer jemals mühsam 32 Kanäle fein eingestellt hat und wieder von vorne anfangen muss, weil in der Zwischenzeit jemand kräftig an den Einstellungen geschraubt hat, der braucht entweder zunächst ein gutes Glas Bier und eine Zigarette ;-) Besser ist die Möglichkeit alles abzuspeichern, und das geht nun mal nur mit Digitalmixern. Veranstaltungen mit ständig wechselnden Interpreten können viel einfacher gehandelt werden – alle Einstellungen vom Soundcheck können abgespeichert werden und bei Bedarf abgerufen werden. Auch im Studio ist die Möglichkeit des Speicherns von Vorteil. Jede Aufnahmesession ist zumindest seitens der Technik reproduzierbar.
Wer darüber hinaus noch den letzten Schliff eines Abmischvorgangs gerne mit der Hand vornimmt (und nicht im Sequenzer), dem sei ebenso ein Mixer dieser Art empfohlen. Außerdem kann man sich eine Menge Kabelsalat sparen, wenn Soundkarte und Pult zum Beispiel über Lichtleiter verbunden sind.