Vorabfazit:
DAW-Controller, inkl. vollständiger Plugin-Kontrolle, MIDI-Controller (2 Outs), Analog-(CV, Gate, Mod und Clock)-Controller (2 Outs), eingebauter Sequenzer, eingebauter Arpeggiator: Kein anderer Keyboard-Controller kann das alles gleichzeitig auf diesem Qualitätsniveau und so komfortabel. Nach gut einer Woche Ausprobieren steht für mich fest: Den behalte ich.
Das gefällt mir gut:
- DAW-Parameter-Feedback: Ich nutze Ableton Live Suite. Plugin-Parameternamen und -werte werden auf den Displays angezeigt und natürlich auch aktualisiert, wenn sie an anderer Stelle (bspw. über Maus / Tastatur) verändert werden. (Anmerkung: man kann für die Pluginsteuerung die Macros der Effects- und Instrument-Racks in Live verwenden oder direkt auf sämtliche Parameter des jeweiligen Plugins zugreifen, wozu man im Zweifelsfall mehrere Seiten durchschalten muss. Gerade bei VST-Plugins von Drittanbietern mit sehr vielen Parametern kann es notwendig sein, die Parameter zur Steuerung zunächst innerhalb von Live festzulegen, bevor diese im InControl-Modus der SL MKIII erscheinen.)
- Perfekte DAW-Integration: Volume, Monitor, Mute, Solo, alle Sends, Pan, Track Select, Record Arm, Plugin Select -- alles wird angezeigt, alles ist ohne große Verrenkungen im Zugriff. Die Tracks können seitenweise in Achterschritten oder in Einzelschritten durchgeschaltet werden. Ein farbiger Kasten im Session-View zeigt die momentan im Zugriff befindlichen Tracks an, wie man es von einer Akai APC oder einem Novation Launchpad kennt. Natürlich werden deren Namen und Einfärbungen auch an der SL MKIII angezeigt. Über die Taste "Options" kann man im ausgewählten Track in die Tiefe gehen, um einzelnen Plugins im Track anzuwählen und zu bedienen, oder Pan und Sends zu verstellen. Die Drumpads können als Clip-Launch-Buttons inkl. Scene-Launch verwendet werden.
- RGB-LEDs: Dank Farbkodierung behält man den Überblick darüber, welche Kanäle momentan im Zugriff sind, welcher Modus aktiv ist und welche Funktionen die Buttons, Fader und Encoder haben. Die LEDs an den Wheels sind nicht nur Spielerei; sie geben Auskunft über in Sequenzer-Steps aufgezeichnete Daten.
- MIDI-Modus: Es ergibt durchaus Sinn, den MIDI-Modus auch für die Kontrolle von Plugins zu verwenden. So kann man bspw. Continuous Control-Massages auf die Buttons, Encoder (2x8 Stück) und Fader legen und so Plugins praktisch wie mit einem dedizierten Hardware-Controller steuern. Klasse! Ich hatte die CC# meines Synapse Audio The Legend-Plugins auf die Controls der SL MKIII gelegt und konnte so fast jedes einzelne Bedienelement der Minimoog-Emulation gleichzeitig mit der SL MKIII ansteuern. Klangprogrammierung praktisch vollständig vom Controller aus! Das war mir in diesem Umfang bisher nur mit der Novation Launchcontrol XL gelungen.
- Klaviatur-LEDs: Im Zusammenhang mit der Skalenfunktion, dem Sequenzer, dem Arpeggiator und der Keyboardzonen absolut sinnvoll. Ich finde, Novation hat bei den LEDs für genau die richtige Helligkeit und Farbgebung gesorgt und gerade die Skalenfunktion hilft mir, als jemand, der durchaus kurz überlegen muss, welche Akkorde in welche Tonleiter fallen, sehr weiter. Und wer darauf steht: in dunkleren Umgebungen beleuchten die LEDs die Klaviatur und machen alles noch bunter. Wenn schon die komplette Oberseite der SL MKIII bunt beleuchtet ist, hätte es vermutlich schon fast unpassend ausgesehen, wenn die Klaviatur nichts davon abbekommen hätte.
- Buttons: sind vermutlich aus einer Silikonmischung und geben unter Druck leicht nach ? so ähnlich wie die Drumpads. Man muss schon etwas fester drücken; anders als bspw. bei der Launchcontrol XL wird das Auslösen mit einem satten "Klick? quittiert. Vielleicht kam es in der gesamten Testphase zu ein oder zwei Fehlauslösungen, aber wirklich nichts, das mir negativ aufgefallen wäre. Unter all den Buttons, mit denen ich bisher an Controllern zu tun gehabt habe, gehören die an der SL MKIII definitiv zu den höherwertigen.
