Die Yamaha Revstar-Serie setzt Maßstäbe. Und sie hat sich 2023 noch einmal verbessert. Allerdings gibt es heftige Exemplarstreuungen. Findet man eines der besseren Exemplare, hat man eine Gitarre in der Hand, die sich anfühlt als wäre sie doppelt so teuer.
Ich habe schon auf einigen Revstars dieser Preisklasse gespielt und sie waren schon in der Vergangenheit weit besser, als es der Preis vermuten läßt.
Leider musste ich dieses Jahr feststellen, dass es eine deutliche Streuung in der Fertigungsqualität gibt. Also bitte im Hinterkopf behalten, dass ich hier ausgesuchte und eingestellte Revstar-Gitarren als Reverenz nehme.
Yamaha Revstar RSS02T Sunset Burst war beim dritten Anlauf so, wie ich sie haben wollte. Ich hatte eine (1800 EUR teuere) Japan-Revstar hier..., ich bin mir nicht sicher, ob ich im Blindtest gespürt hätte, welche die Professional und welche die Standard-Serie ist. Ja, bei der Verarbeitung hat die Standard-Serie ein paar Ungenauigkeiten, wenn man ganz, ganz genau aus der Nähe hinschaut, aber nichts Dramatisches und schon gar nichts, was den Klang beeinflusst hätte. Die Yamaha Revstar RSS02T Sunset Burstt spielt sich wie eine 1400 EUR Fender MIJ-Gitarre.
Erfreulicherweise hat Yamaha auch nicht die Standard-Serie künstlich gegenüber der Professional-Serie verschlechtert (darin ist Fender ja Meister), man bekommt die gleichen Tonabnehmer und den gleichen 5-Wege-Schalter. Halt, ein 5-Wege-Schalter bei einer zwei Tonabnehmer-Gitarre? Ja, die Schaltungspositionen sind 1 Hals, 2 Hals mit seriellem Kondensator + Steg, 3 Hals und Steg, 4 Hals und Steg mit seriellem Kondensator und 5 Steg-Tonabnehmer. Alle 5 Klänge sind absolut brauchbar. Dazu kann man noch das Push-Pull-Poti ziehen, was einen Transformator zuschaltet, das Signal wird stärker (was man zwar kaum hört, aber die Elektronik von Pedalen und Verstärkern reagiert darauf) und der Resonanzpeak verschiebt sich in die Tiefmitten. Das ist mir jetzt clean des Guten viel zu viel. Selbst noch im Overdrive klingt das etwas dumpf für mich, aber meine Verstärker sind auch ziemlich mittenkräftig und nicht "scooped". Aber bitte: auch ohne Push-Pull-Poti haben wir 5 (!) Klänge.
Die P90 sind gut (und dieselben wie in den teuren Japan-Versionen), werden aber für mich z. Bsp. von den Seymour Duncan Fat Cat, oder den Gibson P90 oder den FGN P90 geschlagen. Aber Vorsicht: ich rede hier von einem Kopf-an-Kopf-Rennen auf sehr hohem Niveau. Da ist auch eine Menge persönlicher Vorliebe im Spiel und andere Personen werden das sicher anders sehen.
Wer noch nie eine Gitarre mit P90-Tonabnehmern hat, der darf sich freuen: eine weite, begeisternde Klangwelt wartet noch auf ihn/sie.
P90-Tonabnehmer sind SingleCoils, die oft "fetter" als Mini-Humbucker daherkommen, aber schlanker als normale Humbucker. Und sie definieren das Wort "Dynamik" völlig neu. Ich kenne keine Tonabnehmer, die so heftig auf die Anschlagsstärke reagieren wie P90-Tonabnehmer. Da macht die Yamaha Revstar RSS02T (zum Glück!) keine Ausnahme.
Guter Tipp am Rande: beim Aufnehmen einen (schnellen) Limiter bereit halten.
Die extreme Dynamik prädestiniert die Gitarre für den Bereich "edge of breakup", also genau den Punkt, wo der Verstärker zu zerren anfängt. Da geht es ohne Griff zum Lautstärkepoti von Clean nach Dirty und zurück, nur mit der Anschlagsstärke.
Akkorde kommen mit dieser Gitarre im Overdrive oder in der klassischen Distortion an einem guten Röhrenverstärker fett und zugleich transparent, will sagen: gut aufgelöst. Es ist, als seien Röhrenverstärker und P90-Tonabnehmer füreinander gemacht worden. Die beiden führen eine heftige Liebesbeziehung zueinander! Man muss es einfach einmal selbst gehört haben! (Ich habe die P90 relativ spät für mich entdeckt, aber es war geradezu ein "Erweckungserlebnis".)
Es gibt auch sogenannte "Noiseless"-P90- oder bei Gibson P100-Tonabnehmer. Das sind Humbucker mit in den meisten Fällen gestappelten (stacked) Spulen; nur die MojotoneTonabnehmer haben eine andere Konstruktion, aber die habe ich noch nicht gehört, kann also nichts darüber sagen. Allen "Noiseless"-P90- oder auch dem Gibson P100-Tonabnehmer war eigen, dass sie die Dynamik eines echten P90 vermissen lassen. Und sowohl "No-Name"-Noiseless-P90 als auch den Seymour Duncan Noiseless-P90 mangelt es an Brillianz. Die Gibson P-100 (die man kaum noch bekommt) klingen für meine Ohren deutlich ausgewogener und offener, aber auch ihnen fehlt die Dynamik der originalen P90.
Also nicht über das Brummen ärgern, das muss so..., bzw. wer die Dynamik will, muss mit der Einstreuempfindlichkeit leben.
Der Hals ist, ganz dem Zeitgeist geschuldet, mattiert und spielt sich angenehm. Überhaupt vermittelt die Gitarre den Eindruck mindestens doppelt so teuer zu sein. Die Gitarre hängt bequem am Körper und der Ton steht.
Alles in allem eine bemerkenswerte und beeindruckende Gitarre, die man bei einem weit höheren Preis ansiedeln würde.
Wer sich ein Bild machen will: einfach auf Youtube mal unter "Cardinal Black" oder "Chris Buck" suchen.
Und ja, es gibt ein paar Leute, die auf "anti-hype" machen ("Warum Professionals keine Yamaha Revstar spielen"), das ist kompletter Blödsinn. Nicht jede Gitarre muss jedem gefallen, und wenn jemand die Gitarre nicht mag, dann heißt es nicht, dass kein "Professional" sie spielt. Ich bin froh, dass Yamaha die Gitarre nicht für 1400 EUR verkauft und von dem Geld dann Hunderte von "Support-Artists" kauft (warum fällt mir jetzt "Gibson" ein....?).
Wenn man ein wenig herumsucht, bekommt man zu einem unglaublichen Preis eine extrem wertige Gitarre mit sehr guter Bespielbarkeit und vielen, klanglichen Möglichkeiten. Die Revstar-Serie wird immer besser und für mich ist sie bereits ein neuer Klassiker. Wer noch keine P90-Tonabnehmer kennt, sollte das schleunigst ändern. Und mit der Yamaha Revstar RSS02T bekommt man zu einem wirklich günstigen Preis eine wertige Gitarre mit P90-Tonabnehmern, die einen richtig glücklich machen kann.
Wer nicht mindestens eine Yamaha Revstar hat, der macht etwas verkehrt!