Ich benötige Attentuatoren für Non-Mastervolume-Marshall Amps, um zuhause ohne Ohrenstöpsel spielen zu können. Integrierte Cab-Sims und erweiterte Funktionen für Silent-Recording sind für mich keine Entscheidungskriterien. Mir geht es einzig darum, möglichst viel "Ton" und Dynamik in Zimmerlautstärke zu erhalten. Bislang hatte ich den Harley Benton PA-250 (150 Euro) als Attentuator im Einsatz und war/bin zufrieden (habe eine gute Bewertung für das Gerät hinterlegt). Für den wunderbar "transparenten" Marshall JTM45 wurde ich neugierig, ob ein hochwertiger Attentuator definierterten Ton mit weniger Höhenverlust gegenüber dem Harley Benton PA-250 ermöglichen würde. Nach wochenlanger Recherche von Testberichten, YouTube-Videos und Foren-Diskussionen blieben drei Kandidaten in der Auswahl: Der RockCrusher Rivera (ca. 150 Euro günstiger), die Fryette Powerstations (>1150 Euro) und eben der Tone King Iron Man 2. Letzterer hat einen kleinen Bruder, den Mini, der halb so viel kostet wie der große Iron Man 2, aber nur maximal 30 Watt verträgt. Das würde für den JTM45 reichen, aber leider ist man mit dem Mini auf 8 Ohm Anschlüsse festgelegt. Der Mini ist übrigens in den teuren Boutique-Amps von Tone King integriert und wird in Testberichten hoch gelobt.
Meine Entscheidung fiel auf den Iron Man 2, weil ich durchweg nur positive Erfahrungen und Testberichte gefunden hatte. In den wenigen online zu findenden direkten Vergleichen zwischen Rivera RockCrusher und Iron Man 2 schien das Pendel bzgl. möglichst transparentem Sound bei starker Lautstärkereduktion leicht in Richtung Iron Man 2 auszuschlagen. Die Fryette Powerstations haben viele Funktionen, die ich nicht brauche und mit dem Preis von deutlich über 1000 Euro wäre meine Schmerzgrenze auch überschritten. Die Anschaffung eines so teuren Geräts wie dem Iron Man 2, das einfach nur die Lautstärke reduzieren und dabei möglichst gar nicht in den Sound eingreifen soll, hat mir genug "Bauchschmerzen" bereitet. Immerhin muss die Anschaffung den fast sechsfachen Preis des Harley Benton PA-250 rechtfertigen.
In der Lieferung fehlte zunächst das 12 Voltnetzteil (laut Artikelbeschreibung enthalten), Thomann hat umgehend ein Netzteil zugeschickt. Der Iron Man 2 wirkt äußerlich sehr solide, ist unerwartet groß und schwer (7 kg). Mit einer Tiefe von 26 cm und diesem Gewicht möchte ich es nicht einfach auf ein Verstärker-Topteil legen, es würde deutlich überstehen und wäre mir zu absturzgefährdet.
Jeder, der Erfahrungen mit Attentuatoren hat, kennt die Probleme des zunehmenden Höhenverlusts bei Lautstärkereduktion. Tone King rühmen sich damit, einen eigenen Ansatz für die Wirkweise ihres Iron Man 2 entwickelt zu haben, der präzise die Frequenzen über das Lautstärkespektrum zu kompensieren vermöge. Die Lautstärkereduktion erfolgt nicht stufenlos, sondern über einen gerasteten Drehregler. Ich habe den Iron Man 2 an einem 5 Watt Marshall Class5, einem 20 Watt Marshall SV20, einem 30 Watt Marshall JTM45 und an einem 50 Watt Marshall JVM205 getestet. Die Stufen der Lautstärkereduktion sind sinnvoll und mit genügend Zwischenstufen gewählt: bei -38 db als Maximalreduktion werden meine Amps flüsterleise, die 0 db-Einstellung nimmt die komplette Attentuation aus der Kette und das Amp-Signal wird einfach durchgeschleift (Bypass). Der Iron Man 2 hat und braucht keinen Lüfter, nur einen Stromanschluss für die Relais. Als besonderen Vorteil dieses Geräts empfinde ich die flexible Wahl der Ein- und Ausgangsimpendanz. Mit zwei Boxenausgängen ist auch ein Betrieb im Fullstack möglich.
Das Frequenzspektrum scheint tatsächlich mit zunehmender Lautstärkereduktion erhalten zu bleiben (oder kompensiert zu werden). Jedenfalls bleiben die Höhen und Bässe gut erhalten, bis in niedriger Zimmerlautstärke die Lautsprecher erwartungsgemäß nicht mehr genug schwingen und der Ton zu "matschen" beginnt. Etwas ungewöhnlich ist, dass der Iron Man 2 im Gegensatz zu Konkurrenten eine zweistufige Presence-Reduktion für diskrete Verminderung von Hochtönen ermöglicht. Hier gehen selbst in Zimmerlautstärke keine Höhen verloren, die ich per Schalter zuregeln wollte (Rivera Rockcrusher und Fryette Powerstation haben solche Funktionen per Schalter). Mit der leichten Presence-Absenkung auf -3 db gefällt mir das Klangbild des Plexi-Amps am besten.
Spannend war für mich der direkte Vergleich des günstigen Harley Benton PA-250 mit dem Iron Man 2. Würden sich die Mehrkosten wirklich "hören" lassen? Bei Single Notes fällt der Unterschied nicht direkt auf, aber bei Akkorden zeigt sich der Iron Man 2 deutlich transparenter. Der Höhenanteil und die Saitendifferenzierung bleiben besser erhalten.
Interessant wurde dann auch der Test am Marshall JVM205. Dieser Verstärker hat einen Mastervolume-Regler. Er erlaubt somit den Vergleich "Master-Volume voll aufgedreht und mit Iron Man 2 attentuiert" versus "Master-Volume niedrig und Iron Man 2 im Bypass". In diesem Vergleich schneidet der Harley Benton ebenfalls schlechter ab. Der Iron Man 2 erhält - auch auf Zimmerlautstärke gedrosselt - die Höhen und Bässe, bleibt bei Akkorden transparenter. Die Endstufenkompression des Verstärkers mit aufgerissenem Master-Volume wird dabei gut wahrnehmbar.
Die Zusatzfunktionen sind Line-Out und Balanced-out mit Speaker-Emulation (zwei Versionen: Virtuelles Mikro Richtung Cone oder Richtung Edge). Der Iron Man 2 funktioniert in -38 db auch als Load-Box (laut Handbuch darf dann ohne angeschlossenen Lautsprecher gespielt werden). So ergeben sich noch Möglichkeiten für das (Home-)Studio. Das Line-Out Signal gefällt mir nicht so gut, es ist etwas basslastig und dumpf. Die Lautsprecher-Emulation hingegen ist mein Recordingstandard geworden.
Fazit: Wer hochwertige Non-Mastervolume-Amps ohne Ohrenschutz spielen will, oder auch einen aufgerissenen Mastervolume-Amp (für etwas Endstufenkompression) wieder "einbremsen" möchte, findet mit dem Iron Man 2 eine sehr hochwertige Lösung. Nichts anderes darf man auch angesichts des hohen Preises erwarten!
Ich hoffe, dass die Komponenten qualitativ hochwertig und haltbar sind, damit der Iron Man 2 ein lebenslanger Begleiter bleibt.
Begeisterter Nachtrag nach einem Jahr im Einsatz: Die beste Anschaffung, seit ich Vollröhren-Amps spiele.