Finde ich eher mittelgut:
- Die Klaviatur ist solide, ebenso die Drumpads. Es ist zwar noch etwas Luft nach oben, würde ich sagen, aber sicherlich besser als an einem Durchschnittscontroller der EUR 300,00 ? Preisklasse, der auch nur ansatzweise einen ähnlichen Funktionsumfang anbietet. Ich hatte einmal einen Akai MPK 249 hier stehen: soweit ich mich erinnern kann, ist der Anschlag ähnlich, aber der maximale Velocity-Wert benötigt bei der SL MKIII nach meinem Gefühl einen härteren Anschlag, wenn die Anschlagkurve auf normal steht. Allerdings hatte die MPK 249 damals zwei Tasten auf der Klaviatur, die praktisch immer mit voller Velocity gesendet haben, auch bei sehr leichtem Anschlag. Die Tasten und Pads der SL MKIII habe ich einzeln mit einem MIDI-Monitor durchprobiert und das Ansprechverhalten liegt bei allen Bedienelementen nahe beieinander. Damit bin ich zufrieden. Die Spalten zwischen den einzelnen Tasten der Klaviatur sind nicht besonders gleichmäßig, aber auch nicht dramatisch ungleichmäßig.
- Die Endlosencoder haben alle einen ähnlich starken, angenehmen Widerstand, allerdings bin ich mir bei der Softtouchbeschichtung der Encoder und Wheels nicht ganz sicher, ob diese viele Jahre gut übersteht.
- Die Farbcodierung funktioniert nicht optimal. Nicht jede Farbschattierung der Tracks und Clips werden von den LEDs und den Displays exakt wiedergeben. Beispielsweise wird ein mattes Violettblau in der DAW zu einem Mittelgrau an der SL MKIII. Ist aber kein Beinbruch, denn die Farben werden immer noch genau genug wiedergegeben, um den Überblick zu behalten.
- Zum Programmieren und Archivieren der Einstellungen wird die Software "Novation Components" benötigt. Ebenso wird Components benötigt, um die Firmware der SL MKIII zu aktualisieren. Ich brauchte mehrere Anläufe, bevor das Firmwareupdate geglückt war. Zudem gefällt mir beispielsweise der Editor für die Novation Lauchcontrol XL um einiges besser als Components: Ich finde den Editor etwas unübersichtlich und gewöhnungsbedürftig, aber er erfüllt seinen Zweck.
Das gefällt mir nicht gut:
- Die Toleranzen einiger Hardwarekomponenten könnten geringer sein. Insbesondere die Displays sind an meinem Exemplar der SL MKIII deutlich sichtbar unterschiedlich hell. Fairerweise muss man aber sagen, dass es ziemlich gewagt ist, fünf einzelne Displays nebeneinander zu verbauen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein oder zwei Displays dabei sind, die in Farbtemperatur und Helligkeit sichtbar abweichen, ist entsprechend hoch. Andererseits fällt der Unterschied beim täglichen Arbeiten nicht sehr ins Gewicht. Immerhin sind die Displays auch von der Seite betrachtet noch gut ablesbar. Die Grundhelligkeit ist hoch und auch in Räumen mit Tageslicht noch zu gebrauchen.
Gleiches gilt für die LEDs der Pads: An meinem Exemplar gibt es eine LED, die deutlich sichtbar eine andere Farbtemperatur hat als die der anderen Pad. Dadurch kann es bspw. im Sequenzerbetrieb, in dem ein Step, der mit Daten befüllt ist, eine nur leicht hellere Färbung als leere Steps hat, dazu kommen, dass man den entsprechenden Step nicht als mit Daten befüllt wahrnimmt. Aber gut, auch das ist kein Weltuntergang.
- Die Stellung der Fader bzw. deren Automationsposition werden an der SL MKIII über die Leuchtintensität der darüber liegenden LEDs angezeigt. In der Theorie ist das eine gute Idee, aber in der Praxis ziemlich nutzlos, weil viel zu ungenau. Da wäre ein LED-Strip neben jedem Fader deutlich sinnvoller gewesen. Andererseits liegen die Fader ziemlich eng nebeneinander, weswegen es vermutlich nicht nur teurer, sondern aufgrund der Enge so gut wie unmöglich gewesen wäre, LED-Strips zu verbauen. Motorfader wären natürlich optimal gewesen. Außerdem sind die Fader für meinen Geschmack deutlich zu leichtgängig. Die Fader der Novation Lauchcontrol XL gefallen mir viel besser. Ich hoffe, dass die Fader der SL MKIII einigermaßen lange durchhalten. Ich habe keine Funktion gefunden, um die Fader im InControl-Modus zu deaktivieren. Sollten die Fader irgendwann anfangen, selbstständig Werte auszugeben, könnten sie die komplette SL MKIII nutzlos machen, weil sie ungewollt Werte in der DAW verstellen. Somit wäre ein sinnvolles Arbeiten im DAW-Betrieb nicht mehr möglich. Novation sollte deswegen mit einem Firmwareupdate die Möglichkeit nachreichen, die Fader und Wheels vollständig zu deaktivieren, weil diese nach meiner Erfahrung beim einem Controller dieser Art als erstes kaputtgehen.
