Der Yamaha CS-80 von 1977 gehört zu den legendärsten polyphonen Synthesizern überhaupt. Vangelis setzte ihm im Soundtrack zu Ridley Scotts Blade Runner ein bis heute gültiges Denkmal. Der achtstimmige, bitimbrale Deckard's Dream transportiert die Idee dieses Klassikers nun in die Neuzeit. Der Desktop-Synthesizer mit analogem Signalweg orientiert sich vom Stimmaufbau mit zwei direkt zugänglichen Layern am Vorbild, ist aber mit MIDI, MPE und 256 Speicherplätzen auf der Höhe der Zeit. Pro Layer gibt es einen VCO, gleichzeitig verfügbare diskrete Hoch- und Tiefpassfilter mit individueller Resonanz sowie zwei Hüllkurven. Neben der Anschlagsdynamik lässt sich auch der Aftertouch auf das Filter und die Lautstärke routen. Deckards Dream MkII ist identisch zur Vorgängerversion, nun aber in einem Pultgehäuse untergebracht, das über mitgelieferte Winkel im 19“-Rack montiert werden kann.
Deckard's Dream nähert sich dem legendären CS-80 auf funktionaler und klanglicher Ebene mit einer eigenständigen Schaltung, die dank minimierter Bauteilgrößen in einem kompakten und leichten Pultgehäuse untergebracht wurde. Auf Klaviatur, Ribbon-Controller, Ringmodulator und Effekte wurde verzichtet, dafür ist das Gerät speicherbar, MIDI- und sogar MPE-fähig. Die Bedienoberfläche setzt auf kleine farbcodierte Fader. Pro Stimme stehen zwei identische Layer bereit, deren VCOs mit aktuellen CEM3340 Chips und Waveshapern arbeiten und die um Sinus-LFOs zur Pulsbreitenmodulation ergänzt werden. Die seriell verschalteten Hoch- und Tiefpassfilter mit 12 dB/Okt.-Flankensteilheit werden über eine Hüllkurve gesteuert, ehe die abschließenden VCAs mit eigenen ADSR-Hüllkurven den Pegelverlauf formen. Ergänzend gibt es einen LFO, Mischmöglichkeiten der Layer und performance-orientierte Funktionen.
Deckard's Dream fängt den Grundklang des CS-80 glaubhaft ein. Trotz Verzicht auf bestimmte Elemente des Originals gelingen aufgrund der besonderen Stimmstruktur Klänge, die mit anderen Synthesizern kaum erreichbar sind. Deckard's Dream ist kein Universalist, sondern hat besondere Stärken im Bereich der elektronischen Bläser, liefert aber auch wuchtige Bässe, Pluck- und E-Piano-Klänge mit viel Ausdruck. Der doppelte Signalstrang mit je zwei Filtern, ergänzendem Sinus, übergeordneter Modulation und Performance-Steuerung ist einzigartig und wurde im Bereich der Hüllkurven sogar noch weiter ausgebaut. Der Grundklang ist hochwertig mit Vintage-Touch und liefert dichte und eigenständige Klänge, die neben der vierfachen Filterung vor allem durch die mögliche expressive Steuerung mittels Anschlagsdynamik, den polyphonen Aftertouch und MPE zum Leben erwachen.
Bei der 2017 in Tokio durch den Entwickler Roman Filippov und dem heutigen Geschäftsführer Bob Akber gegründeten Firma Black Corporation handelt es sich um einen jungen japanischen Hersteller, der auf die Fertigung polyphoner Synthesizer mit klassischer Inspiration im Rack- und Desktop-Format spezialisiert ist. Die Geräte verstehen sich nicht als Kopien der Originale, sondern greifen wesentliche Elemente der Klangerzeugung bestimmter Klassiker heraus und nutzen diese für die Konstruktion eines modernen speicherbaren und MIDI-fähigen Instruments, der den Geist der inzwischen raren Originale in sich tragen soll. Gleichzeitig implementiert der Hersteller auch stets MPE-Funktionen, die noch über polyphonen Aftertouch hinausgehen. Die Produktion der Instrumente findet überwiegend in Japan und den USA statt.
Mit seiner üppigen Reglerausstattung bietet Deckard's Dream direkten Zugriff auf nahezu alle klangformenden Parameter. Wie man es sich für einen Synthesizer wünscht, wird damit die Klangerzeugung zum Teil der musikalischen Performance. In der aktuellen Desktop-Variante MkII ist ebendieser Zugriff komfortabler möglich als in der ausschließlich rackfähigen ersten Version, auch wenn dabei die Großzügigkeit des Originals nicht erreicht wird. Als Hommage an den Yamaha-Analogklassiker liefert Deckard's Dream unverkennbar eigenständige Klänge, die sich gleichermaßen im Studio und auf der Bühne nutzen lassen – mit zeitgemäßer Integration sowie als erstaunliches Leichtgewicht.