Rationale Gründe sind wohl nicht die erste Entscheidungsgrundlage bei der Wahl eines neuen Synthesizers. Qualität ist wichtig. Design, Haptik und eine ausgeprägte Persönlichkeit sollten wie bei einem Sportwagen instinktiv positive Emotionen auslösen.
… und das tut der neue Roland Jupiter X.
Die meistens Sounds des Jupiter X kannte ich seither nur als Samples aus diversen Synthies.
Eins vorweg, der Klang des Jupiter X/Xm ist unglaublich authentisch, wie soll man es beschreiben, einfach nur ein Traum. Finde ich unter den 4000 Sounds den ein oder anderen altbekannten Roland Synth-Sound, bin ich immer wieder von dem Sound überwältigt und das nur bei einem Part/Layer!
Nach dem ich einige Videos zum Jupiter Xm angesehen hatte, fand ich die Videos zum Jupiter X zur NAMM 2020 ziemlich unspektakulär. Den neuen Fantom hatte ich im Laden angespielt, war mir aber mit ca. 3.000 Euro einfach zu teuer. Den Xm hatte ich nie in den Händen, kleine 37er Tastatur, der Jupiter X hingegen nicht gerade rückenfreundlich und mit knapp 17Kg ohne Case eigentlich zu schwer. Allerdings hat der X mit 61 Tasten Aftertouch und jede Menge Fader und Regler wie mein Jupiter 6, den ich 1983 für 5.850,- DM bei Thomann gekauft habe.
Ein Blick auf die Soundliste, oh Wunder der neue Jupiter X kann neben Synthy auch Piano, E-Piano, Orgel, etc. Dies gab letztlich für mich den Kaufausschlag. Also erstmal kein neuer Fantom. Am 25.05.2020 bestellt, zwei Tage später war er da.
Was soll ich sagen, in Natura sieht der Jupiter X noch viel besser aus, als auf Fotos oder Videos. Die Größe ist okay, gefühlsmäßig etwas kleiner – nicht zu tief wie der Jupiter 6.
Als Bandkeyboard kommt für mich immer die Frage auf, wie viele Sound lassen sich layern? Ein Patch = Scene besteht aus mehreren Sounds (bis zu 5 Parts) und kann bis zu vier Sounds beliebig layern plus ein Drum-Part.
Das LCD Display ist zwar relativ klein, aber mit den beiden Drehreglern und Eingabetasten lassen sich Anpassungen relativ schnell vornehmen. Ein viel größeres Display hätte letztlich nicht zum Gesamtbild und Design gepasst. Als Alternative gibt es ja von Roland den neuen Fantom mit Touchdisplay und vergleichbaren Sounds.
Ein technisch versierter Keyboarder findet sich mir der Scene-Struktur relativ schnell zurecht. Änderungen der Parts lassen sich global in der Scene speichern, ohne dass ich die einzelnen Sounds der Parts speichern muss.
Wie klingen den nun die sog. Bred & Butter Sounds? Piano, Orgel und E-Piano Sounds sind ja immer reine Geschmackssache. Die Sounds sind okay, aber für meine Vorstellung nicht der Hammer und spielen nicht ganz in der Oberliga mit. Aber das ist ja bei einem Synthy ja auch nicht der Schwerpunkt.
Dennoch lässt sich meiner Meinung nach, der Jupiter X, als alleiniges Bandkeyboard im Set nutzen!
Alternativen stellen die EXZ-Sounds der Roland Cloud dar. Mit der EXZ-008 Vintage Keys Erweiterung – habe ich ein sehr schönes 10CC/Styx Rhodes, sowie einige sehr geile Hammond Sounds mit passablem Leslieeffekt, u.a. mit Nebengeräuschen gefunden, die durchaus mit der B-3X IPAD App im direkten Vergleich mithalten können. Bei den Pianos wurde ich mit EXZ-014 – Complete Piano für meinen Geschmack fündig. Für mich passt das.
Die EXP-Sets haben eine Größe von ca. 100MB und Kosten 19,99USB. Im Vergleich zu den Extra-Sounds die man für Kronos, Montage oder Genos kaufen kann ist das preislich absolut okay.
Was ich gut finde, mittels der Roland Cloud im kostenlosen Probeabo lassen sich alle EXP Soundsets für den Jupiter mit dem ZENOLOGY Software-Synthesizer (DAW Plugin) komfortabel am Rechner vor dem Kauf nach Soundkategorie sortieren und bequem durchhören.
Meiner Meinung nach eine coole Idee, d.h. ich kann die gleichen Sounds in Logic Pro ohne meinen Jupiter X oder Fantom nutzen.
Als Anmerkung zu ersten X-Kritik vom 31.05.20: Eine gedruckte deutsche Bedienungsanleitung liegt dem Gerät bei. Vorbildlich findet man auf den Roland Supportseiten weiterführende Informationen wie ein englisches Reference Manual, Parameter Guide, Sound List, MIDI Implementation und MainStage Profile Usage Guide.
Zum Einstieg empfehle ich die Roland Tutorials auf YouTube.
Pro
+ Die Synthsounds klingen super gut, alles andere liegt auch in durchweg guter bis sehr guter Qualität vor.
+ Verarbeitung und Design mit Anleihen an den Jupiter 6/8 aus den 80er
+ Seamless Switching beim Umschalten der Sounds.
+ Slider (1&2) mit coolen Überblendungsfeature der Parts 1-4 in Abhängigkeit, wie viele Parts zur selben Zeit aktiviert sind.
+ 2 Sliders, 2 Wheels, 3 Taster beliebig konfigurierbar
+ Bluetooth wie z.B. Audio-Anbindung für mein Smartphone
+ Audio-In und Kopfhöreranschluss mit Mini-Klinke 3,5mm
+ Reibungslose Logic Pro Integration
+ Gut spielbare Tastatur mit Aftertouch
+ 2 Slots für Wave-Expansions Sounds je ca. 100MB
+ I-ARPEGGIO – Intelligentes Arpeggio reagiert auf Spielweise und folgt bei Wunsch der Tonhöhe mit hohem Funfaktor
Cons:
- Es lassen sich von den 12 EXZ Soundexpansions nur zwei zur gleichen Zeit laden.
- Das Roland Cloud Subscription Modell ist aus meiner Sicht für registrierte Roland-Kunden zu teuer.
- Benutze ich die EXZ Sounds als Software, meinem Jupiter und einem Fantom, darf ich für jedes HW-Gerät jedes EWZ Soundset nochmals kaufen.