- Die Bedienungsanleitung, wenigstens die englische, befindet sich momentan in einer Art Entwurfsfassung. Man kann ihr zwar wesentliche Informationen entnehmen, aber wenn beispielsweise auf Abbildungen Bezug genommen wird, die nicht vorhanden sind, dann wünscht man sich schon, dass das Manual noch mal überarbeitet wird.
Fazit:
Zwei Dinge möchte ich noch erwähnen: Die Auswahl der MIDI-Inputs und Outputs in Ableton Live ist nicht so trivial wie ich zunächst dachte bzw. wie man es von einfacheren Controllern kennt. Bei mir funktionierten zunächst die Drumpads im Grid-Modus nicht, um damit die Sounds im Drumrack zu triggern. Der freundliche Support von Novation Germany hat mich nach mehreren Anrufen schließlich auf die richtige Spur gesetzt und mir mit einem Link zu einer Abbildung der empfohlenen Kombination von aktivierten und deaktivierten MIDI-Ein- und Ausgängen geholfen.
Zum anderen hätte ich nicht gedacht, dass es dermaßen Laune macht (und im Kontext des Arbeitens mit der DAW durchaus Sinn ergeben kann), mit einem Hardware-Sequenzer und -Arpeggiator zu arbeiten. Zunächst war ich davon ausgegangen, dass mir zu diesem Zweck meine DAW vollkommen ausreicht und der Sequenzer und Arpeggiator der SL MKIII vor allem für die Nutzer interessant ist, die ihre Hardwaresynthis damit ansteuern wollen. Stellt sich raus: Man kann die beiden durchaus auch für das Ansteuern der Plugins in der DAW einsetzen und somit eine Menge Spaß haben.
Man kann die Novation SL MKIII ein wenig als Ableton Push 2 mit Klaviatur anstatt Pads betrachten. Klar, der Vergleich hinkt an vielen Stellen, aber kommt an anderen Stellen ziemlich genau hin. Komplexere Aufgaben wie das Slicen von Drumloops muss man zwar noch am Bildschirm mit Maus und Tastatur erledigen, was vielleicht auch ganz sinnvoll sein kann, aber dafür bietet die SL MKIII wieder an anderer Stelle mehr als Push 2. Die Qualität der verbauten Hardwarekomponenten ist nicht durchgängig high-end, aber zumeist solide. Dennoch hätte ich gerne etwas mehr Geld ausgegeben, um dafür bei Displays, Fadern, Pad-LEDs und vielleicht auch der Klaviatur eine höhere Qualität zu erhalten.
Die SL MKIII ist die eierlegende Wollmilchsau unter den Keyboard-Controllern. Sie bietet momentan den größten Funktionsumfang aller am Markt befindlicher Keyboard-Controller und bietet für wirklichen jeden erdenklichen Einsatzbereich eine Vielzahl an Möglichkeiten. Das Manual und die Firmware sind mit der heißen Nadel gestrickt und sollten aktualisiert werden. Also daran denken: Erste Amtshandlung nach dem Auspacken: Firmwareupdate durchführen! Für das Firmwareupdate muss der angeschlossene Computer online sein, weil es nach Aussage des Supports keine Möglichkeit gibt, das Binary der Firmware über einen anderen PC oder das Smartphone herunterzuladen und am Offline-Rechner im Studio zu installieren. Auch an dieser Stelle könnte Novation nachbessern und die Binarys einzeln zum Download anbieten, damit sie offline zur Verfügung stehen. Immerhin ist das Firmwareupdate der einzige Zeitpunkt, zu dem der Rechner zwingend online sein muss; man kann die SL MKIII also auch kurz am Internet-Notebook anschließen, das Update durchführen und wieder am Offline-Rechner im Studio anschließen. Für das normale Arbeiten, Programmieren und Speichern funktioniert der Components Editor auch offline, die SL MKIII ohnehin.